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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Lebens unwiederbringlich zu Ende war.
    In der gemütlichen Stube war es nun oft still. Philomena, die anfangs froh war, Hieronymus allein zu besitzen, musste einsehen, dass der Kaufmann sich entweder um seine Geschäfte kümmerte oder dumpf brütend vor sich hin starrte. Er versank oftmals in tiefe Traurigkeit und ließ sich auch von Philomenas Reizen nicht aufmuntern. Weder ihr ansehnlicher Körper, ihr liebreizendes Lautenspiel, ihre liebevolle Zuneigung noch ihr Temperament vermochten ihn aus seinem Zustand aufrütteln. Fast schien er zu vergessen, dass er noch eine Tochter besaß. Glück und Freude waren aus dem Handelshaus Preller ausgezogen. Wohl schienen die Kassen noch gefüllt, aber Hieronymus hatte keine Freude daran, seinen Wohlstand zu zeigen. Stolzierte er früher noch in seinen besten Gewändern zur Ratsversammlung, protzte mit Samt, Schmuck oder üppigen Festmählern, so ließ er sich jetzt nur noch selten sehen. Sein Haar war grauer und seine Falten tiefer geworden. Etwas war aus einem Herzen gerissen worden. Eines Tages konnte Philomena es nicht mehr mit ansehen und begehrte auf.
    »Wie ein kranker Uhu hockst du da und bläst Trübsal«, schalt sie ihn. »Dein Anblick jammert einen Hund. Ich kann mir Mühe geben, wie ich will, du schenkst mir nicht mal einen Blick. Wenn du dich dem Schicksal nicht geschlagen geben willst, dann begehre dagegen auf. Maria kannst du nicht wieder zurückholen. Aber du hast vergessen, dass du noch eine Tochter hast. Du tust ja gerade so, als würde sie ebenfalls im Kloster leben. Sie ist eingesperrt, hat keine Freude, keine Freunde, keine Freiheiten mehr. Was hat sie dir getan? Tu wenigstens noch etwas für sie.«
    Philomenas eindringliche Worte schienen ihn aufzurütteln. Er verschwand für mehrere Tage, wollte einen bekannten Kaufmann in Grimma besuchen fahren.
    Nach seiner Rückkehr trat Hieronymus als Erstes in die Stube. Doch er war nicht allein. Er wurde von einem Mann begleitet, der mindestens in Hieronymus’ Alter war. Sein Schädel war kahl, nur verziert von wenigen grauen Strähnen, die im Moment grotesk nach oben standen. Ein wenig verlegen drehte er seine Mütze in der Hand, die er beim Betreten des Raumes abgenommen hatte. Seine Kleidung war städtisch und deutete auf Wohlstand hin. Als er lächelte, zeigte er den einzigen Zahn, der sich noch in seinem Mund befand und der gelb und überdimensional hervorstand.
    »Katharina, das ist Eckhardt, dein zukünftiger Ehemann.«

Das Waldhaus
    »Thomas, hilf mir!« Ein Schrei der Verzweiflung entrang sich Katharinas Brust, als sie ihres Freundes ansichtig wurde. Thomas, der mit zwei Holztrögen voller Milch angeschlurft kam, blieb überrascht stehen.
    »Katharina! Was ist los?«
    Katharina bot einen schrecklichen Anblick. Sie war in Tränen aufgelöst, ihr Haar umflatterte sie wild, der Saum ihres Kleides starrte vor Schmutz, und der Rock war zerrissen. Thomas stellte schnell die Milchtröge ab, und fing sie auf. Sie klammerte sich an seine Schultern. Ihr nach so langer Zeit wieder ganz nah zu sein, erfüllte ihn mit einem unbeschreiblichen Gefühl. Ihr Haar kitzelte an seiner Nase, und er verspürte den Duft ihres vom Lauf erhitzten Körpers. Doch die Umstände waren alles andere als glücklich. Er schob sie ein wenig von sich und schaute sie prüfend an.
    »Was hast du angestellt?«
    Sie blickte flehend zu ihm auf.
    »Ich bin vor meinem Vater geflüchtet.«
    »Das verstehe ich nicht. Und wo ist Maria?«
    »Im Kloster. Du wirst sie niemals wiedersehen.«
    Seine Miene zeigte Betroffenheit. Er hielt sie immer noch fest, als befürchtete er, sie zu verlieren.
    »Sollst du auch ins Kloster gehen?«, fragte er beklommen.
    »Nein, mein Vater will mich verheiraten, mit einem alten hässlichen Mann.«
    Er presste sie wieder an sich.
    »Das dürfen wir nicht zulassen«, murmelte er. Er legte seine Wange an Katharinas honigblondes Haar. Plötzlich fühlte er sich ganz stark und mutig, sein Beschützerinstinkt war geweckt. »Du kannst hier bleiben.«
    Sie schüttelte heftig den Kopf.
    »Nein, bei dir würde man mich zuerst suchen. Außerdem möchte ich dich nicht in Gefahr bringen. Du bist doch mein Freund.«
    Gerührt drückte er sie an seine Brust.
    »Danke, Katharina. Ein Freund lässt dich nicht im Stich.« Er überlegte. »Ich könnte dich zur alten Griseldis bringen.«
    »Wer ist das?«
    »Eine Kräuterfrau. Sie wohnt im Wald.«
    »Eine Hexe?«
    »Nein, sie ist nur eine weise Frau. Du wirst sie mögen. Allerdings

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