Die Schwester der Nonne
Mann habt dafür zu sorgen, ihn ihr auszutreiben. Wie Ihr seht, geht dieser Teufel von der Mutter auf die Töchter über. Wie Ihr es auch dreht, Ihr habt versagt. Allerdings ehrt es Euch, dass Ihr Euch in Eurer Not an die heilige Mutter Kirche wendet. Hier seid Ihr richtig, denn für den Bann des Bösen ist die Kirche zuständig. Nun ist es aber eine Tatsache, dass Eure Tochter Katharina mit ihren Verführungskünsten eine junge Seele verhext hat. Ein hoffnungsvoller junger Mann, Student unserer berühmten Universität und auf dem besten Wege, ein angesehener Gelehrter zu werden, verfiel ihren teuflischen Reizen. Geblendet von dem verführerischen Leib vergaß er seine Studien und ließ sich auf den Teufel ein. Er folgte ihr betäubt zu wundersamen Orten im Auwald, wo die Nebel dampfen und Wassergeister ihren Spuk treiben. Einer meiner Brüder wurde Zeuge von Hexenkünsten und Teufelsspielen, von Buhlschaften mit Wassergeistern und Dämonen. Eure Katharina tanzte nackt wie Eva über die Wiese. Nicht genug damit, vergnügte sie sich dann auch noch mit dem Studiosus. Die Sonne verdunkelte sich vor Scham, und die Blumen schlossen ihre Blüten. Mein Bruder, der Zeuge dieses teuflischen Treibens wurde, fiel auf die Knie und betete inständig zu unserem Herrn, er möge das Böse bannen und die armen verirrten Seelen auf den rechten Weg zurückführen, da erhob sich ein mächtiger Wassergeist aus den Fluten und packte den Bruder. Er versuchte ihn in die Fluten zu ziehen und ihn wie einen räudigen Hund zu ersäufen. Nur die Macht der Gebete rettete ihn im letzten Augenblick. Ihr seht, was ein Weib mit seiner Schlechtigkeit anrichten kann. Wir können nicht wachsam genug sein.«
Hieronymus sank vollkommen in sich zusammen und fing wieder an zu weinen. Schamvoll schlug er die Hände vor das Gesicht. Er war zu keinem Wort, zu keiner Regung mehr fähig. Er wollte sich in den Schoß der heiligen Mutter Kirche fallen lassen, um endlich wieder das Gefühl der Kraft, der Geborgenheit und der Selbstbesinnung zurückzugewinnen. Es war seine Schuld, dass es so weit gekommen war. Er hatte Gott vergessen. Nun hatte der Teufel von ihm Besitz ergriffen. Aber er würde alles tun, um wenigstens Katharinas Seele zu retten, selbst wenn seine auf ewig in der Hölle würde leiden müssen.
»Sagt, Hochwürden, was verlangt Gott von mir?«, flüsterte er mit bebenden Lippen. »Ich bin bereit, alles zu geben, nur um Katharina vor den Qualen der Hölle zu retten.«
»So einfach ist das nicht, lieber Preller. Ihr könnt das Wesen des Weibes nicht ändern. Es liegt in ihrer Natur, minderwertig zu sein. Wegen ihrer Rolle im Sündenfall ist sie zu strengstem Gehorsam verpflichtet. Dem habt Ihr wohl nicht beizeiten das notwendige Augenmerk gewidmet. Ein störrisches Pferd reite man nicht bei Festen, sondern halte es im Stall oder brauche es als Lasttier. Ihr seid ein lausiger Reiter, Preller, und nun braucht Ihr Euch nicht zu wundern, wenn Ihr im Dreck liegt.«
»Ich gebe es zu, dass ich aus lauter verblendeter Liebe zu meinen Kindern viel zu duldsam war. Ihnen fehlt eben die Mutter, die ihnen Halt und Führung auf den Lebensweg mitgibt. Die Amme allein kann das nicht bewerkstelligen. Und ich bin nur der Vater. Es sollte ihnen gut gehen, an nichts fehlen. So war ich bedacht auf ihr Wohlergehen. Die Zeiten sind nicht leicht, und ein Kaufmann ist vielfältigen Gefahren ausgesetzt. Da sind mir gewisse Dinge einfach entglitten.«
»Ihr seid auf das materielle Wohlergehen bedacht gewesen, Preller, aber nicht auf das geistige. Ein wahrer Christenmensch respektiert die Lehren der Kirche und übt sich in Demut und Unterordnung. Er ist nicht aufsässig und keck und buhlt mit dem Teufel. Ihr seht, was dabei herauskommt. Ganze Familien stürzt es ins Unglück. Zum Glück ist es aber unsere löbliche Pflicht, gefallene Seelen zu erretten. Allerdings bedarf es dazu großer Anstrengungen aller Seiten. Es ist schmerzhaft und grausam, aber auch heilend.«
»Was muss ich tun, ehrwürdiger Vater?«
»Geht in Euch, Preller, und tut Buße. Kniet drei Tage und drei Nächte vor dem Bildnis Jesu, auf dass Euch die Leiden bewusst werden, die er auf sich genommen hat. Danach kommt zu mir, und ich werde Euch sagen, was Ihr tun könnt, um die Seele Eurer Tochter zu retten.«
Hieronymus nahm die Tortur tapfer auf sich. Die verzweifelte Katharina leistete ihm dabei schweigend Gesellschaft. In tiefes Gebet vertieft, knieten sie vor dem Kruzifix. Die Härte und die Kälte des
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