Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Schwester der Nonne

Titel: Die Schwester der Nonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Hastings
Vom Netzwerk:
Mönch öffnete das vergitterte Fensterchen.
    »Was willst du?«, herrschte er sie an.
    »Ich bitte um eine dringende Audienz bei Propst Benedictus. Ich bin Katharina Preller, die Tochter von Hieronymus Preller, dem Kaufmann vom Markt und Ratsherrn der Stadt.«
    »Was ist? Liegt jemand im Sterben? Benötigt er die Letzte Ölung?«
    »Nein, nein, aber es ist trotzdem wichtig.«
    »Alles kann warten, nur der Tod verträgt keinen Aufschub, wenn die Seele gen Himmel will. Komm später wieder.«
    Er schloss das Fensterchen. Katharina trommelte gegen die Tür.
    »Macht auf, Bruder. Es geht um das Seelenheil eines Menschen, der zu Unrecht der Ketzerei angeklagt ist. Ich bitte Euch, öffnet mir und lasst mich zu Hochwürden Benedictus.«
    Das Fensterchen öffnete sich wieder um einen Spalt, und der Mönch lugte hindurch.
    »Ketzerei? Um wen geht es?«
    »Um den Studiosus Claudius Agricola. Ich möchte für ihn aussagen.«
    »Ihr wollt eine Aussage abgeben? Das ist etwas anderes. Wartet hier, ich werde unserem ehrwürdigen Vater eine Nachricht senden.«
    Katharina musste lange warten, bis sich die kleine Pforte knarrend öffnete. Der wachhabende Mönch ließ sie ein. Ein anderer Bruder wartete bereits und geleitete sie zur Kirche, in der die Mittagsandacht beendet war. Nur Propst Benedictus befand sich noch dort. Er saß auf einer hölzernen Bank und blickte Katharina fast abweisend entgegen.
    Katharina ließ sich auf die Knie fallen, bekreuzigte sich, dann warf sie sich auf den Boden.
    »Ehrwürdiger Vater, gelobt sei Jesus Christus. Seht in mir eine Unwürdige, die blind vor lauter Liebe nur mit dem Herzen sieht. Klaus ist unschuldig, das schwöre ich, ich möchte für ihn aussagen und Euch bitten, ihn freizulassen. Er ist ein gottesfürchtiger Mensch und hat niemals etwas wider die Lehren der heiligen Kirche gesagt noch gegen Gott. Das will ich beschwören.«
    »Ihr schwört ziemlich viel im Angesicht des Heilands«, bemerkte Benedictus mit öliger Stimme und deutete mit seinem dicken, goldberingten Finger zum Kruzifix am Altar.
    »Aber das Wort eines Weibes gilt nicht, erst recht kein Schwur. Ihr seid also die Hure des ketzerischen Studenten? Woher wollt Ihr wissen, dass er hier ist?«
    Katharina hob das tränenüberströmte Gesicht. Hatte der Propst eben Hure gesagt? Sie rang nach Luft.
    »Ich weiß, dass er hier ist. Ein liebendes Herz fühlt das.«
    Benedictus verzog angewidert das Gesicht.
    »Was redet Ihr da vom liebenden Herzen? Was faselt Ihr von Liebe? Ihr habt diesen Unglücklichen verhext und in sein Unglück geführt. Der Basilisk tötet mit seinem giftigen Blick, das geile Auge des Weibes macht den Mann zu Schanden und dörrt ihn wie Heu. Es ist ein Spiegel des Teufels. Wehe dem Manne, der da hineinschaut. Dir soll ich trauen, Weib? Ein Tor, der der Schlange traut. Kein Mann soll dem Weibe trauen, seitdem es Adam betrogen hat. Sie nennt es Liebe, aber es ist Weiberlist. Der Wolf wechselt im Sommer das Fell, aber er bleibt ein böses Tier. Das Weib tritt schlicht und fromm wie eine Nonne auf, aber im Innersten ist sie schlecht.«
    Er rülpste laut und vernehmlich und tupfte sich dann seine dicken Lippen mit einem kleinen Baumwolltüchlein ab.
    »Was also soll Euer Gegreine, Weib? Es ändert nichts daran, dass Ihr Euch umsonst herbemüht habt. Oder, halt! Ich möchte Euch eine Lehre mit auf den Weg geben.«
    Er winkte dem Mönch, der die ganze Zeit schweigend an der Seite stand. Katharina fühlte sich emporgezerrt. Dann wurde ihr ein dunkler Sack über den Kopf gestülpt. Sie schrie entsetzt auf und wehrte sich. Doch eiserne Hände hielten sie fest und zogen sie mit sich. Wimmernd stolperte sie hinterher. Sie verlor vollkommen die Orientierung, tappte Stufen hinunter und wurde wieder rüde gepackt. Jemand zerrte ihr den Sack vom Kopf.
    Es war dunkel um sie herum, und ihre Augen mussten sich an das fehlende Licht gewöhnen. An der Wand flackerte eine Fackel und warf unruhige Schatten an eine feuchte Steinwand. Und dann sah sie ihn!
    Ihr stockte der Atem vor Entsetzen. Klaus hing gefesselt an einem Holzkreuz. Sein Körper war mit langstriemigen Wunden übersät. Getrocknetes Blut klebte an seiner Haut, unter ihm hatte sich eine blutige Wasserpfütze gebildet.
    »Nein!« Ihr Aufschrei sprengte fast ihre Brust.
    Klaus war bewusstlos, sein Kopf hing kraftlos nach vorn. Katharina riss sich los und wollte zu ihm eilen. Doch eine dunkle Gestalt schob sich vor ihren Geliebten. Instinktiv riss sie die Arme hoch. Diese

Weitere Kostenlose Bücher