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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Mittepunkt der Aufmerksamkeit, wart umgeben von Luxus und weltlichem Tand, schwelgtet in Wohlleben und schmücktet Euch mit dem teuflischen Zierrat einer Frau. Ihr trugt das Haar offen und lenktet die Blicke des Mannsvolkes in schamloser Weise auf Euch. Ihr nahmt sogar heimlich Unterricht in den sieben Künsten und erdreistetet Euch, es einem Manne gleichzutun. Eure Schwester betrieb Unzucht und behexte einen Studiosus, indem sie ihn am helllichten Tag und in Gottes freier Natur verführte. Dafür gibt es genügend Zeugen, so dass sich eine weitere Untersuchung erübrigt. Ihr konntet nicht ertragen, dass Ihr als Novizin nicht mehr dem gewohnten unsittlichen und öffentlichen Leben nachgehen konntet und habt die Menschen mit Hexenwerk geblendet. Ihr zeigt Euch verstockt und ohne Reue. Der hohe kirchliche Rat wird entscheiden, was mit Euch zu geschehen hat. Ihr solltet Euch auf die Beichte vorbereiten, um Eurer Gewissen zu erleichtern. Und nun entfernt Euch, Maria. Euer Name bereitet der Gottesmutter Pein. Euer Ordensname sollte ein anderer werden.«
    Betroffen schaute Maria auf. Als sie der eisige Blick der Äbtissin traf, zuckte sie zusammen. Sie erhob sich und murmelte ein »Gelobt sei Jesus Christus«, bevor sie das Zimmer der Äbtissin verließ.
    Eine Weile herrschte Schweigen. Der Schreiber warf dem Propst einen fragenden Blick zu, doch dieser scheuchte ihn mit einer unwilligen Handbewegung ebenfalls aus dem Raum. Als er mit der Äbtissin allein war, trat sie näher zu ihm heran.
    »Wir sollten dem Geständnis etwas nachhelfen«, schlug sie vor.
    Er nickte gedankenvoll.
    »Dieser Meinung bin ich auch. Diese Nonne könnte unangenehm, sogar gefährlich werden. Sie muss unbedingt zum Schweigen gebracht werden. Andererseits …« Er zögerte. »Der Kaufmann Preller ist sehr reich. Man sollte es sich mit ihm nicht zu sehr verderben. Unsere Mutter Kirche erweist sich als dankbar für seine Geschenke.«
    Die Äbtissin warf ihm einen spöttischen Blick zu. Was für ein Weichling, nimmt Rücksicht auf die Pfeffersäcke! Dann beugte sie sich vor und stützte sich mit den Händen auf die Tischplatte auf. Ihr Schleier streifte die Wange des Propstes, und er zuckte zurück. Diese große Nähe eines weiblichen Wesens bereitete ihm Unbehagen, zumal es ein Weib wie der verdorrte Ast eines Baumes war.
    »Wer erfährt schon, was sich hinter den Klostermauern abspielt?«, zischte sie. »Sie wird keine Besuche empfangen dürfen. Für ihre Familie ist sie tot.«
    Benedictus erhob sich schnell, bevor ihm die Äbtissin noch näher auf den Pelz rückte.
    »Macht, was Ihr wollt, aber sorgt dafür, dass sie schweigt.«
    Die Wallfahrt zum Marienborn hatte an Marias Kräften gezehrt. Ihre Bescheidenheit gestattete ihr nicht, einen Gedanken daran zu verschwenden, dass sie etwas Großartiges geleistet hatte. Sie war nur müde, aber froh, dass wenigstens die Pilger, die sich ihnen angeschlossen hatten, das Wunder der sprudelnden Quelle empfangen konnten. Und sie wünschte ihnen, dass der Born ihnen die ersehnte Gesundheit bringen würde.
    Sie selbst fühlte sich krank. Sie wusste nicht, ob es die Strapazen der Wanderung, ein schleichendes Fieber oder gar der Beginn einer schlimmeren Krankheit war, was sie so schwächte. Ihr Kopf fühlte sich heiß und leer, ihr Körper schwach und ihr Herz voller Traurigkeit. Sie war froh, als sie ihre schmerzenden Glieder auf dem Bett ausstrecken konnte, und sofort fiel sie in einen festen Schlaf.
    Er wurde ihr nur wenige Stunden gewährt. Dann rief die Glocke zu Nocturne. Mühsam rappelten sich die Schwestern auf. Die Häupter gesenkt, und die Augen noch halb geschlossen, bewegte sich der Zug wie eine dunkle Raupe dahin. Die Sandalen schlurften über den rauen Steinfußboden des Kreuzganges. Die Messdienerin hatte die Tür zur Klosterkirche bereits geöffnet. Wie ein schwarzes Maul verschluckte das steinerne Ungetüm lautlos die Raupe.
    Jemand griff nach Marias Handgelenk und hielt sie zurück, bevor sie die Kirche betreten konnte. Verwundert blickte sie auf, doch im gleichen Moment verhüllte ein schwarzes Tuch ihr Gesicht und nahm ihr den Blick. Ihr erschrockener Aufschrei wurde durch eine Hand erstickt, die sich auf ihren Mund presste.
    Dann wurde sie grob zur Seite gezerrt.
    Sie strauchelte. Sie wurde wieder auf die Beine gestellt und vorwärts gestoßen.
    Maria hatte völlig die Orientierung verloren. Angst und Panik lähmten sie, und das Entsetzen über diesen plötzlichen und unerklärlichen Vorgang

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