Die Schwestern des Lichts - 3
»Mathrin Galliene behauptete, Pell und ich seien Verderbte und der Friedhof sei voller Beweise dafür. Er meinte, er wolle weiter nichts, als daß Pell und ich die Wahrheit sagten, ein Geständnis ablegten. Die anderen Männer des Lebensborns standen um uns herum wie Hunde um ein Kaninchen und knurrten, bereit, uns zu zerfleischen. Ich hatte fürchterliche Angst um Pell. Als sie mich schlugen, wußte ich, daß sie ihm noch Schlimmeres antaten, damit er mich als Verderbte verleumdete. Für den Lebensborn gab es nichts Schöneres als jemanden, der einen geliebten Menschen als Verderbten verleumdete. Sie hörten einfach nicht hin, als ich es bestritt.« Sie hob den Kopf und sah ihm in die Augen. »Sie wollten einfach nicht hören.«
»Was immer du gesagt hättest«, erklärte Zedd ruhig, »es hätte keinen Unterschied gemacht, Adie. Es war egal. Wenn man im Fangeisen sitzt, hat es wenig Sinn, mit dem Stahl zu diskutieren.«
Sie nickte. »Ich weiß.« Ihr Gesicht war eine Maske der Ruhe, unter der sich etwas zusammenbraute. »Wenn ich von meiner Gabe Gebrauch gemacht hätte, ich hätte es aufhalten können. Aber das hätte allem widersprochen, was man mir beigebracht hatte – was ich glaubte. Ich hätte selbst den Beweis geliefert, daß ihre Beschuldigungen richtig waren. Mir wäre es wie Ketzerei an unserem Schöpfer vorgekommen. Als sie mich schlugen, war ich ebenso hilflos, als hätte ich die Gabe nicht besessen.«
Sie leerte ihre Tasse. »Selbst wenn ich schrie, konnte ich Pells Schreie aus einem Nebenraum hören.«
Zedd ging zum Feuer, holte den Teekessel und füllte erneut ihre Tasse. »Mach dir keine Vorwürfe, Adie.«
Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, als er sich noch eine Tasse Tee einschenkte. »Ich sollte Pell als Verderbten verleumden. Ich sagte ihnen, das würde ich niemals tun, sie könnten mich töten, aber nie dazu bringen.
Mathrin beugte sich über mich, brachte sein Gesicht ganz nah an meins. Ich sehe sein Lächeln noch immer vor meinem inneren Auge. Er sagte: ›Ich glaube dir, Mädchen. Aber das spielt keine Rolle, denn du bist es gar nicht, die den Verderbten benennen soll. Pell ist es, der den Namen des Verderbten nennen soll. Wir wollen, daß Pell dich als Verderbte bezeichnet. Du bist die Verderbte.‹ Dann hielten mich die Männer fest. Mathrin versuchte, mir etwas in die Kehle zu schütten. Es verbrannte mir den Mund. Er hielt mir die Nase zu. Es hieß, entweder trinken oder ertrinken. Ich wäre gern ertrunken, trotzdem schluckte ich es, ohne es zu wollen. Es brannte in der Kehle, als hätte ich Feuer geschluckt. Ich konnte nicht sprechen. Ich brachte kein Geräusch hervor. Ich konnte nicht einmal schreien. Da war nur ein brennender Schmerz. Der Schmerz war größer als alles, was ich bis dahin erlebt hatte.« Sie trank einen Schluck Tee, als wollte sie den Schmerz in ihrer Kehle lindern.
»Dann schleppten mich die Männer in den Raum mit Pell und fesselten mich vor ihm auf einen Stuhl. Mathrin packte mich an den Haaren, so daß ich mich nicht bewegen konnte. Es brach mir das Herz, zu sehen, was sie mit meinem Pell gemacht hatten. Sein Gesicht war weiß wie Schnee. Sie hatten ihm die meisten seiner Finger abgehackt, immer ein Glied nach dem anderen.« Ihre Finger klammerten sich fester um ihre Tasse, als sie sich starren Blicks erinnerte.
»Mathrin erklärte Pell, ich hätte gestanden, daß er ein Verderbter sei. Pell sah mich mit großen Augen an. Ich versuchte zu schreien, daß das nicht wahr sei, doch es kam kein Laut. Ich versuchte meinen Kopf zu schütteln, doch Mathrin hielt mich so, daß das unmöglich war. Pell erklärte, daß er ihnen nicht glaube. Sie schnitten ihm einen weiteren Finger ab. Sie erklärten, das täten sie nur deshalb, weil ich ihn beschuldigt hätte. Sie täten es nur auf mein Geheiß. Pell hielt den Blick auf mich gerichtet, während er ihnen immer wieder kopfschüttelnd erklärte, er glaube ihnen nicht. Sie erklärten Pell, ich hätte behauptet, ich wolle getötet werden, weil er ein Verderbter sei. Pell erklärte noch immer, er glaube ihnen nicht. Er sagte, daß er mich liebe.
Dann erklärte Mathrin, ich hätte Pell als Verderbten bezeichnet, und wenn das nicht stimme, dann brauchte ich es nur zu bestreiten, und sie würden uns beide freilassen. Er erklärte Pell, ich hätte geschworen, es nicht zu bestreiten, denn er sei ein Verderbter, und ich wolle, daß er dafür stirbt. Pell schrie, ich solle es ihnen erklären. Schrie, ich solle es leugnen. Er
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