Die Schwert-Legende
die Tiefe und hatte das Pech, auf einen der vorspringenden Steine zu schlagen, von dem er abprallte, nach hinten kippte und hart auf dem Rücken landete.
Die Erde war nicht eben weich. Er schlug mit dem Hinterkopf auf, doch zum Glück dämpfte die Kapuze etwas den Aufprall. Ich stand näher bei ihm als Suko, hetzte auf den Piloten zu und schleifte ihn aus der unmittelbaren Gefahrenzone.
Die Flammen waren erloschen.
Völlig normal stand die Pyramide vor uns, eine kleine Oase aus Stein inmitten der Eiswüste.
Und hinter ihr leuchtete in einem grausam kalten Blau die Festung des Dämons Shimada.
Wir kannten sie ja, für den benommenen Piloten war sie neu. Während ich ihn stützte, damit er sitzen konnte, vernahm ich seine flüsternde Stimme. »Träume ich? Oder was ist?«
»Du träumst nicht.«
»Ein blaues Haus?«
»Und wie. Sogar mit einem Dämon darin, mein Freund.«
»O verdammt. Nie mehr klettere ich an den Steinen hoch, um ein Schwert zu greifen.«
»Das wirst du auch nicht mehr brauchen«, erwiderte ich und winkte zu Suko hinüber, der nicht eingegriffen hatte.
»Die Festung, John.«
»Laß sie!«
»Das würde ich auch sagen.«
Die Stimme, die da gesprochen hatte, jagte mir einen Schauer über den Rücken. Mir war die Gestalt verdammt gut bekannt, und auch Suko hatte schon gegen den Dämon gekämpft.
Wann, wo und wie er seine Festung verlassen hatte, war für uns nicht zu sehen gewesen. Jedenfalls war Shimada plötzlich da, und er war nicht allein, denn bei ihm befand sich Shao.
Nicht als Helferin — als Geisel!
***
Obwohl es Suko und mir in den Fingern juckte, taten wir nichts, um die Lage zu verschärfen. Wir starrten nur auf die beiden so unterschiedlichen Personen, die sich so aufgebaut hatten, daß wir sie ohne Schwierigkeiten erkennen konnten.
Shao stand vor Shimada, der sein Schwert mit der ebenfalls bläulich schimmernden Klinge gezogen hatte und es so hielt, daß der magisch beeinflußte Stahl die Kehle der Chinesin berührte. Wenn sie nur kurz nickte, war der Kopf ab.
Sie sah aus wie immer. Shao trug den Lederanzug, dann die Halbmaske vor dem Gesicht und war auch noch bewaffnet. Nur konnte sie weder mit ihrer Armbrust noch mit den Pfeilen etwas anfangen. Beides war für sie unerreichbar.
Ob Shimada sie berührte, konnten wir nicht erkennen. Jedenfalls reichte es uns, daß er Shao mit der Klinge bedrohte. Erzwang uns damit in die Defensive.
Ich wollte auf Suko zugehen, dessen Gesicht so ahnlich aussah wie das Eis auf dem Boden.
»Rühr dich nicht, Sinclair, bleib stehen. Bleibt beide stehen, verdammt!«
Ich streckte meine linke Hand vor. »Okay, Shimada, okay, du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
»Ich nicht, ihr müßt die Sorgen haben.« Er lachte kratzig und gurrend.
»Ihr seid diejenigen, die um diese Frau, die letzte Nachfahrin der Sonnengöttin, zittert.«
»Gut«, sagte Suko. »Was willst du?«
Shimada lachte über die Frage. »Wieso fragst du mich? Das Schwert. Klettere auf die Pyramide, zieh es hervor und gib es mir.«
»Was geschieht dann?«
»Ich lasse deine kleine Freundin wieder frei. Sie ist danach völlig bedeutungslos geworden.«
»Nein!« rief Shao. »Glaub ihm nicht. Glaub ihm nur nicht. Er will dich reinlegen!«
»Kein Wort mehr!« Suko schrie Shao die Warnung zu. Er war mehr als besorgt. Shimada war nicht zu trauen, der drehte durch und köpfte sie in unserem Beisein.
»Wie hat er es geschafft, dich zu überwältigen?« rief ich laut. »Wie konnte er der Kraft der Sonnengöttin widerstehen, die in dir steckt? Was hat er getan?«
Shimada freute sich. So mächtig er auch war, er gehörte dennoch zu den Dämonen, die sich im Glanz seiner Erfolge gern sonnten. Das zeigte er auch.
»Niemand kann, wenn ich es nicht will, der Stärke des Schlosses entgehen. Die Festung packt jeden. Wenn jemand in ihr steckt, dann beherrsche ich ihn, das sei festgestellt. In meiner Gegenwart reicht die Kraft der Sonnengöttin nicht aus. Da regiere ich, da stelle ich die Bedingungen, so wie jetzt. Es ist mir egal, wer von euch das Schwert aus der Pyramide holt. Ihr könnt euch entscheiden, aber wartet nicht zu lange, sonst verliert sie ihren Kopf.«
Das war Shimada zuzutrauen. Ich warf Suko, der rechts von mir stand, einen fragenden Blick zu, obwohl es für mich schon klar war und ich seine Antwort kannte.
Sein Nicken reichte mir. Shao gehörte zu ihm. Hätte sich Jane Collins oder Glenda in der Gewalt des Dämons befunden, wäre ich wahrscheinlich gegangen. So
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