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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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stehenlassen. Gemein kalt war’s. Ich weiß, daß es hier drin ein bißchen zu warm ist, aber …« Noakes war drauf und dran, sich des längeren über seinen ungleichen Kampf mit der antiquierten Heizung in der Geschäftsstelle auszulassen, aber Roope war offenbar weit mehr an Bartlett interessiert.
    »Eine Viertelstunde? Bei diesem Wetter?«
    Noakes nickte. »Na schön, er hatte uns Anfang der Woche Bescheid gesagt, wir hatten also unsere Mäntel an und alles, und zum Glück hat’s da gerade mal nicht geregnet, aber –«
    »Warum denn bloß so lange?«
    »Wir haben doch jetzt einen Haufen Mitarbeiter, und jeder mußte seinen Namen auf der Liste abhaken. Wie in der Schule. Und dann hat uns der Chef ’ne kleine Rede gehalten …«
    Aber Roope hörte nicht mehr zu. Er konnte schließlich nicht den ganzen Abend hier stehen und mit dem Hauswart reden. Langsam setzte er sich wieder in Bewegung. »Trotzdem komisch, nicht? Heute vormittag sind alle noch vollzählig angetreten, und heute nachmittag ist kein Mensch mehr da.«
    »Stimmt schon, Sir. Kann ich sonst noch was für Sie tun?«
    »Nein, nein, ist nicht weiter tragisch. Ich wollte Bartlett nur den Umschlag geben. Ich leg ihn auf seinen Schreibtisch.«
    »Sobald die Röhre drin ist, mach ich mir oben ’ne Tasse Tee. Möchten Sie auch eine, Sir?«
    »Nein, ich muß weiter. Trotzdem schönen Dank.«
    Roope benützte die Herrentoilette am Eingang. Jetzt merkte er auch, wie warm es im Haus war. Wie in einer Sauna.
     
    Bartlett hatte vor einer Gruppe von Schulleitern und Schulleiterinnen eine Rede über die eingetretenen Änderungen bei staatlichen Prüfungen gehalten und die letzte Frage autoritativ (aber mit einer Prise Humor) etwa zur gleichen Zeit beantwortet, als Roope das Taxi bestiegen hatte, das ihn zur Geschäftsstelle brachte. Dann setzte er sich in seinen dunkelbraunen Vanden Plas, der sein ganzer Stolz war, und fuhr im Hundertertempo die etwa dreißig Kilometer zurück nach Oxford. Er wohnte in Botley, auf der Westseite der Stadt, und während der Fahrt überlegte er, ob er noch einmal im Büro vorbeischauen oder gleich nach Hause fahren sollte. Aber in Kidlington geriet er in den üblichen Abendstau, und während er sich über den Kreisverkehr am Nordrand von Oxford quälte, beschloß er, gleich Richtung Heimat abzubiegen. Vielleicht fuhr er später, nach der Rush-hour, noch einmal zur Geschäftsstelle.
    Als er kurz nach fünf heimkam, sagte ihm seine Frau, daß mehrere Anrufe für ihn eingegangen seien. Und während sie ihm noch Einzelheiten berichtete, läutete das verflixte Telefon schon wieder. Nicht zum erstenmal fand sie, daß eine Geheimnummer etwas durchaus Erstrebenswertes wäre.
     
    Am Samstag, dem 22. November, wurde (wie an den meisten Samstagen) die Alarmanlage früh um halb neun, eine Stunde später als an Wochentagen, abgestellt. In den Wintermonaten wurde am Samstag nur manchmal gearbeitet, und an diesem Samstag war das Haus allem Anschein nach völlig leer. Ogleby kam zu Fuß und schloß leise auf. Der Geruch nach Bohnerwachs weckte in ihm, wie der Geruch nach Kinositzen und alten Bibliotheksbüchern, verlockende Erinnerungen an seine frühen Schultage, aber er hatte jetzt an anderes zu denken. Er sah nacheinander in alle Räume im Erdgeschoß, um sich davon zu überzeugen, daß niemand da war, was er aber ohnehin spürte. Im Haus hing eine unheimlich hallende Leere, die durch das leise Türenschlagen nur noch vertieft wurde. Er betrat sein Büro und wählte eine Nummer.
    »Guten Morgen, Chef. Hoffentlich habe ich Sie nicht aus dem Bett geholt? Freut mich. Ich habe eine ganz dumme Frage. Können Sie mir sagen, wann am Samstag die Alarmanlage abgestellt wird?
    Um halb neun? Ja, dachte ich mir, aber ich wollte mich doch noch mal vergewissern. Komisch, ich hatte mir irgendwie eingebildet, das sei irgendwann mal geändert worden. Nein, verstehe. Entschuldigen Sie bitte die Störung. Ist die Sitzung in Banbury gut gelaufen? Bestens. Tja, dann mache ich mich jetzt auf den Weg.«
    Ogleby ging in Bartletts Zimmer. Er sah sich rasch um und holte dann seine Schlüssel heraus. Von Botley bis zur Geschäftsstelle fuhr man mindestens zwanzig Minuten, er hatte also eine gute halbe Stunde zur Verfügung. Aber Ogleby war ein vorsichtiger Mensch und genehmigte sich nur zwanzig Minuten.
     
    Fünfundzwanzig Minuten später – er saß inzwischen an seinem Schreibtisch – hörte er, wie jemand das Haus betrat. Gleich darauf ging die Tür auf.
    »Sie sind

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