Die Schwert-Legende
die hochgehobene Wand kippte über ihm zusammen.
Der Ninja rammte sein Schwert in die Höhe. Mit der Klinge wollte er sich einen Weg in die Freiheit freischlagen, auch das schaffte er nicht, denn die Festung war stärker.
Sie drückte ihn nieder.
Yakup spürte die Härte auf seinem Rücken. Er kam sich vor wie in einem Loch, dessen Wände von allen Seiten immer mehr zusammenrückten. Vielleicht blieben ihm noch Sekunden, mehr jedoch nicht. Da öffnete sich der Boden.
Urplötzlich fiel er unter ihm weg. Yakup raste wie ein Stein in die Tiefe. Aus welchem Grund er dabei die Krone der Ninja gegen seinen Kopf preßte, wußte er selbst nicht Die Gestalt verschwand.
Daß sie trotzdem noch vorhanden war, konnte Shimada hören, denn der Schrei des Ninja wehte in einen Schacht hinein, der ins Nichts führte…
***
Shao wußte, daß sie gegen ihr Gefühl handelte, aber sie mußte der Disziplin Tribut zollen. Sie durfte sich einfach nicht gehenlassen und auf das Schloß zurennen, hinter dessen Mauern Yakup Yalcinkaya verschwunden war.
Waren es Minuten, Sekunden oder Stunden? Der Zeitbegriff existierte für Shao nicht mehr, nur die Hoffnung, daß der Ninja es vielleicht doch schaffte und wieder zurückkehrte.
Nein, er kam nicht.
Das Todesschloß hatte ihn geschluckt wie ein ausbruchsicheres Gefängnis. Was sich hinter dessen Mauern abspielte, war für Shao nicht zu erkennen.
Sie sah und hörte nichts.
Nur die verdammten Totenvögel zogen vor der Festung ihre Kreise, als wären sie Wächter.
Einige Male war Shao bereit, einen Pfeil aufzulegen und gegen die Tiere zu schießen.
Sie ließ es bleiben, da es keinen Sinn hatte, nach ihnen zu zielen. Sie hätte den einen oder anderen zwar vernichten können, aber trotzdem nichts erreicht.
»Er kommt nicht zurück, er kommt nicht wieder. Ich spüre es genau!«
Alis rauhe Stimme klang hinter ihr auf. Der Junge hatte es im Kloster nicht mehr ausgehalten. Er brauchte jetzt Schutz und faßte nach der Hand der Chinesin.
Shao spürte, daß die Finger des Jungen kalt waren. »Warte noch«, sagte sie wider ihrer eigenen Überzeugung. »Vielleicht kehrt er noch zurück. So einfach läßt Yakup sich nicht unterkriegen.«
»Nein, Shao, nein. Ich kenne das. Ich kenne das genau. Ich merke, wenn es nicht richtig läuft.«
Sie erwiderte nichts. Im Prinzip hatte Ali recht. Yakup hätte sich nicht in Gefahr begeben sollen. Es war einfach sein Fehler gewesen, auf die Festung zuzulaufen.
Irgendwie verständlich, wie Shao zugeben mußte. Shimada hatte den Ninja bis aufs Blut gereizt. Dieser Dämon wollte den Tod und die Vernichtung. Es gab für ihn kein anderes Ziel. Yakup in seiner Gefangenschaft, das brachte ihn einen großen Schritt näher an das Schwert der Sonnengöttin heran.
Das Gesicht hinter der Festung verschwand. Ein lautloser, unheimlicher Vorgang. Es tauchte durch das Dach, als wäre dies als Hindernis überhaupt nicht vorhanden.
Wieder schaffte es Shimada, die Magie voll und ganz auszuspielen.
»Jetzt hat er ihn in den Klauen!« hauchte Ali. »Ich… ich spüre es genau. Die Festung, sie lebt!« Er wollte seine Hand Shaos Fingern entziehen, dagegen hatte sie einiges. Ali sollte nicht los-und in eine Falle hineinrennen.
»Du bleibst!«
»Aber Yakup!«
»Wir wissen, was er tut!«
Auch Shao fiel es immer schwerer, die Disziplin zu wahren. Aber sie mußte sich einfach den alten Gesetzen fügen. Ohne diese Räson wäre sie längst verloren gewesen.
Viele der Ninja hielt es nicht mehr hinter den Mauern. Sie hatten das Kloster verlassen. Wie eine kleine, bewaffnete Armee standen sie vor dem Gebäude und-schauten der geheimnisvollen Festung entgegen, die vor ihnen stand, als wäre sie für die Ewigkeit gebaut worden. Das war sie längst nicht. Alle sahen, wie sich ein Schein über die Mauern legte und diese so aussehen ließ, als würden sie anfangen zu zittern. Einen Moment später zog sich das Gebäude regelrecht zusammen. Es verkleinerte sich, der Nebel nahm an Dichte zu, stieg an den Mauern hoch und nahm den Zuschauern die Sicht. Ali hielt es nicht mehr aus. Mit einer heftigen Bewegung riß er sich los. Shao erwischte ihn auch nicht mehr, als sie nachgriff. So rannte der Junge der Festung entgegen und brüllte Yakups Namen, ohne eine Antwort zu erhalten. Die Festung aber zog sich noch stärker zusammen; der Nebel nahm an Dichte zu.
Dann war der Bau verschwunden!
Ali torkelte weiter. Als er stehenblieb, warf er die Arme hoch und schüttelte den Kopf. Danach sank er auf
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