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Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
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Ausschließlichkeit der Liebe zu ihrem Vater. Katharina war verliebt in einen Studenten!
    Hieronymus benötigte eine geraume Weile, um diesen Gedanken überhaupt fassen zu können. Was vollzog sich da im Inneren eines weiblichen Wesens? Wieso kam es zu diesen drastischen Veränderungen? Und wieso hatte er davon nichts bemerkt?
    Ab und zu hatte Philomena ihn darauf hingewiesen, versucht, es ihm zu erklären. Aber letztlich war ihm das Wesen einer Frau unbekannt und auch ein bisschen unheimlich. Tief drinnen in ihren Körpern tat sich Seltsames, das dem Manne besser verborgen blieb. Hinter der Fassade des Engels tat sich der Abgrund der Hölle auf. Nicht umsonst warnten die Diener der Kirche immer wieder vor dem zweigestaltigen Wesen der Frau. Auf ihrer Rockschleppe hockte der Teufel. Er hatte dieses Bild gesehen, und es war noch gar nicht so lange her.
    Bei seiner letzten Reise nach Augsburg suchte er ein schönes Geschenk für seine Lieben daheim und kehrte bei dem Buchdrucker Hans Vintler ein, der allerlei Holzdruckstöcke herstellte. Letztlich hatte er sich für ein gedrucktes Bild entschieden, das eine arkadische Landschaft zeigte. Er schenkte es Philomena. Aber ihn ließ der Anblick eines Druckes nicht los, der einen Mann und eine Frau vor ihrem Haus zeigte. Beide waren wohl gekleidet und offensichtlich freie Städter. Und doch hockte auf dem Saum der Dame ein hässlicher kleiner Teufel.
    Auf seine belustigte Frage hin erklärte der Meister, das sei ein Ausdruck der Eitelkeit und Hoffart der Frau. Jede Frau trage diesen unsichtbaren Teufel in sich. Dieser Teufel sei ihre Natur, den Mann zu verführen und ins Unglück zu stürzen. Hatte Katharina Schuld daran, dass sich der Herr Studiosus jetzt in den Fängen der Inquisition befand? Hatte Katharina ihn verführt wie weiland Eva den armen Adam? Würde Katharina dafür die ewige Verdammnis drohen, die Qualen der Hölle und des Fegefeuers?
    Wenn Hieronymus spottend über den Klerus herzog, dann war es die heuchlerische Lebensweise, die die Askese predigte und die Völlerei lebte, die seinen Widerspruch herausforderte. Aber in der Tiefe seiner Seele fürchtete auch er sich vor dem Tag des Jüngsten Gerichts, wenn er vor Gottes Antlitz treten und Rechenschaft ablegen musste. Schon seine altersbedingten Zipperlein bereiteten ihm Verdruss und Angst. Er fürchtete den körperlichen Schmerz. Um wie viel entsetzlicher waren all die Dinge, die ihn in der Hölle erwarteten?
    Der Gedanke, dass diese Qualen seiner geliebten Katharina bevorstanden, bereitete ihm die Hölle auf Erden. Er musste einen Weg finden, um das drohende Unheil abzuwenden. Und dieser Weg führte ihn direkt zu Propst Benedictus.
    Benedictus empfing ihn mit regloser Miene, aber im Innern frohlockte er. Es bereitete ihm eine nicht unerhebliche Genugtuung, den stolzen und reichen Kaufmann vor sich auf den Knien liegen zu sehen. Hieronymus war völlig aufgelöst und verzweifelt. Seine geröteten und geschwollenen Augen verrieten, dass er geweint hatte. Eine Weile kostete Benedictus die Situation aus. Aber er war klug genug, es sich nicht gänzlich mit Preller zu verderben. Die Kuh, die man melken konnte, schlachtete man nicht unbedacht. Außerdem war Preller zu bedeutend für die Stadt, als dass Benedictus mit ihm umgehen konnte, wie es ihm beliebte.
    Natürlich waren ihm die selbstgefälligen und geldgierigen Pfeffersäcke ein Dorn im Auge. Doch waren die reichen Kaufmannsfamilien auch die größten Stifter und Spender der Klöster. Er als Propst, der auch und vor allem für die materielle Verwaltung der ihm anvertrauten Klöster der Stadt verantwortlich war, konnte es sich nicht leisten, es mit ihnen zu verscherzen. Einen von ihnen zu opfern, konnte die ganze Kaufmannsgilde gegen den Klerus aufbringen. Aufstände und Unruhen konnte und wollte sich Benedictus nicht leisten. Er hatte mit seinen Brüdern genug zu tun, den Leuten die Angst vor der Hölle einzubläuen und den einträglichen Ablasshandel am Laufen zu halten. Der Papst im fernen Rom hielt ständig die Hände auf, um seine prachtvollen Bauten finanzieren zu können. Benedictus musste aufpassen, dass ihm nicht zu sehr seine Pfründe geschröpft wurden und am Ende zu wenig für ihn und seine Klöster übrig blieb.
    Mit Herablassung und einer gewissen Häme schaute er auf Hieronymus herab.
    »Habe ich es Euch nicht damals schon gesagt, Preller, als Ihr Euer Weib ehelichtet, dass Ihr Euch Ungemach aufladet? In jedem Weib steckt der Teufel, und Ihr als

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