Die Schwester der Nonne
Steinfußbodens drangen durch ihre Gebeine. Sie tranken nur Wasser und aßen trockenes Brot.
Maria bot sich an, Katharina beim Beten und Büßen abzulösen, doch Katharina lehnte ab. Am dritten Tag gesellte sich auch Maria zu ihnen. Gemeinsam beteten sie um Katharinas Seelenheil.
Das Licht des Tages wanderte, gefiltert durch die gemusterten Fensteröffnungen, durch das Kirchenschiff, ließ die drei Büßer aufleuchten und wieder im Schatten versinken.
Die Nacht senkte sich mit drückender Dunkelheit auf sie nieder und brachte Furcht und Schrecken. Noch nie hatten sie eine Nacht in der Kirche verbracht, und der Ort der Andacht verwandelte sich bei Dunkelheit in eine unheimliche Höhle voller Geräusche. Alle drei Stunden schlug die Glocke zum Gebet, und die Mönche des Augustinerklosters schlurften in ihren ledernen Sandalen herein, beteten, sangen Psalmen und gingen wieder. Keiner würdigte die drei Sünder eines Blickes.
Am Morgen des vierten Tages schickte Hieronymus seine beiden Töchter nach Hause.
»Geht, Kinder, und lasst mich allein zum Propst gehen. Ihr habt genug gebüßt und gebetet. Der Rest ist meine Aufgabe.« Er küsste ihnen das Haar, sie küssten seine Hände. Katharina weinte.
Benedictus empfing Hieronymus mit unbewegter Miene.
»Ehrwürdiger Vater, ich habe gebetet und gebüßt, drei Tage und drei Nächte, wie Ihr mir geboten habt. Hier seht Ihr mich im Staub knien und voller Demut den Willen Gottes empfangen. Soll er mich strafen, wenn er nur die Seele meiner geliebten Katharina rettet.«
»Gott ist gütig, wenn er sieht, dass die Reue groß und die Bereitschaft zur Buße noch größer ist. Ich habe das Konzil befragt, und wir haben ebenfalls eine ganze Nacht zu Gott gebetet. Gott hat uns erleuchtet und einen Weg gewiesen. So höre denn unseren Beschluss: Deine Tochter Katharina muss sich von ihren Sünden freikaufen. Nur so kann sie ihre Seele reinigen. Für das außereheliche Werk mit einem Mann muss sie acht Gulden zahlen. Für die Verführung seiner Seele noch einmal sieben Gulden. Für den Ungehorsam ihrem Vater gegenüber vier Gulden. Für die Buhlschaft mit Geistern und Dämonen und die Verrichtung von Hexenwerk sind elf Gulden zu zahlen. Und dafür, dass die Inquisiton von einer Anklage wegen Hexerei absieht, fünfundzwanzig Gulden.«
»Fünfundzwanzig Gulden?«, fuhr Hieronymus auf. »Dafür bekomme ich zwei Fuhrgespanne samt Wagen.«
»Sind Euch fünfundzwanzig Gulden für das Leben Eurer Tochter zu viel? Vergesst nicht, wenn sie angeklagt und der Hexerei überführt wird, endet sie auf dem Scheiterhaufen. Dieser wird auf dem Marktplatz direkt vor Eurer Haustür stehen, Preller. Und dass sie der Hexerei überführt wird, ist ziemlich sicher. Nicht nur, dass es Zeugen gibt. Auch der Verführte, der Studiosus, zeigt sich mittlerweile geständig. Selbstverständlich werden wir die Untersuchung nach den Regeln der Inquisition durchführen. Bis jetzt hat noch jede Hexe gestanden.«
Er strich sich selbstzufrieden über seinen Bauch.
»Da ich annehme, dass Ihr des Rechnens kundig seid, werdet Ihr bereits überschlagen haben, dass sich die Buße für die Sünden Eurer Tochter auf fünfundfünfzig Gulden beläuft.«
Hieronymus war zusammengesunken, dann nickte er schwach.
»Wenn es Gottes Wille ist, werde ich es akzeptieren«, flüsterte er.
»Moment, Preller, das ist noch nicht alles.«
Hieronymus starrte den Propst an. Dieser faltete seine fetten Finger über dem Bauch, und Hieronymus bemerkte einen großen goldenen Ring mit einem überaus wertvollen Stein darin.
»Ihr werdet Katharina so schnell wie möglich verheiraten. Natürlich nicht an einen jungen Mann, der vielleicht ihre fleischliche Lust wieder anstacheln würde, sondern an einen bejahrten Mann, einen Greis, der sie zu dem Gehorsam zwingt, der ihr zu Gesichte steht als Ehefrau. Sie soll sich in Unterordnung und Demut üben, in Pflichterfüllung und Gottesfürchtigkeit. Ihre Augen sollen verschlossen bleiben vor den Verführungen des Lebens. Von nun an soll Keuschheit und Enthaltsamkeit ihr Leben bestimmen. Und sie soll sich von allen Flüssen, Seen und anderen Gewässern fern halten, damit sie nicht wieder in die Versuchung der Buhlschaft mit Wassergeistern kommt.«
Hieronymus rutschte auf Knien näher an Benedictus heran und küsste den Saum seines Mantels.
»Wenn es Gottes Wille ist, dann soll auch das geschehen«, murmelte er.
Plötzlich hob Benedictus den Fuß und trat auf Hieronymus’ Hand. Dieser schrie
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