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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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Zentimeter Platz. Er ging zur Haustür und steckte den Schlüssel ins Schloß. »Bloß gut, daß er keinen Cadillac fährt, Lewis.«
    »Fuhr«, korrigierte Lewis leise.
    Von der Haustür der Pinewood Close Nummer 1 kam man direkt in eine enge Diele; am Fuß der Treppe links war eine Reihe von Kleiderhaken angebracht. Morse deutete auf die Tür zu seiner Rechten. »Ist es dort?«
    »Nächste Tür, Sir.«
    Die Tür war geschlossen. Morse holte einen Kugelschreiber heraus und drückte vorsichtig damit die Klinke herunter. »Hoffentlich haben Sie nicht überall Ihre Fingerabdrücke verteilt, Lewis.«
    »Ich habe die Tür genauso aufgemacht wie Sie, Sir.«
    In dem Zimmer brannte noch Licht, die orangefarbenen Vorhänge waren vorgezogen, der Gasofen brannte mit kleiner Flamme, und auf dem Teppich lag in fötaler Stellung die Leiche eines jüngeren Mannes. Rechts und links vom Kamin standen zwei alte, aber gemütlich aussehende Sessel. Neben dem Sessel rechts standen auf einem niedrigen, frischpolierten Beistelltisch eine fast volle Flasche trockener Sherry und ein fast leeres billiges Sherryglas. Morse beugte sich vor und schnupperte an der hellen, klaren Flüssigkeit. »Wußten Sie, Lewis, daß etwa 18 Prozent unserer männlichen und etwa 4 Prozent der weiblichen Bevölkerung Zyankali dem Geruch nach nicht erkennen können?«
    »Es ist also Gift?«
    »Riecht danach. Pfirsichblüten, Bittermandel … wie Sie wollen.«
    Das Gesicht des Toten war ihnen zugewandt, und Morse kniete sich hin und sah ihn an. Ein wenig angetrockneter Schaum haftete an dem verzerrten Mund, und das bärtige Kinn war im Tod fest angespannt. Die Pupillen der geöffneten Augen waren sehr weit, die Hautfarbe von einem fleckig-morbiden Blau. »Die klassischen Symptome, Lewis. Hier könnten wir fast auf die Leichenschau verzichten. Kaliumzyanid. Aber die Jungs von der Spurensicherung müssen ja jeden Augenblick hier sein.« Er stand auf und trat an den Vorhang, der bei einer offenbar schon länger zurückliegenden Wäsche eingelaufen war und oben leicht auseinanderklaffte. Von hier aus sah Morse in den schmalen Garten mit einem fleckigen, armseligen Rasen und einem kleinen Gemüsebeet am hinteren Ende. Links fehlte ein Stück Zaun . Der Anblick schien ihm keine nützlichen Erkenntnisse zu vermitteln, denn er wandte sich wieder dem Zimmer selbst zu. An der Wand gegenüber vom Kamin standen etwa ein Dutzend mit dicker Schnur gebündelte Bücherpakete und ein Sideboard aus dunklem Mahagoni, dessen linke Tür offenstand und das eine kleine Kollektion verschiedenartiger Becher und Gläser sowie eine ungeöffnete Flasche Whisky enthielt. Alles war auffallend sauber und ordentlich. Ein kleiner Papierkorb stand in der flachen Nische links vom Kamin. Ihm entnahm Morse ein zusammengeknülltes Stück Papier, das er behutsam auf dem Sideboard glattstrich.
     
    »Mr. Quinn, ich bin heute nachmittag nicht mit Putzen fe r tiggeworden, weil Mr. Evans krankgeschrieben ist und ich ihm ein Rezept vom Arzt holen muß. Ich komme nach sechs nochmal vorbei und mach fertig, wenn es Ihnen recht ist. A. Evans (Mrs.)«
     
    Morse gab den Zettel Lewis. »Interessant.«
    »Was meinen Sie, wie lange er tot ist, Sir?«
    Morse sah noch einmal auf Quinn herunter und zuckte die Schultern. »Zwei, drei Tage, schätze ich.«
    »Erstaunlich, daß ihn nicht schon eher jemand gefunden hat.«
    »Hm. Er hatte nur diese Räume im Erdgeschoß, sagen Sie?«
    »Mrs. Jardine hat das gesagt. Oben wohnt sonst ein junges Ehepaar, aber sie liegt im Radcliffe, weil sie gerade ein Baby bekommen hat, und er macht Nachtschicht in Cowley und schläft zur Zeit bei seinen Eltern in Oxford.«
    »Hm.« Morse wandte sich zum Gehen, blieb aber unvermittelt noch einmal stehen. Die Unterseite der Tür war laienhaft mit einem Hobel bearbeitet worden, damit sie genug Spiel hatte, um über den Teppich zu gleiten mit dem Erfolg, daß jetzt ein merklicher Luftzug durch den Spalt drang, in dem die kleinen blauen Gasflammen von Zeit zu Zeit in hellerem Gelb aufzüngelten.
    »Komisch, Lewis. Wenn ich hier wohnen würde, hätte ich mir nicht den Sessel ausgesucht, der direkt im Zug steht.«
    »Gerade für den scheint er sich aber entschieden zu haben.«
    »Das ist noch sehr die Frage, Lewis.«
    Es klingelte an der Haustür, und Morse schickte Lewis hin. »Die Jungs können gleich loslegen.« Er ging in die Küche. Auch hier war alles in schönster Ordnung. Auf einem Tisch mit roter Kunststoffplatte stand ein Vorrat

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