Die Schwerter von Zinjaban
durchaus bereit wäre, sich etwas näher mit mir einzulassen. Wir setzten uns also auf ihr Bett, und ich führte ihr den irdischen Brauch des Küssens vor, worum sie mich gebeten hatte. Und da reckt plötzlich dieses Vieh den langen Hals unter dem Bett hervor und starrt mir direkt ins Gesicht. Ich konnte Schlangen noch nie ausstehen.«
»Der Bozmaj ist keine Schlange«, klärte ihn Reith auf. »Er hat Beine.«
»Es ist eine Kreuzung zwischen einer Schlange und einem Tausendfüßler, was noch schlimmer ist. Ich kriegte einen fürchterlichen Schreck. Ich sprang auf und warf mit einem Schuh nach dem Ding. Das war ein Fehler. Schau dir mal meinen Arm an, was es damit gemacht hat!«
Auf Ordways Arm war ein Dutzend parallel verlaufender blutiger Kratzer zu sehen. Reith sagte: »Alicia hat den Erste-Hilfe-Koffer. Komm mit nach oben.«
»So ein Mist!« knurrte Ordway. »Das verdammte Mistvieh hat mir eine echt heiße Nummer vermasselt, bevor sie überhaupt erst angefangen hat!«
Da bist du nicht der einzige, dachte Reith. »Warum«, lamentierte Ordway, »haben diese Viecher es ausgerechnet immer auf mich abgesehen, nachdem ich doch so ein netter, warmherziger Bursche bin?«
»Weil du aus der Erfahrung nicht zu lernen scheinst«, sagte Reith.
Ordway grunzte. Nach einem Moment des Schweigens sagte er: »Fergus, ich möchte ein Abkommen mit dir schließen. Ich werde sofort damit aufhören, Alicia nachzustellen, wenn du Stillschweigen über diese Eidechsen-Episode bewahrst. Es war mir peinlich, wenn die Drehcrew davon erführe, sobald sie hier eintrifft.«
»Okay«, sagte Reith. »Abgemacht.«
Drei Tage später trampelten Reiths Ayas den mächtigen graubraunen Mauern Mishes entgegen. Schon von weitem sahen die Erdlinge die trutzig hinter der Mauer aufragende Zitadelle, eine mesaartige Akropolis, deren Seitenflächen mit massiven Steinblöcken verkleidet waren. Hinter und über der Brüstung türmten sich die oberen Stockwerke riesiger, schachtelartiger elefantengrauer Gebäude auf. Dort wohnten und regierten die Hüter, die ritterliche Herrscherkaste Mishes.
Während der Reise hatte White damit angefangen, mit Hilfe eines Touristensprachführers typische Redewendungen aus der mikardandischen Umgangssprache auswendig zu lernen. Reith brachte ihm noch ein paar zusätzliche Phrasen und Floskeln bei. Als Reith Ordway vorschlug, es seinem Kollegen gleichzutun, wies der Londoner dies mit den Worten von sich: »Ich denk ja gar nicht dran, Fergus. Sollen die verdammten Kanaken doch Englisch sprechen wie zivilisierte Menschen, wenn sie mit mir reden wollen.«
Kurz vor den Stadttoren rumpelte die Kutsche an einem Exerzierfeld vorüber, auf dem sich Ritter und gepanzerte Reiter in den martialischen Künsten übten. Zu Fuß hackten sie mit Schwertern und Äxten auf ausgestopfte Lederbälge ein; zu Pferde sprengten sie mit zum Stoß gesenkter Lanze auf einen aufgehängten Ring zu, den es im Galopp zu treffen galt.
Die Kutsche rollte an einem mit Eisendornen bestückten Gerüst vorbei, das mit den still vor sich hin gammelnden Köpfen enthaupteter Übeltäter dekoriert war, und hielt schließlich knirschend vor dem Schilderhaus vor dem Stadttor. Die Reisenden zeigten den gepanzerten Wachtposten ihre Papiere und wurden durchgewinkt. Gleich darauf ratterte ihr Vehikel über das Kopfsteinpflaster der Hauptstraße. Ordway fragte: »Bringst du uns wieder zu einem Gasthaus, Fergus?«
»Wir statten zuerst einmal dem Konsul einen Besuch ab«, erwiderte Reith. »Er ist ein reformierter Engländer namens Fallon.«
»Reformiert? Das hört sich ja geradezu so an, als wäre es ein kriminelles Vergehen, Engländer zu sein!«
»Nein, ich meinte damit bloß, dass er Engländer ist, wie du; und dass er außerdem damit aufgehört hat, sich als zielloser Trunkenbold in der Weltgeschichte herumzutreiben.«
»Hm. Ich bin immer skeptisch Leuten gegenüber, die sich vom Saulus zum Paulus gewandelt haben.«
Reith lehnte sich aus der Kutsche und blickte die Straße hinunter. Schließlich sagte er zum Kutscher: »Halt hier an, Timásh!«
Der Krishnaner brachte das Gefährt vor einem bescheidenen Gebäude zum Stehen. Links neben der Eingangstür prangte das rot-weiß-blaue Medaillon der Terranischen Weltföderation auf dem beigen Stuck der Fassade.
Die Fahrgäste stiegen aus und streckten müde die verspannten Glieder. Ein krishnanischer Diener öffnete ihnen die Tür und geleitete sie in einen langen dunklen Flur. Als sie an einem Podest mit
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