Die Schwestern des Lichts - 3
Banne in den funkelnden weißen Sand gezeichnet.
Richard lief im Innern des Turmes umher und versuchte zu entscheiden, was er tun sollte. An diesem Ort schien er in Sicherheit zu sein, aber für wie lange? Bestimmt würde die Magie ihn früher oder später finden. Vielleicht war die scheinbare Sicherheit dieses Ortes lediglich ein Zauber, der ihn in eine Falle locken, ihn hier für immer festhalten und ihm angst machen sollte, sich je wieder hinauszuwagen.
Er konnte unmöglich bleiben. Er mußte die Schwester finden. Sie brauchte seine Hilfe. Sie hatte Angst. Er hatte ihr versprochen durchzukommen.
Aber wieso sollte er ihr helfen wollen? Sie hielt ihn gefangen. Wenn er sie hier zurückließ, wäre er frei. Aber frei wozu? Wenn sie ihm nicht half, die Gabe zu beherrschen, würde er sterben. Zumindest behauptete sie das.
Richard drehte sich um, als er hinter sich ein Geräusch hörte. Aus dem Schatten eines Torbogens trat Kahlan hervor. Ihr langes Haar floß nicht über ihre Schultern, sondern war in einem einzigen Zopf nach hinten gebunden. Statt ihres weißen Konfessorenkleides trug sie die rote Lederkleidung einer Mord-Sith.
Richard blieb unsicher stehen, seine Brust hob und senkte sich. »Kahlan, ich weigere mich, auf diese Weise an dich zu denken – nicht einmal in Form einer Täuschung meines Verstandes.«
Sie zog eine Braue hoch. »Aber ist es nicht gerade das, was du am meisten fürchtest?«
»Verändere dich, oder verschwinde.«
Das rote Leder flimmerte und verwandelte sich in das weiße Konfessorenkleid, das er so gut kannte. Der Zopf löste sich.
»Besser so, mein Geliebter? Leider wird dich das immer noch nicht retten. Ich bin gekommen, dich zu töten. Wehre dich.«
Richard zog das Schwert der Wahrheit aus der Scheide. Das unverwechselbare Klirren seines Stahls hallte durch den ganzen Turm. Zorn durchflutete seinen Körper, als die Magie freigesetzt wurde. Mit elender Unvoreingenommenheit ertrug er das Gefühl der Mordgier, während er dem einzigen Menschen ins Gesicht sah, der seinem Leben einen Sinn gab.
Seine Knöchel spannten sich um das Drahtgeflecht des Hefts, um die Erhebungen, die das Wort WAHRHEIT bildeten. Seine Kiefermuskeln spannten sich, als er die Zähne aufeinanderbiß. Plötzlich wurde ihm klar, warum die Zauberer das Lebensfeuer hatten entfachen und sich ihm hatten überlassen können – um nicht ertragen zu müssen, was man ihnen antat. Es gab Dinge, die schlimmer waren als der Tod.
Richard schleuderte das Schwert Kahlan vor die Füße.
»Nicht einmal in einem Trugbild, Kahlan. Eher würde ich sterben.«
In ihren grünen Augen leuchtete ein trauriger, zeitloser, wissender Blick auf. »Du wärst besser gestorben, mein Geliebter, damit du dir nicht ansehen mußt, was ich dir zeigen will. Es wird dir größere Schmerzen bereiten als der Tod.«
Sie schloß die Augen und sank auf die Knie, beugte sich nach vorn und verneigte sich tief. Während dieser Bewegung verkürzte sich ihr Haar. Als ihr Kopf den funkelnden weißen Sand berührte, sah es aus, als hätte man es kurz geschnitten, bis dicht über das Genick.
»Es muß sein, sonst wird der Hüter entkommen. Es stören, heißt ihm helfen – dann bekommt er uns alle. Sprich diese Worte, wenn du mußt, doch erwähne nichts von dieser Vision.« Ohne den Kopf zu heben, leierte sie in gleichgültigem Tonfall den Text herunter.
»Nur eine einzige von allen, die aus der Magie geboren sind, wird übrigbleiben, um die Wahrheit zu verkünden, wenn die Bedrohung des Schattens aufgehoben ist. Damit es eine Chance auf die Bande des Lebens gibt, muß diejenige in Weiß ihrem Volk geopfert werden, zu dessen Freude und unter seinem Jubel.«
Indes Richard das Trugbild anstarrte, entstand ein Ring aus Blut um ihren Hals. Richard stockte der Atem. Kahlans Kopf rollte davon, als hätte man ihn abgetrennt. Ihr Körper sank zur Seite. Blut schoß hervor, sammelte sich in einer Lache unter ihr und tauchte den weißen Sand und das Kleid in Rot.
Richard holte tief Luft.
»Neiiiiiin!«
Seine Brust hob sich. Er spürte, wie sich seine Fingernägel in die Handflächen gruben. Die Zehen krallten sich in seine Stiefel.
Es ist eine Täuschung, redete er sich zitternd ein. Eine Täuschung. Nichts weiter. Eine Täuschung, die mir einen entsetzlichen Schrecken einjagen soll.
Kahlan starrte aus flachen, toten grünen Augen zu ihm hoch. Er wußte zwar, daß es eine Täuschung sein mußte, trotzdem wirkte sie. Panik lahmte seine Beine, Angst vernebelte
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