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Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn

Titel: Die Schweigende Welt Des Nicholas Quinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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verstanden? Ich hab keinen Hunger, Mutter.«
    »Aber ich habe gedacht, daß du –«
    »Hör auf, mir deinen verdammten Fraß aufzudrängen, wie oft soll ich dir das noch sagen, du blöde Kuh.« Er stürmte aus dem Zimmer, und wenig später fiel mit einem sehr endgültigen Knall die Haustür ins Schloß.
    »Entschuldigen Sie vielmals, Inspector …«
    »Lassen Sie nur, Mrs. Bartlett, die heutige Jugend …«
    »Das ist es nicht, Inspector. Sehen Sie, Richard ist schizophren. Er kann so lieb sein, und von einer Sekunde auf die andere wird er so, wie Sie ihn eben erlebt haben.« Sie war den Tränen nahe, und Morse gab sich redliche Mühe, das Richtige zu sagen, aber es war klar, daß der Vorfall tiefe Schatten über den Abend geworfen hatte, und eine Weile aßen sie in verlegenem Schweigen.
    »Kann man es behandeln?«
    Mrs. Bartlett lächelte traurig. »Eine gute Frage, Inspector. Wir haben buchstäblich schon Tausende dafür ausgegeben, nicht wahr, Tom? Er ist zur Zeit freiwillig in Littlemore in Behandlung. Manchmal kommt er an den Wochenenden nach Hause, und gelegentlich, wie heute, kommt er vorbei, sitzt eine Weile hier oder ißt etwas mit uns.« Ihre Stimme schwankte, und ihr Mann klopfte ihr tröstend auf die Schulter.
    »Laß gut sein, Liebes. Wir haben den Inspector ja nicht hergebeten, um ihm etwas vorzujammern. Er dürfte genug eigene Sorgen haben.«
    Erst als Mrs. Bartlett sich um den Abwasch kümmerte, kamen die beiden Männer dazu, in Ruhe miteinander zu reden, und Morses Eindruck, daß Bartlett sehr genau wußte, was in seinem Büro lief, bestätigte sich. Wenn einer ahnte, wer sich bereit gefunden hatte, die Integrität des Verbandes preiszugeben, dann mußte es Bartlett sein. Aber der wußte offenbar nichts. Mit allen Tricks versuchte Morse, Verdachtsmomente oder heimliche Zweifel aus ihm herauszulocken. Aber Bartlett ließ nichts auf seine Mitarbeiter kommen. Offenbar, überlegte Morse, halfen ihm die leisen Töne nicht weiter. Klotzen, nicht kleckern, das war die Devise.
    »Was wollte Mr. Quinn von Ihnen, als er Sie anrief?«
    Bartlett blinzelte hinter seiner dicken Brille, dann sah er auf seine Kaffeetasse herunter und schwieg eine Weile. Wenn er leugnete, daß Quinn ihn angerufen hatte, waren Morse die Hände gebunden, das wußte er ganz genau. Beweisen konnte er nichts. Aber je länger Bartlett zauderte, desto klarer wurde die Sachlage.
    »Sie wissen also, daß er mich angerufen hat?«
    Morse wagte einen Schuß ins Blaue. »Ja, Sir.«
    »Darf ich fragen, woher Sie es wissen?«
    Jetzt stockte Morse doch einen Augenblick, beschloß aber dann, sich so weit wie möglich an die Wahrheit zu halten. »Quinn hatte einen Gemeinschaftsanschluß. Jemand hat mitgehört.«
    Regte sich da plötzliches Erschrecken in den Augen hinter dem dicken Glas?
    »Sie wollen also wissen, worum es bei dem Gespräch ging?«
    »Sie hätten es mir schon früher sagen sollen, Sir, das hätte uns viel Mühe gespart.«
    »Ach ja?« Bartlett sah den Inspector an, und Morse hatte den Verdacht, daß er von der Lösung des Falles noch sehr weit entfernt war.
    »Irgendwann kommt die Wahrheit ja doch ans Licht, Sir. Ehrlich, es wäre das beste, die Karten auf den Tisch zu legen.«
    »Liegen Ihnen nicht alle Informationen vor? Sie sagen, daß jemand mitgehört hat. Sehr schön ist es ja nicht, andere Leute zu belauschen …«
    »Na ja, wie man’s nimmt. Aber diese – äh – andere Person hat nicht direkt gelauscht, jedenfalls nicht absichtlich. Sie wollte selber telefonieren, es war sehr wichtig.«
    »Sie wissen also nicht, worüber wir gesprochen haben?«
    Morse holte tief Luft. »Nein, Sir.«
    »Nun, dann – äh – werde ich Ihnen auch nicht sagen, worum es sich handelte. Es war eine sehr persönliche Angelegenheit, die nur Quinn und mich –«
    »Vielleicht war es auch eine persönliche Angelegenheit, die zu seinem Tod führte, Sir.«
    »Das ist mir klar.«
    »Aber Sie wollen es mir nicht sagen?«
    »Nein.«
    Morse leerte langsam seine Tasse. »Ich glaube, Sie haben noch nicht erfaßt, wie wichtig diese Frage ist. Wenn es uns nicht gelingt festzustellen, wo Quinn an dem bewußten Freitag war und was er gemacht hat …«
    Bartlett sah ihn scharf an. »Von Freitag war bisher noch nicht die Rede.«
    »Sie meinen …«
    »Ich meine, daß Quinn mich letzte Woche einmal abends angerufen hat. Aber nicht am Freitag.«
    Clever, der Bursche. Morse hatte die Katze aus dem Sack gelassen, hatte ihm gesagt, daß er nicht wußte, worum es bei

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