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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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vor einigen Minuten aufgehört hatten zu schreiben. Einer der Jungen (kein Schüler dieser Anstalt, sondern der Sohn eines der Scheichs) war schon länger fertig. Er hatte die Arme übereinandergeschlagen und sich mit einem selbstzufriedenen Lächeln auf den dunklen, semitischen Zügen zurückgelehnt. Er gab als letzter der fünf Prüflinge seine Arbeit ab, ohne ein Wort zu sagen.
    Der junge Engländer machte sich mit großer Sorgfalt an das Ausfüllen des Prüfungsprotokolls. Zum Glück war keiner der Kandidaten der Prüfung ferngeblieben, so daß er auf die komplizierten Bestimmungen des Abschnittes »Abwesende« nicht einzugehen brauchte. Er trug Namen und Kenn-Nummer der fünf Prüflinge in die entsprechenden Spalten ein und nahm sich die Anwesenheitsliste vor, um sie zusammen mit den Arbeiten in den amtlichen gelben Umschlag zu stecken. Dabei fiel sein Blick kurz auf die Arbeit von Muhammad Dubai, Kenn-Nummer 5. Er sah sofort, daß sie sehr gut war – sehr viel besser als die der anderen vier. Aber vermutlich hatte der Sohn des Scheichs teuren Privatunterricht gehabt. Nun ja, vielleicht ließen sich auch die Leistungen seiner Schüler bis zum nächsten Sommer noch ein bißchen steigern.
    Im Hinausgehen befeuchtete er mit der Zunge die Umschlagklappe und ging zum Sekretariat der Schule hinüber.
     
    Kurz nach zwölf traf Morse wieder in der Pinewood Close ein. Er machte keine Anstalten, die neugierige Menge zu zerstreuen, die sich in der schmalen Straße drängte, denn daß die Öffentlichkeit so häufig für den Wunsch gestraft wurde, die seltenen Unglücksfälle und Katastrophen, die sich in ihrer Nachbarschaft abspielten, hautnah mitzuerleben, hatte er nie so recht verstanden. (Er hätte sich genauso danach gedrängt). Er schob sich an den drei Polizeifahrzeugen und dem Krankenwagen vorbei und betrat das Haus. Drinnen drängelten sich fast so viele Leute wie draußen.
    »Traurige Sache, der Tod«, sagte Morse.
    »Mors, mortis, Femininum«, brummelte der alternde Polizeiarzt.
    »Erinnern Sie mich bloß nicht.« Morse nickte trübsinnig.
    »Lassen Sie’s gut sein, Morse, wir leben alle langsam, aber sicher dem Tod entgegen.«
    »Wie lange ist er tot?«
    »Könnten vier, fünf Tage sein. Nicht weniger als drei jedenfalls.«
    »Sehr hilfreich ist das nicht.«
    »Ich müßte ihn mir näher ansehen.«
    »Schätzen Sie doch mal.«
    »Inoffiziell?«
    »Inoffiziell.«
    »Freitag nacht oder Samstag morgen.«
    »Zyankali?«
    »Zyankali.«
    »Glauben Sie, daß es lange gedauert hat?«
    »Nein. Ziemlich sichere Sache, wenn man die richtige Dosis intus hat.«
    »Minuten?«
    »Viel schneller. Ich muß mir natürlich Flasche und Glas ansehen.«
    Morse wandte sich an die anderen beiden Beamten, die eifrig mit Pinsel und Pulver hantierten.
    »Schon was gefunden?«
    »Überall seine Fingerabdrücke, wie es scheint.«
    »Kein Wunder.«
    »Aber auch noch andere.«
    »Vermutlich von der Putzfrau.«
    »Auf der Flasche ist nur eine Sorte von Abdrücken, Sir, und auf dem Glas auch.«
    »Hm.«
    »Können wir die Leiche wegschaffen?«
    »Jederzeit. Nein, halt – seine Taschen sollten wir uns wohl noch ansehen.« Er wandte sich an den Arzt. »Machen Sie das, Doc?«
    »Seit wann sind Sie zimperlich, Morse? Haben Sie übrigens gewußt, daß er ein Hörgerät trug?«
     
    Eine Minute vor zwei stand Morse auf und sah Lewis an.
    »Zu einem Glas reicht’s noch, wenn Sie sich ein bißchen ranhalten.«
    »Danke, nicht für mich, Sir, mir langt’s.«
    »Das Geheimnis eines glücklichen Lebens besteht darin, Lewis. daß man weiß, wann man aufhören muß, und dann noch ein kleines bißchen weitergeht.«
    »Na schön, aber nur noch ein Kleines.«
    Morse ging zur Theke und lächelte die Schankfrau sonnig an. Aber in Wirklichkeit war er keineswegs in Hochstimmung.
    Er wußte, daß Bier – insbesondere Bier in großen Mengen – seine Phantasie ankurbelte. Doch heute reagierte sie seltsam träge. Nach dem Abtransport der Leiche hatte er sich noch eine Weile in dem Vorderzimmer im Erdgeschoß aufgehalten, das Quinn als Schlaf- und Arbeitszimmer benutzt hatte. Er hatte Schubladen aufgezogen, Papiere und Aktenordner durchgesehen, das Bett halb abgezogen. Aber das alles war eine ziellose, eher beiläufige Übung gewesen, und er hatte an Belastendem nicht mehr gefunden als den Playboy vom Vormonat. Er saß noch auf der Matratze und begutachtete Busen und Pos reihenweise, als Lewis hereinkam, der inzwischen mit seiner langwierigen Inventur

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