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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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doch mit der Angst zu tun, und ich wollte es noch mal im Betrieb versuchen, aber ich kam nicht durch, weil Mr. Quinn telefonierte.«
    »Haben Sie gehört, was gesprochen wurde?«
    »Nein, ich bin nicht neugierig.« (Natürlich nicht.) »Mir lag nur daran, daß er aus der Leitung geht.«
    »Hat er lange gesprochen?«
    »Eine ganze Weile. Ich hab zwei- oder dreimal den Hörer abgenommen, und da waren sie immer noch –«
    »Sie erinnern sich nicht zufällig an irgendeinen Namen, den Mr. Quinn genannt hat? Einen Vornamen vielleicht, irgend etwas, was uns weiterhelfen könnte?«
    Joyce Greenaway schwieg einen Augenblick. Eine dunkle Erinnerung regte sich, war gleich wieder verschwunden. »Ich … Nein, es fällt mir nichts ein.«
    »War sein Gesprächspartner eine Frau?«
    »Nein, nein, ein Mann, ganz bestimmt. Eine gebildete Stimme.«
    »Haben sie sich gestritten?«
    »Das glaube ich nicht. Aber ich habe, wie gesagt, nicht zugehört. Nicht richtig. Ich wurde nur allmählich ungeduldig.«
    »Warum sind Sie nicht heruntergegangen und haben Mr. Quinn gesagt, worum es geht?«
    Joyce zögerte einen Augenblick, und Morse hätte sehr gern gewußt, was hinter diesem Zögern steckte. »So vertraut waren wir nun auch nicht miteinander.«
    »Überlegen Sie bitte einmal ganz genau, Mrs. Greenaway. Es ist sehr wichtig. Wenn Ihnen noch etwas einfällt, und wenn es nur eine Kleinigkeit ist …«
    Aber es kam nichts mehr, der Umriß eines Namens verbarg sich irgendwo im Unterbewußten. Wenn nur …
    Morse lieferte den Auslöser. »Ogleby? Kommt Ihnen das bekannt vor?«
    »Nein.«
    »Roope? Mr. Roope? Bartlett? Dr. Bartlett? Mar …«
    Joyce spürte ein Kribbeln auf der Kopfhaut. »Beschwören kann ich es nicht, Inspector, aber es könnte Bartlett gewesen sein.«
    Na also, die Sache machte sich. Morse versprach, jemanden vorbeizuschicken, aber erst am nächsten Tag. Und Joyce Greenaway ging, halb erleichtert, halb verzagt, zur Entbindungsstation zurück.
    Peters hatte die letzten zwei, drei Minuten regungslos dagesessen und sichtlich interessiert zugehört, äußerte sich aber nicht zu dem Gespräch. »Na?« fragte Morse.
    »Der Zettel ist von Quinn.«
    Morse machte den Mund auf und wieder zu. Protest wäre sinnlos gewesen. Wenn Peters ein Urteil abgegeben hatte, war daran nicht zu rütteln.
    Warum hältst du dich nicht an die Beweise, Morse? Weg mit den fadenscheinigen Phantastereien. Quinn war gegen fünf heimgekommen, hatte Mrs. Evans einen Zettel hingelegt und jemanden angerufen. Einen Jemand mit gebildeter Stimme, der möglicherweise Bartlett geheißen hatte.
     

18
     
    Mrs. Bartlett hatte Morse sich irgendwie anders vorgestellt. Sie war fast 10 Zentimeter größer als ihr Mann und kommandierte ihn herum, als sei er ein unartiger, aber liebenswerter Schuljunge. Noch eine weitere Überraschung erwartete ihn. Niemand hatte Morse etwas davon gesagt, daß die Bartletts einen Sohn hatten, und dem ziemlich schlampig gekleideten, mürrisch dreinblickenden jungen Mann, der Richard hieß, schien nicht gerade viel daran zu liegen, einen günstigen ersten Eindruck zu machen. Aber als sie zu viert etwas verlegen herumsaßen und ihren Sherry tranken, stellte sich heraus, daß Richard im Grunde eine liebenswürdige, angenehme Art hatte. Allmählich taute er auf und äußerte sich humorvoll und ganz unverklemmt. Während er und Morse über das Pro und Contra der Ring -Aufnahmen von Solti und Furtwängler diskutierten, ging Mrs. Bartlett rasch in die Küche, um vorsichtig mit der Gabel den Rosenkohl anzustechen, und beauftragte ihren Mann, den Wein aufzumachen. Der Tisch war makellos für vier gedeckt, das Silber blitzte und blinkte auf der weißen Tischdecke in dem gedämpft beleuchteten Zimmer. Das Gemüse war fast gar.
    Bartlett schenkte Morse nach. »Hübscher kleiner Sherry, was?«
    »Finde ich auch«, sagte Morse und stellte fest, daß die Flasche ein anderes Etikett trug als die in Quinns Zimmer.
    »Noch etwas für dich, Richard?«
    »Nein.« Das klang seltsam schroff, als gäbe es da eine dunkelverborgene Feindschaft im Bartlett-Clan.
    Die Suppe stand auf dem Tisch. Morse leerte sein Glas, erhob sich und ging händereibend durch das große Zimmer.
    »Komm, Richard«, sagte seine Mutter freundlich, aber Morse hörte die Spannung in ihrer Stimme.
    »Mit mir braucht ihr nicht zu rechnen, ich hab keinen Hunger.«
    »Aber Richard –«
    Der junge Mann stand auf, und in seinen Augen blitzte es kurz und gefährlich. »Hast du mich nicht

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