Die Schwert-Legende
recht.
Es blieb zurück.
Suko gehörte zu denjenigen Personen, die würdig genug waren, das Schwert aus dem Stein zu ziehen. In dieser etwas steif wirkenden Haltung blieb er stehen und drehte den Kopf, um Shimada anzuschauen.
»Gut gemacht, wirklich, ich kann dir gratulieren. Du bist der würdige Mensch, den die Magie der Sonnengöttin nicht angreift. Sehr gut, mein Freund. Jetzt wirst du deine ganze Kraft zusammennehmen und die Klinge hervorziehen.«
»Was geschieht dann?«
»Ich sage dir noch Bescheid.«
Suko nickte. Manchmal kam ich nicht umhin, seine Ruhe zu bewundern. Besonders in diesen entscheidenden Situationen. Mir erging es ja ähnlich, auch ich wurde dann immer sehr cool. Wäre es anders gewesen, hätten wir kaum überleben können.
Mein Freund versuchte es mit einem leichten Ruck. Nur er bewegte sich, nicht das Schwert.
Shimada wurde ärgerlich. »Du solltest dich wirklich mehr anstrengen, Chinese! Es ist kein Kinderspiel. Das hat die Waffe der Göttin nicht verdient.«
»Es war ein Versuch.«
»Mach weiter!«
Suko konnte nicht anders. Er mußte den Befehlen Folge leisten. Mich erinnerte er ein wenig an einen griechischen Muskelmann, als er seinen Körper zurückdrückte, den Griff nicht losließ und die Arme regelrecht spannte.
In der klaren Luft konnte ich sein Gesicht gut sehen. Die Haut über den Wangenknochen spannte sich, als sollte sie mit einer Klinge rasiert werden.
Suko besaß Bärenkräfte, war viel stärker als ich. Dennoch hatte er Mühe, das Schwert überhaupt zu bewegen. Es steckte derart fest, als hätte man es einbetoniert.
Seine Haltung entspannte sich. »Ich schaffe es nicht.« rief er. »Die Macht der Sonnengöttin ist zu stark. Ich bin nicht die richtige Person. Tut mir leid, Shimada, du mußt es schon selbst versuchen, wenn du die Waffe haben willst.«
»Gut, ich werde es selbst versuchen, nachdem ich deine kleine Freundin geköpft habe!«
»Wag es nicht!« flüsterte Suko, immerhin so laut, daß wir ihn hören konnten. »Wag es nur nicht!«
»Das Schwert!«
Der Inspektor nickte. »Gut, ich werde einen nächsten Versuch unternehmen.« Er wechselte seine Stellung und suchte sich einen anderen Platz.
Ich wußte nicht, was ich machen sollte. Ihm die Daumen drücken, daß er das Schwert hervorholte, oder lieber darauf warten, daß es im Gestein steckenblieb?
»Los, versuch es!«
»Klar doch!« Suko gab die Antwort locker. Er hielt den Griff nicht mehr fest, sondern schüttelte seine Arme aus, um sie etwas zu lockern. Noch einmal packte er zu. Diesmal härter. Sein Gesicht bekam vor Anstrengung eine rote Farbe. Auch die Augen weiteten sich, als wollten sie aus den Höhlen treten.
Er setzte seine gesamte Kraft ein, um die Klinge hervorzuziehen. Das war keine Schauspielerei.
Selbst aus meiner Distanz war erkennbar, wie sehr sich Suko anstrengen und konzentrieren mußte.
Ich wußte, daß mein Freund und Partner nicht allein seine körperlichen Kräfte einsetzte. In gewissen Extremsituationen gingen bei ihm Psyche und Physis eine Verbindung ein. Der gesunde Körper und der gesunde, trainierte Geist.
Suko war ein Mensch, der es gelernt hatte, in sich zu gehen, der sich konzentrieren konnte, der abschaltete, meditierte und aus der Meditation heraus neue Kräfte sammelte.
Schaffte er es?
Es gehörte unheimlich viel dazu, das Schwert überhaupt in seinem Gefängnis zu bewegen. Das merkte auch Chinok, über dessen Lippen das gepreßte Flüstern drang. »Mein Gott, das ist der absolute Wahnsinn. Das… das kann man nicht schaffen.«
»Wer weiß…«
Ich dachte, das Schwert würde sich bewegen, doch es war nur Suko, der zuckte. Dabei drückte er seinen Körper nach hinten, er spannte den Rücken, legte auch den Kopf zurück, wobei die Farbe des Gesichts noch stärker nachdunkelte.
Wir drückten ihm die Daumen. Ich kam mir vor, als würde ich selbst am Schwertgriff zerren.
Und es bewegte sich!
Auch Suko hatte dies festgestellt. So etwas wie ein Urschrei drang über seine Lippen. Das Echo stieg in den bleigrauen Himmel. Zum erstenmal hatte Suko einen Sieg errungen, wenn auch nur einen kleinen, aber das Schwert steckte nicht so fest wie noch vor Minuten. Und er machte weiter.
Shimada schrie ihn an, während sich Suko wieder zurückbeugte, um einen erneuten Versuch zu starten.
Wieder bemühte er sich, und diesmal hatte er es besser, denn wir alle sahen, wie die im Stein steckende Klinge sich nach oben bewegte und einige Zentimeter schleifend in die Höhe glitt. Ja, Suko
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