Die Schwert-Legende
bleibe euch auf den Fersen, das ist klar.«
»Wie du willst, aber mach dich auf einige böse Überraschungen gefaßt, mein Junge.«
»Wird schon schiefgehen.« Er deutete nach vorn. »Ihr habt keine Ahnung, wo sich die komische Pyramide befindet?«
»Nein.«
»Das ist schlecht.« Chinok überlegte einen Moment. »Wenn ihr mich fragt, so würde ich nicht in Richtung See gehen. Dort geraten wir in einen Wald, da hätte sie keinen Sinn.«
»Richtig.«
»Dann in Richtung Berge.«
»Du kannst vorgehen«, meinte Suko.
Das tat Chinok noch nicht. Er prüfte zunächst die Festigkeit des Schnees. »Laufen kann man. Nur wäre es besser, wenn wir Schneebretter hätten. Ich habe ein Paar in der Maschine.«
»Das ist zu wenig.«
»Dann verzichte ich auch. Moment noch.« Er stieg wieder ein. Mit einem gefüllten Rucksack kehrte er zurück. »Darin ist so einiges, was wir gebrauchen können. Proviant für den Notfall, Tabletten, Verbandskasten, eine Signalpistole. Wenn wir zu lange wegbleiben, wird man uns suchen, dann schickt die Air Base Flugzeuge.«
»Wunderbar.«
»John, du bist etwas zu optimistisch. Ich habe vorhin von einer Veränderung des Wetters gesprochen. Hast du schon einen Schneesturm in der Arktis erlebt?«
»Nein.«
»Dann sei froh.«
Mit dieser nicht gerade aufmunternden Antwort setzte er sich in Bewegung, in Richtung der verschneiten Bergkette… Es war ein fürchterliches Fallen in eine bodenlose Tiefe. Hinzu kamen die Gedanken, die er gar nicht wollte, mit denen er sich jedoch zwangsläufig beschäftigen mußte, weil sie ihm sein mächtiger Gegner Shimada geschickt hatte.
Längst hatte Yakup eingesehen, daß es ein Fehler gewesen war, die Festung zu betreten. Sie wurde von Shimada nicht nur beherrscht, Yakup ging mittlerweile sogar davon aus, daß der Dämon, und sein Todesschloß so etwas wie ein und dieselbe Person waren. Die Schatten hatten ihn nicht erdrückt. Nur fragte er sich, ob die Lösung, die sich Shimada für ihn ausgesucht hatte, eine bessere war. Erzog ihn hinein in einen stockfinsteren Schacht, in eine Welt, die von ihm beherrscht wurde, die er verändern konnte, wie es ihm gerade einfiel. Er konnte Todesfallen schaffen oder es sein lassen. Er spielte eben mit seinen Opfern.
Die Zeit gab es nicht mehr. Die Tiefe besaß für ihn die Eigenschaft der Zeitlosigkeit. Hier war alles anders. Vor allen Dingen paradox. Er tauchte hinein in die Leere und glaubte trotzdem, daß er von unsichtbaren Händen geführt wurde, um nur das zu tun, was der Herrscher dieser Welt befahl.
Ob er sich noch im Schloß befand oder in dessen Umkreis, war nicht klar herauszufinden. Jedenfalls hatte er Shimadas Welt nicht verlassen. Seine Waffe hielt er noch immer fest. Er kam sich vor wie eine Puppe, von Gewalten umgeben, auf die er keinen Einfluß besaß. Er trieben Nichts, im Meer der Zeit, er raste in die Tiefe und schwebte gleichzeitig. Ein Paradoxon hob das andere auf. Das war eben die Magie in höchster Potenz.
Manchmal lag er auf dem Rücken. Da kam er sich vor wie eine Feder, die geschüttelt wurde, schaute dabei in die Höhe, ohne einen Lichtstrahl erkennen zu können.
Die tiefblaue Schwärze umgab ihn wie ein dichtes Tuch, das alles ausfüllte.
Oder hatte ihn kein Schacht verschluckt? Befand er sich möglicherweise noch dort, wo er Shimada getroffen hatte? War nur die Umgebung eine andere geworden, aber er nicht?
Yakup war darauf getrimmt, Fragen zu stellen, nach Dingen zu forschen, ym Wahrheiten herauszufinden. Das tat er in diesem Fall auch, nur konnte er sich selbst keine Antwort geben, und er bekam auch keine geliefert. Plötzlich packte ihn ein Sog. Er hatte nicht herausfinden können, woher er gekommen war. Jedenfalls konnte er sich ihm nicht entgegenstemmen. Der Wind erwischte ihn voll und schleuderte ihn um die eigene Achse, so daß er in eine Rolle hineinglitt, sich noch einmal überschlug und wieder die normale Lage einnahm.
Yakup erreichte eine senkrechte Haltung, rechnete mit einem weiteren Absacken oder Fallen, was jedoch nicht geschah. Er konnte stehen. Ob der Boden unter ihm fest war oder nicht, war in dieser Finsternis nicht herauszukriegen. Jedenfalls stand er, vielleicht im leeren Schacht. Magie macht alles möglich.
Er tastete sich ab. Es war bezeichnend für den Ninja, daß er auch in Situationen wie dieser an seine Waffen und an den Kampf dachte. Wer davon ausging, daß sich Yakup aufgegeben hatte, der irrte sich gewaltig. Solange er lebte, würde er kämpfen, und
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