Die Schwert-Legende
pechschwarze Haar trug er lang und ihm Nacken zu einem Zopf zusammengebunden. Er war kleiner als ich, dafür muskulös und hatte ein breites Kreuz.
»Das sind die beiden Inselhüpfer, von denen ich dir erzählt habe, Chinok. Sieh mal zu, daß du klarkommst.«
Er reichte uns die Hand. Zuerst Suko. Die beiden mochten sich, das merkte ich. Es war auch gut. Wir mußten uns in dieser Einöde auf einen Piloten verlassen können.
Mir gab er auch die Hand. Ich hatte das Gefühl, in einer Knochenmühle zu stecken, ließ mir aber nichts anmerken und preßte nur die Zähne zusammen.
»Wir nennen uns am besten beim Vornamen«, schlug der Einheimische vor. Er hatte eine tiefe und auch leicht gutturale Stimme. »Das Land schreit nicht nach Förmlichkeiten. Hier muß sich einerauf den anderen verlassen können. Das ist nun mal so.«
»Ich weiß«, erwiderte ich und rieb meine Rechte. »Sagen Sie mal, waren Sie früher Knochenbrecher?«
»Das nicht, aber ich habe mit Walrossen gerungen. Da braucht man Kraft. Zudem weiß ich nicht, wohin die Reise geht. Die Insel ist ziemlich groß, manchmal zu groß.«
»Es hat sich etwas geändert«, erklärte Farrell. »Das Zielgebiet liegt fest.«
»Gut — und wo?«
»Nördlich der Wind Hills und südlich des Amadjuak Lake.«
Der Walroßbart geriet in Bewegung, als Chinok seinen Mund verzog.
»Auch das ist nicht gerade klein. Was sucht ihr denn da?«
»Eine Pyramide«, erwiderte Suko.
Chinok nickte, dann schnellten seine dichten Augenbrauen ruckartig in die Höhe. »Pyramide?« wiederholte er. »Sind die nicht in Ägypten?«
»Das habe ich auch gesagt«, meinte der Captain.
»Stimmt. Auch hier soll es eine Pyramide geben.« Ich lächelte gequält. »Leider nicht so groß.«
»Wir müssen also suchen.«
»Sicher.«
»Das wird nicht einfach sein. Das Gelände direkt am See ist dicht bewaldet. Dahinter aber ist Tundra. Erst am Fuße der Berge hört diese Ebene auf.«
»Das wird sie sein.«
Chinok nickte. »Wir sollten starten, damit wir es schaffen bis zum Dunkelwerden.«
»Moment«, sagte ich. »Da wäre möglicherweise noch etwas. Wir sollten uns schon auf eine Übernachtung einrichten.«
»Das habe ich nicht gewußt«, sagte Farrell.
»Wir auch nicht, aber ändert es etwas?«
»Nein, eigentlich nicht, überhaupt nicht, meine ich. Es hängt nur mit der Ausrüstung zusammen.«
»Ist alles in der Maschine, Sir.«
»Wenn Chinok das sagt, können Sie sich darauf verlassen«, erklärte der Captain.
Ich nickte dem Piloten zu. »Dann können wir wohl abdampfen.«
»Sobald Sie ausgerüstet sind. In der Kleiderkammer wird sich das Richtige finden.«
Wir verabschiedeten uns von Captain Farrell, der uns einen guten Flug wünschte. Als wir hinausgingen, hörten wir noch seinen Kommentar.
»Pyramiden auf Baffin Island. Ich glaube, die Leute spinnen sich manchmal was zusammen.«
Ich war davon überzeugt, daß wir nicht spönnen. Aber Chinok schien uns nicht so recht zu glauben. »Habt ihr den Alten auf den Arm genommen, oder stimmt das mit der Pyramide?«
»Es stimmt«, bestätigte Suko.
Der Pilot lachte auf. »Ihr macht mich direkt neugierig. Und ich habe gedacht, die Insel zu kennen.« Er hob die Schultern. »Wahrscheinlich lernt man nie aus…«
***
Wir starteten.
Die dicken Jacken hatten wir nur über die Schultern gelegt. Sie waren innen mit Fell gefüttert und noch wattiert. Da konnte so schnell keine Kälte durch. Der Gesichtsschutz, mehr eine Maske, steckte in unseren Taschen.
Piloten hatten wir schon viele erlebt. Gute und auch weniger gute. Chinok aber setzte neue Maßstäbe.
Rechts von uns sahen wir die Bay, in der auch einige Schiffe lagen, unter anderem zwei Eisbrecher. Breite Schollen trieben wie glitzernde Plateaus über die Wasserfläche.
Vögel wischten in Schwärmen über das Wasser hinweg und schnappten im Flug nach Fischen, die sich nicht schnell genug in Sicherheit bringen konnten.
Boote schaukelten in einem kleinen Hafen. Wie mächtige Drohungen trieben die weißen Giganten vorbei, wobei sie mich an Burgen und Prachtschlössern erinnerten.
Klar stachen sie von der grünblauen Farbe des Meeres ab. Das Wasser war noch in Ordnung, die Luft ebenfalls, und ich sah auch keine Tanker. Schon beim ersten Anblick des Wassers hatte ich an das verdammte Unglück vor der Küste Alaskas denken müssen, als das Ol aus einem Supertanker geflossen war und die Umwelt auf Jahrzehnte brutal zerstört hatte. Eine unbändige Wut auf diese Kerle erfaßte mich. Man hätte
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