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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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schmeckte.
    »Warum tust du das?«, ächzte Klaus. »Was hast du gegen mich?«
    »Was ich gegen dich habe?«, höhnte Tobias und riss sich die Kapuze vom Kopf. »Sieh her, das warst du.«
    Seine Nase war immer noch geschwollen, dunkelblau angelaufen und stand schief in seinem Gesicht; er wirkte wie ein überdimensionaler Raubvogel. Wie ein Geier!
    Klaus wandte voll Abscheu den Kopf ab.
    »Gott hat dich fürwahr mit Hässlichkeit gestraft«, stellte er fest.
    Erneut klatschte die dünne Rute auf seine Haut. Klaus presste die Lippen zusammen, damit kein Laut darüber kam. Diese Genugtuung wollte er dem Mönch nicht gönnen.
    »Was für eine Heldentat, einen Wehrlosen zu schlagen«, höhnte er. »Wagst du es nicht, mit mir in den offenen Kampf zu treten?«
    »Ich will nicht mit dir kämpfen«, zischte Tobias. »Jetzt bist du in meiner Gewalt, und ich zahle dir alles heim.«
    »Alles? Was habe ich dir denn getan?«
    Tobias trat ganz nahe heran, und Klaus starrte in sein entstelltes Gesicht. Ekel stieg in ihm auf, und wenn sein Magen nicht schon leer gewesen wäre, hätte er sich erbrochen. Fast bedauerte er es, denn er hätte diesem Schwein zu gern ins Gesicht gekotzt.
    »Du benimmst dich wie ein feiges Schwein, nicht wie ein Mann«, presste Klaus zwischen den Zähnen hindurch.
    »Ich bin kein Mann«, fuhr Tobias ihn an. »Ich bin ein Diener Gottes.«
    »Oh, ein geschlechtsloses Wesen? Will Gott das? Glaubst du, er heißt es gut, wenn du dich an Wehrlosen vergreifst?«
    »Natürlich! Er straft dich für deine Verfehlungen. Ich bin sein Werkzeug, sein ausführender Arm.«
    »Wenn es so wäre, dann hätte sich Gott diesen Arm lieber abgeschlagen.«
    Im gleichen Moment spürte er den Rutenhieb in seinem Gesicht. Es brannte wie Feuer, und der Schmerz raubte ihm seine Sinne. Halb ohnmächtig hing er in seinen Fesseln.
    »Aber, aber, wer wird denn so übereifrig sein?« Es war die sanft tadelnde Stimme von Benedictus, der, gefolgt von einem Schreiber, die Treppe herabgeschritten kam.
    Tobias verzog sich in den Schatten der Mauer. Der Schreiber nahm auf seinem Stuhl Platz, der auf einer Mauerempore an einem fest verankerten Tisch stand. Er rollte Pergament aus, stellte Tintenfass und Feder daneben. In seinem Gesicht war ein Ausdruck stoischer Gleichgültigkeit. Er hatte zu vielen Folterungen beigewohnt, als dass es ihn noch in irgendeiner Weise berührt hätte.
    Auch für Benedictus stand ein Stuhl bereit, etwas prachtvoller, mit Schnitzereien und mit zwei Armlehnen ausgestattet. Doch im Augenblick dachte dieser nicht daran, sich zu setzen. Er lief in dem kahlen Raum auf und ab und betrachtete den von Tobias’ Misshandlungen gezeichneten Studenten.
    »Wie soll ich mich mit ihm unterhalten, wenn du ihn halb tot geprügelt hast?«, beklagte er sich bei Tobias. Dieser verneigte sich demütig und schwieg.
    Der Propst schnippte mit den Fingern und zeigte auf den Wassereimer. Tobias sprang herbei und schüttete ihn über Klaus aus. Ein Ruck durchfuhr den gemarterten Körper, und Klaus öffnete mühsam die Augen.
    »Zeigst du Reue, mein Sohn?«, fragte Benedictus mit salbungsvoller Stimme.
    Klaus kämpfte gegen den blutroten Nebel an, der in seinem Kopf waberte. Dazwischen vernahm er Satzfetzen. Das Wasser stach wie tausend Nadeln auf seiner Haut, und die Glocke dröhnte heftiger denn je.
    Ächzend hob er den Kopf und verfolgte mühsam, wie Benedictus auf und ab ging.
    »Wo bin ich?«, würgte Klaus mühsam heraus. »Warum bin ich hier?«
    »Das weißt du nicht, mein Sohn, du verlorenes Schäfchen, du elender Hurenbock? Erkenne ich weder Reue noch Buße in deinem Blick?«
    Klaus’ Kopf kippte wieder nach vorn. Er kämpfte gegen eine aufkommende Ohnmacht.
    »Gib ihm Wasser zu trinken«, forderte Benedictus Tobias auf.
    Nur ungern kam dieser der Aufforderung nach, er füllte eine Kelle und schüttete sie Klaus mit einer einzigen Bewegung in den Mund, so dass dieser beinahe daran erstickt wäre. Er hustete und keuchte und übergab sich sofort wieder. Aber sein Mund war nass und seine Lippen auch. Das Feuer der Fackel blendete seine Augen.
    »Ich habe nichts getan«, beteuerte er mühsam.
    »So, so, du bist dir also keiner Schuld bewusst. Dann muss ich dich daran erinnern, dass du gleich mehrere schwere Sünden auf dich geladen hast. Du hast einen Diener Gottes verprügelt und verstümmelt, du hast eine ehrbare Jungfer verführt und mit ihr am helllichten Tag Unzucht getrieben, du hurst im Badehaus herum und führst ein liederliches

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