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Die schweigenden Kanäle

Die schweigenden Kanäle

Titel: Die schweigenden Kanäle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Panterosi leise.
    Cravelli nickte. »Das bin ich. Beweist Ihnen das nicht, daß wir morgen früh die Formel haben und übermorgen Dottore Berwaldt selbst hier ist?«
    Prof. Panterosi setzte sich wieder. Er winkte mit dem Glas. »Noch einen, Signore –«
    Cravelli goß nach, er selbst trank nicht. Für sein Vorhaben in wenigen Stunden mußte er völlig klar und eiskalt handeln können.
    »Wann kann ich morgen kommen?« fragte Panterosi.
    »Gegen Mittag. Wir werden dann die Formeln schon ausgewertet haben.«
    »Ich stelle Ihnen mein Labor zur Verfügung –«
    »Danke. Unser Konzern verfügt über eigene Labors.«
    »In Venedig?«
    »In Venedig.« Cravelli lächelte wieder sarkastisch. »Unsere Stadt fabriziert nicht nur Gondeln, Romantik, Buntpostkarten, Touristenträume, Glas und Alimente.« Er lachte sogar. »Es geschehen auch unter der Oberfläche größere Dinge …«
    Panterosi atmete schwer. Die Erregung der letzten Stunden hatte sein Herz stark überlastet. Er schnappte wie ein auf das Trockene geschleuderter Fisch nach Luft und fingerte aus seiner Rocktasche eine kleine Medizinflasche. Er schüttete ein paar Tropfen in die zitternde Handfläche und saugte sie auf. Nach ein paar Atemzügen wurde er ruhiger, der pfeifende Atem hörte auf.
    »Wie lange wird die Herstellung des Mittels im Labor dauern?«
    »Das wird uns nur Dottore Berwaldt schnell beantworten können.«
    »Also übermorgen! Noch zwei Tage!« Panterosi sprang wieder auf. »Wird Dr. Berwaldt noch einmal aus Florenz anrufen?«
    »Es ist möglich –«
    »Beschwören Sie ihn, sofort zu kommen! Sagen Sie ihm, was ich getan habe! Ich weiß, er wird sofort zurückkommen!«
    »Sicherlich –«, sagte Cravelli gedehnt.
    Endlich fuhr auch Prof. Panterosi ab. Er war mit einem Krankenboot gekommen, das weiß, mit großem rotem Kreuz, an der Treppe schaukelte. Die Bettler umringten es und sprachen mit dem Fahrer. Panterosi blieb an der Tür stehen.
    »Was wollen diese Lemuren bei Ihnen?« fragte er Cravelli. »Sie sitzen hier und wimmern … das ist doch völlig sinnlos! Hier kommt doch keiner vorbei. Ein Bettler steht doch immer da, wo's Geld gibt! Was soll das?«
    »Ich weiß nicht.« Zum erstenmal war Cravelli ehrlich. »Wenn man sie fragt, sagen sie: Es gefällt uns hier. Wollen Sie es mit ihnen aufnehmen?«
    »Um Gottes willen!« Prof. Panterosi stieg ungehindert in das Krankenboot. Die Bettler grüßten ehrfürchtig. Wer in Venedig kannte Prof. Panterosi nicht.
    Cravelli ging ins Haus zurück und verriegelte die Tür. Durch das Haustelefon befahl er dem Hausmeister Fausto, keinen Besucher, ganz gleich, wer es sei, mehr vorzulassen.
    »Ich gehe zu Bett«, sagte er. »vor morgen früh 7 Uhr möchte ich nicht gestört werden.«
    Er wartete noch eine halbe Stunde in der Bibliothek, ging dann in die Küche, nahm ein halbes kaltes Huhn aus dem Vorratsschrank, Weißbrot, Käse und Butter, eine Flasche Wein und trug es hinauf zum Bodenraum.
    Als er die Flurtür aufschloß, strömte ihm der Geruch gekochter Milch entgegen. Dr. Berwaldt stand an einem kleinen Elektrokocher und kochte für seine beiden Patientinnen einen Pudding. Ein zweiter Topf mit Fleischbrühe und kleinen Nudeln bruzzelte auf der zweiten Kochplatte.
    Cravelli lachte. »Unsere beiden Mädchen … natürlich, sie müssen ja etwas zu essen haben! Sie denken auch an alles, Dottore –«
    Dr. Berwaldt gab keine Antwort. Es goß den heißen Pudding in eine ausgespülte Glasschale. Cravelli nahm einen Löffel und rührte die blubbernde Fleischbrühe um.
    »Wir können morgen die beiden wieder nach Chioggia schaffen«, sagte er. »Als Lockvögel sind sie unbrauchbar geworden. Ich bekomme ja die Formel frei Haus –«
    Dr. Berwaldt schwieg noch immer. Er füllte zwei Teller mit Suppe, setzte sie auf ein Tablett und stieß mit dem Ellenbogen Cravelli zur Seite, als er hinausging.
    Auf der Fahrt zum Grand-Hotel ›Excelsior‹ hatte sich Ilse Wagner soweit beruhigt, daß sie wieder ohne Schrecken denken konnte. Die Möglichkeit, daß Dr. Berwaldt irgendwo in dem weiten Palazzo Barbarino versteckt gehalten wurde und in seiner Not gegen die Wand oder die Decke ein SOS hämmerte, kam ihr immer unwahrscheinlicher vor, je näher sie der strahlenden Hotelfassade kam.
    Vielleicht war es doch nur eine Fußleiste, dachte sie. Warum sollte Cravelli einen Mann gefangen halten, mit dem er ein großes Geschäft machen will?
    Als die Gondel an der Anlegestelle des ›Excelsior‹ festmachte und ein Boy ihr aus dem

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