Die Schwestern des Lichts - 3
erteilt hat.‹ Er sah mich einen Augenblick lang ohne die geringste Regung in seinen kalten Augen an, dann ließ er sein Pferd kehrtmachen und lenkte es fort, ohne sich noch einmal umzudrehen.«
Ihr Blick senkte sich auf den Tisch. »Meine Großmutter wandte sich von mir ab. Sie erklärte, ich müsse aus ihrem Haus verschwinden und dürfe nie wieder zurückkommen.«
Bei der Vorstellung einer Magierin mit genügend Kraft, Männer auf diese Weise umzubringen, zuckten Zedds Mundwinkel, ohne daß er es verhindern konnte. Für eine Magierin war es äußerst selten, über eine derart starke Gabe zu verfügen. »Und was wurde aus Mathrin? Hast du ihn nicht getötet?«
Sie schüttelte den Kopf. Ein freudloses Grinsen spielte über ihre Lippen.
»Nein. Ich habe ihn mitgenommen.«
»Du hast ihn mitgenommen?«
»Ich habe ihn an mich gebunden. Sein Leben an meins gebunden. Und zwar so, daß er immer wußte, wo ich war, und jeden Neumond zu mir kommen mußte, egal, wo ich war, egal, was er selber wollte. Er mußte mir folgen oder zumindest so dicht in der Nähe bleiben, daß er mich an jedem Neumond erreichen konnte.«
Zedd legte die Stirn in Falten und studierte den Bodensatz in seiner Teetasse. »In Winston, der Hauptstadt und dem Sitz der Krone Keltons, habe ich einmal einen Mann namens Mathrin gesehen. Er war ein Bettler, und ihm fehlten an einer Hand die Finger, wenn ich mich recht erinnere. Er war blind. Man hatte ihm die Augen…« Plötzlich heftete er den Blick auf ihr Gesicht. »Man hatte ihm die Augen ausgestochen.«
Adie nickte. »Das stimmt, allerdings.« Ihre Miene wurde wieder eisenhart. »Jeden Neumond kam er zu mir, und ich schnitt ihm etwas ab, um mit seinen Schreien die Leere in meinem Innern zu füllen.«
Zedd ließ sich nach hinten sinken, die Hände auf die Tischplatte gepreßt. Eisenhart, allerdings. »Du hast in Kelton also ein neues Zuhause gefunden?«
»Nein. Ich habe kein Zuhause gefunden. Ich bin gereist, habe Frauen mit der Gabe aufgespürt, Frauen, die mir bei meinen Studien helfen konnten. Keine wußte genau, wonach ich suchte, aber jede einzelne wußte zumindest einen kleinen Teil, den die anderen nicht kannten. Mathrin folgte mir und suchte mich jeden Neumond auf, und ich schnitt ihm jedesmal etwas anderes ab. Ich wollte, daß er ewig lebt, ewig leidet. Er war es, der mich so mit seinen Fäusten mißhandelt hatte, damit ich Pells Kind verlor. Er war es, der Pell getötet hatte. Er hatte mich geblendet.«
Ihre weißen Augen färbten sich im Schein der Lampe rot, als sie den Blick wieder in die Ferne richtete. »Er war es, der Pell dazu gebracht hatte, zu glauben, ich hätte ihn verraten. Ich wollte, daß Mathrin Galliene ewig leidet.«
Zedd machte eine vage Handbewegung. »Wie lange hat er … durchgehalten?«
Adie seufzte. »Nicht lange genug und doch zu lang.« Zedd machte ein fragendes Gesicht. »Eines Tages kam mir ein Gedanke: ich hatte meine Gabe nie dazu benutzt, Mathrin daran zu hindern, sich umzubringen. Warum sollte er weiter zu mir kommen? Und sich von mir quälen lassen? Warum sollte er dem nicht einfach ein Ende machen? Als er dann das nächste Mal kam und ich ihm wieder etwas abschnitt, löste ich auch unseren Bund. Ich löschte sein Verlangen, mich beim nächsten Mal wieder aufzusuchen. Doch ich tat es so, daß er es nicht bemerkte und er mich einfach vergessen konnte, wenn er das wollte.«
»Und das war das letzte Mal, daß du ihn gesehen hast?«
Sie sah ihn mit bitterem Kopfschütteln an. »Nein. Ich dachte, es sei das letzte Mal, doch beim nächsten Neumond war er wieder da. Er war zurückgekehrt, obwohl er es nicht mußte. Mir gefror das Blut, als ich über den Grund nachdachte. Ich entschied, es sei an der Zeit, daß er mit seinem Leben für das bezahlte, was er mir und Pell und all den anderen angetan hatte. Doch bevor er mir sein Leben gab, sollte er mir eine Antwort geben.
Auf meinen Reisen hatte ich viel gelernt. Dinge, für die ich nie Verwendung zu haben glaubte. An jenem Abend fand ich eine Verwendung dafür. Ich wollte erfahren, welche Folter Mathrin vor allen anderen fürchtete. Es gibt einen Trick, mit dem man Ängste herausfinden kann, doch bei anderen Geheimnissen erweist er sich als nutzlos. Gegen seinen Willen sprudelten die Worte, die Ängste, aus ihm heraus.
Ich ließ ihn die ganze Nacht und den ganzen darauffolgenden Tag schwitzen, während ich mich auf die Suche nach den Dingen machte, die ich benötigte: die Dinge, die er mehr als alles
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