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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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offensichtlich frisch erstandener Lebensmittel. Sechs Eier in einem Plastikbehälter, ein halbes Pfund Butter, ein halbes Pfund englischer Cheddarkäse, zwei schöne Steaks in Folie und eine braune Papiertüte mit Champignons. Daneben lag ein Kassenzettel von der Rolle aus dem Quality -Supermarkt. In den grauen Augen von Morse blitzte es auf.
    »Lewis!«
    Alles andere schien weniger interessant: Spüle, Gasherd, Kühlschrank, zwei Küchenhocker und neben der Hintertür ein kleiner Vorratsschrank, mit dem der Platz unter der Treppe genutzt wurde. Lewis, der mit dem Polizeiarzt gesprochen hatte, kam zur Tür.
    »Sir?«
    »Wie läuft’s da drin?«
    »Gift, sagt der Doktor.«
    »Es ist doch etwas Wunderbares um die ärztliche Kunst, Lewis. Aber wir haben im Augenblick noch andere Sorgen. Machen Sie doch bitte eine Bestandsaufnahme aller Lebensmittel im Kühlschrank und im Vorratsschrank.«
    »Hm.« Lewis drängte sich der Gedanke auf, ein Kriminalbeamter seines Ranges und mit seinen Erfahrungen sei eigentlich über solche Anfängeraufgaben erhaben. Aber er arbeitete nicht zum erstenmal mit Morse, und man mochte über den Chief Inspector sagen, was man wollte – mit belanglosen oder überflüssigen Aufgaben verschwendete er nur selten seine oder anderer Leute Zeit. Jawohl, er würde sofort damit anfangen, hörte er sich sagen.
    »Ich fahre ins Revier zurück, Lewis. Bleiben Sie bitte hier, bis ich wieder da bin.«
    Als Morse herauskam, standen Dickson und Mrs. Jardine neben dem Polizeifahrzeug. »Sie fahren mich zum Revier zurück, Dickson.« Er wandte sich an Mrs. Jardine. »Sie haben uns sehr geholfen. Herzlichen Dank. Sie haben einen Wagen?«
    Mrs. Jardine nickte und verzog sich. Sie war enttäuscht, weil ihre kleine Rolle in der Ermittlung offensichtlich schon zu Ende war und der ziemlich wortkarge Typ, der wohl die Oberleitung hatte, nicht mehr als eine beiläufige Frage an sie gerichtet hatte. Aber dann wandten sich ihre Überlegungen eher praktischen Problemen zu. Würden sich Mieter um die Räume reißen, die dieser nette junge Mr. Quinn nur so kurze Zeit bewohnt hatte: So was mochten die Leute nicht. Aber als sie die Außenbezirke Oxfords erreicht hatte, tröstete sie sich bereits mit dem Gedanken, daß die Toten schnell vergessen werden. Doch, sie würde die Wohnung bestimmt bald wieder vermieten können. Nach einem Monat sah das alles schon ganz anders aus.
     
    Morse las die Aussage dem jungen Mann vor, der ziemlich zappelig an dem kleinen Tisch im Vernehmungsraum Nummer 1 saß.
    »Ich kannte Nicholas Quinn seit einem Vierteljahr. Er hat am 1. September dieses Jahres seinen Posten als akademischer Mitarbeiter im Verband für Auslandsprüfungen angetreten.
    Am Montag, dem 24. November, erschien er nicht zum Dienst und hat sich auch nicht telefonisch abgemeldet. Es kommt vor, daß ein Mitarbeiter einen oder zwei Tage freinimmt, aber der Geschäftsführer, Dr. Bartlett, besteht in solchen Fällen darauf, daß er darüber informiert ist. Am Montag hatte keiner meiner Kollegen Mr. Quinn gesehen, und niemand wußte, wo er war. Heute vormittag, am Dienstag, dem 25. November, kam Dr. Bartlett in mein Büro und sagte, Mr. Quinn sei heute auch nicht zum Dienst erschienen. Er habe versucht, ihn anzurufen, es habe sich aber niemand gemeldet. Er bat mich, bei Mr. Quinn vorbeizufahren, was ich tat. Ich traf gegen halb zehn dort ein. Die Haustür war abgeschlossen, und auf mein Klingeln reagierte niemand. Ich sah, daß Mr. Quinns Wagen in der Garage stand, und ging zur Hintertür. In dem Zimmer im Erdgeschoß brannte Licht, und die Vorhänge waren vorgezogen, aber durch einen Spalt konnte ich ins Zimmer sehen. Ich erkannte, daß auf dem Boden vor dem Kamin jemand lag und sich nicht rührte. Und da wußte ich, daß etwas Ernstes vorgefallen war. Ich rief sofort von einer öffentlichen Telefonzelle auf der Hauptstraße die Polizei an und wurde gebeten, vor dem Haus zu warten. Dann traf Sergeant Lewis mit einem Constable ein, sie stellten fest, wem das Haus gehörte, und etwa zehn Minuten später kam die Hauswirtin mit einem Schlüssel. Die Polizei begab sich dann für kurze Zeit ins Haus, und als Sergeant Lewis herauskam, sagte er, ich solle mich auf einen Schock gefaßt machen. Er sagte, Mr. Quinn sei tot.«
    »Sind Sie bereit, das zu unterschreiben?« Morse schob das Protokoll über den Tisch.
    »Die Wendung ›begab sich‹ stammt nicht von mir.«
    »Das müssen Sie uns nachsehen, Sir. Die Polizei ›geht‹

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