Die Schwert-Legende
schaffte es!
Er zog, er keuchte, er schrie, und er stemmte die große Waffe in die Höhe.
Es war wirklich kein Ziehen mehr, nur noch ein Stemmen, denn Suko drückte von unten her gegen den Griff.
Packte er es?
Ja, die Klinge glitt weiter. Sie bestand nicht aus Gold wie das Schwert der Kara. Es schien rostfreier Stahl zu sein, der wie ein Spiegel glänzte. Wir hörten Suko keuchen und schreien, wir sahen den Glanz in seinen Augen, auch die Freude auf seinem Gesicht, und mit einem letzten Ruck riß er die Klinge hervor.
Ein erlösender Schrei wehte uns entgegen. Geschafft!
Aber — es passierte, als Suko die Klinge vollständig hervorgezogen hatte. Daß innerhalb der Pyramide etwas lebte oder wohnte, war uns schon klar geworden. Chinok hatte diese verdammte Kraft zu spüren bekommen, auch Suko bekam sie mit.
Er hielt das Schwert noch fest, als es geschah.
Kein Feuer fegte aus den Steinen, eine andere Kraft hatte sie plötzlich erwischt.
Sie war wie ein geballter Donner, der in den liefen entstand, sich blitzschnell ausbreitete und das zertrümmerte, was über lange Jahre hinweg gehalten hatte.
Die Pyramide aus Steinen flog auseinander, als wäre sie von innen explodiert. Der Druck war immens. Auch Suko konnte ihm nicht standhalten. Es sah aus, als hätte ihn eine Riesenfaust erwischt, um ihn wegzuschleudern.
Ich hörte seinen Schrei, dann packte ihn die Kraft und schleuderte ihn weg von der explodierenden Pyramide. Wir hörten ihn noch schreien und entdeckten ihn in einem Wirbel von Steinen, Staub, Schnee und Eis. Gleichzeitig ging ich in Deckung. Chinok riß ich mit. Was mit Shimada und Shao geschah, konnte ich nicht erkennen. Ich sah noch, wie Chinok auf mich flog, erfaßt von einer Druckwelle, der er nichts entgegenstemmen konnte. Dann schlug ich mit dem Kopf gegen einen harten Gegenstand. Es war die Stirn, die getroffen wurde. Schlagartig verloschen bei mir die Lichter!
***
Auch Suko hatte sich nicht mehr halten können. Es war ihm noch ein Blick in die Tiefe gelungen. Er hatte ein in Hauthülle eingepacktes, gewaltiges Auge gesehen, eine wabbelnde, schimmernde Masse, dann war er durch die Luft geflogen, als hätte ihn jemand kurzerhand weggeworfen, weil er nicht mehr gebraucht wurde. Aber er besaß das Schwert!
Wie ein Mensch, der im Meer trieb und eine Planke als Rettungsanker gefunden hatte, so umklammerte er seine Beute, die er nicht mehr loslassen wollte.
Steine umwirbelten ihn.
Glücklicherweise besaßen sie nicht sein Gewicht. Sie waren leichter und flogen weiter als er.
Suko raste dem Boden entgegen. Hinein in den gefrorenen Schnee und das harte, schroffe, kantige Eis.
Auch der Inspektor besaß keinen Schädel aus Eisen. Er prallte gegen eine hochkant stehende Scholle, spürte den heftigen Schmerz im Kopf, der sich zu einer Explosion verdichtete und ihn hineinzog in die Tiefen der Bewußtlosigkeit.
Er lag auf der Seite, den rechten Arm von sich gestreckt und mit einer Hand den Schwertgriff umklammernd.
Der Weg für Shimada war frei…
***
Die lebende Legende hatte genau gesehen, was sich abspielte. Die mörderische Explosion der Pyramide paßte in seine Rechnung. Er sah die Steine fliegen und setzte seine Magie ein, um ihnen zu entgehen. Auch Shao wurde mit hineingezogen.
Plötzlich - sie wußte nicht, woher es kam — befand sie sich inmitten der Festung.
Das Licht der Arktis hatte einer tiefen Bläue Platz schaffen müssen, die sie umgab wie ein Vorhang. Sie hatte sich nicht bewegt, sie spürte nur den kalten Stahl des Schwerts an ihrer Kehle. Die umherwirbelnden Steine sah sie wie dunkle Klumpen hinter dem Blau, die es allerdings nicht schafften, die magische Barriere zu überwinden. Sie prallten ab und reagierten wie Bälle, die jemand gegen eine Wand geschleudert hatte. Aus — vorbei…
Shimada hielt sie fest wie einen wertvollen Gegenstand. Er strich einmal mit der Schwertklinge von oben nach unten über ihren Körper und sprach dabei von ihrem Tod.
»Sowie ich die Göttin ausgelöscht habe, ist auch deine Existenz verwirkt. Es ist Pech, daß du die letzte Nachfolgerin in der langen Ahnenkette bist, wirklich Pech…« Shao enthielt sich einer Antwort. Sie wollte den mächtigen Dämon nicht provozieren.
Der wartete einen bestimmten Zeitpunkt ab, bevor er die schützende Festung verschwinden ließ.
Das Blau löste sich vor den Augen der Chinesin auf, sie konnte alles klar und deutlich erkennen.
Die Umgebung hatte sich verändert.
Es gab keine Pyramide mehr. Dafür sah sie
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