Die Schwester der Nonne
Wasser, von einem Fluss, der mich mit sich riss. Ich glaubte zu ertrinken, aber ich ging nicht unter. Er nahm mich mit und spülte mich ins Meer. Und dabei fühlte ich mich so … so … glücklich.«
»Glücklich, wenn du im Wasser schwimmst?«
»Ja, ich glaube schon.«
Gundula wiegte den Kopf.
»Du schwimmst und gehst nicht unter … oh, das klingt nicht gut. Lass das nicht den Propst oder die Äbtissin hören. Du weißt ja, Hexen werden auf diese Art erprobt. Wenn sie nicht untergehen …«
Maria zuckte zusammen.
»Meinst du wirklich?«
Die Schwester schaute sie eindringlich an.
»Hast du etwas Ungewöhnliches im Garten getan? Einen Weidenstock geschnitzt oder eine seltsame Wurzel ausgegraben? Du weißt doch, ein Zauberstab aus Weidenholz ist besonders wirksam. Vielleicht ist ein böser Zauber über dich gekommen?«
Nachdenklich schüttelte Maria das Haupt.
»Nein, ich habe nur das Unkraut gezupft und die Beete gegossen … aber …« Sie schaute mit einem gequälten Blick auf.
Gundula rückte näher.
»Ja?«
»Ich habe einen Mann getroffen.«
»Einen Mann? Im Kloster?«
»Auf dem Fluss. Er kam mit seinem Kahn vorbei und sprach mich an. Wir haben uns unterhalten.«
»Du hast dich mit ihm unterhalten?« Gundula klappte der Mund auf. »Mit einem Mann?«
Maria nickte stumm und rang die Hände.
»Ich weiß, ich hätte es nicht tun dürfen, ich habe gegen so viele Regeln verstoßen, Gott wird mich strafen …«
»Zum Beispiel mit schlechten Träumen«, erwiderte Gundula streng. Doch gleich darauf milderten sich ihre Züge. »Die Äbtissin hat mich dir als Mentorin zugeteilt, um dir das Einleben im Kloster zu erleichtern, Immerhin hast du achtzehn Jahre außerhalb dieser Mauern gelebt und bist mit so vielen bösen und sündigen Dingen in Berührung gekommen, dass sie dich noch immer verfolgen. Andererseits …« Sie zögerte und schien zu überlegen. »Du bist im rechten Frauenalter.«
»Was meinst du?«
Gundula bückte sich und schob ihre Hand unter Marias Kittel direkt zwischen ihre Beine. Maria zuckte zusammen und presste ihre Knie aneinander. Doch Gundula berührte sie schon an ihrer geheimsten Stelle. Es durchzuckte Maria wie ein Schlag, gleich darauf verspürte sie ein wohliges Kribbeln und einen drängenden Druck im Bauch. Ihr Herz begann zu rasen, und ihr Atem keuchte.
»Was tust du da?«
Mit einem zufriedenen Grinsen zog Gundula die Hand zurück.
»Ich wusste es. Es ist die Lüsternheit.«
»Lüsternheit?«
»Aber ja, der Anblick dieses Mannes hat in dir die Lüsternheit entfacht. Die Lüsternheit verführt zur Unkeuschheit. Du musst dich in Acht nehmen.«
»Ich habe noch nie Lüsternheit verspürt. Ich weiß gar nicht, was … was das ist.«
»Weißt du das wirklich nicht? Hast du noch nie einem Mann beigewohnt?«
Maria schüttelte heftig den Kopf.
»Es erschreckt mich, weil dieses Gefühl so gewaltig ist. Es ist etwas Teuflisches, nicht wahr?«
»Vielleicht. Alles, was vom Teufel kommt, ist zunächst einmal verführerisch und fühlt sich gut an. Das ist ja gerade das Teuflische.« Sie lachte leise. »Aber man kann davon kosten, ohne gleich den ganzen Braten aufzuessen.«
»Wie meinst du das?«
»Nun, du kannst diese Lüsternheit ausprobieren, dieses süße Gefühl der Unkeuschheit, ohne dich einem Mann hinzugeben.«
»Und wie soll das gehen?«
»Damit.« Gundula zeigte auf die Regale mit den vielen Flaschen, Gläsern und getrockneten Kräuterbündeln.
Scheu blickte Maria sich um.
»Mit Arznei? Aber die sind zur Behandlung von Krankheiten bestimmt.«
»Man muss natürlich die richtigen Kräuter kennen und wissen, wie viel man davon nehmen muss. Im richtigen Verhältnis gemischt und nicht zu üppig genommen, verschaffen sie einem die herrlichsten Träume, als hättest du sie selbst erlebt. Im falschen Verhältnis gemischt, sind sie tödlich.«
Schaudernd zog Maria den Kopf ein.
»Pass auf, deinen Schlaftrunk kannst du immer noch nehmen, ich braue dir jetzt einen Trunk, der dir ganz andere Träume beschert.«
Sie kletterte auf eine kleine Leiter und tastete auf dem obersten Brett eines der Regale herum.
»Aha, ich hab ihn«, rief sie triumphierend und zeigte Maria einen alten rostigen Schlüssel.
»Wofür ist der?«
»Für den Giftschrank. An die besonderen Kräuter gelangt keiner ohne weiteres heran. Es sei denn, man weiß Bescheid.«
Sie kicherte und kletterte von der Leiter. In einer Ecke stand ein unscheinbarer, dunkler Holzschrank mit massiven eisernen
Weitere Kostenlose Bücher