Die Schwestern des Lichts - 3
ungehindert seinen Verstand.
Kahlans Abbild flackerte und verschwand dann plötzlich, als Schwester Verna durch einen seitlichen Torbogen hereinstürmte.
»Richard!« schrie sie wütend. »Was tust du hier drinnen! Kannst du denn nie das tun, was man dir sagt? Mußt du dich immer wie ein Kind aufführen?«
Sie trat zwei Schritte vor, das Gesicht rot vor Wut.
Sein Herz pochte, das qualvolle Bild, welches er gerade gesehen hatte, hatte ansehen müssen, hatte ihn schockiert. Er sah Schwester Verna verständnislos an. Er war nicht in der Verfassung, ihre Grobheiten hinzunehmen. »Ihr wart nicht da. Ich konnte Euch nicht finden. Ich habe mich umgesehen, aber…«
»Keine Widerworte!« Ihre Locken hüpften auf und ab bei ihrem Gekreische. »Ich habe genug von deinem Gerede, mehr kann ich nicht ertragen. Ich habe dir gesagt, daß ich für so etwas nicht in Stimmung bin. Meine Geduld ist zu Ende, Richard.«
Er machte den Mund auf, um etwas zu sagen, doch der Halsring riß ihn nach hinten. Seine Füße verließen den Boden. Es war, als hätte man ihn an einem Strick um seinen Hals zurückgerissen. Mit einem Ächzen krachte er gegen die Wand. Der Aufprall preßte ihm die Luft aus den Lungen und raubte ihm den Verstand. Er hing mit den Füßen in der Luft, vom Rada Han an die Wand gepinnt. Der Halsring würgte ihn. Er versuchte etwas zu erkennen, doch ihm verschwamm alles vor Augen.
»Es wird Zeit, daß du eine Lektion erteilt bekommst, die ich dir schon längst hätte geben sollen«, meinte die Schwester ungehalten, als sie auf ihn zugestürmt kam. »Ich habe genug unter deinem Ungehorsam gelitten. Ich bin nicht bereit, ihn noch länger hinzunehmen.«
Richard hatte Mühe, Luft zu bekommen. Jeder Atemzug brannte, sobald er ihn durch den Engpaß an seinem Hals sog. Sein Blick klärte sich, und er richtete ihn auf Schwester Vernas Gesicht.
»Schwester … nicht…«
Der Schmerz nahm ihm die Worte. Er entflammte mit einer solchen Heftigkeit in seiner Brust, daß seine Finger kribbelten. Er bekam nicht einmal genug Luft, um zu schreien.
»Ich habe genug von deinen Worten. Ich will nichts mehr hören. Keine Ausreden mehr, keine Widerworte, keine barsche Kritik. Von jetzt an wirst du tun, was man dir sagt, wann man es dir sagt, und du wirst mich mit deinen Unverschämtheiten verschonen.«
Sie kam wieder einen Schritt näher, das Gesicht drohend verzerrt. »Haben wir uns verstanden?«
Irgendwie verschlimmerte sie die Schmerzen noch. Er krümmte sich unter der erdrückenden Qual in seiner Brust. Brennende Tränen strömten aus seinen aufgerissenen Augen.
»Ich habe dich etwas gefragt! Haben wir uns verstanden?«
Luft strömte in seine Lungen. »Schwester Verna … ich warne Euch … tut das nicht, sonst…«
»Du warnst mich! Du wagst es, mich zu warnen!«
Ein weißglühender Schmerz bohrte sich wie ein Messer durch seine Brust. Er preßte einen Schrei aus seinen Lungen. Seine schlimmsten Ängste wurden wahr. Das hatte ihm das Tragen des Halsrings eingebracht, wieder einmal. Das war es, was die Schwestern mit ihm vorgehabt hatten. Das war sein Schicksal, wenn er sich nicht wehrte.
Richard rief die Magie des Schwertes.
Von ihrem Meister herbeigerufen, fuhr die Kraft in seinen Körper, glühend vor Hoffnung, glühend vor Zorn, glühend vor Gier. Richard hieß sie willkommen, machte sie sich zu eigen, ließ seinen eigenen Zorn mit dem des Schwertes verschmelzen und seinen Körper ergreifen. Seine Wut vernichtete den Schmerz und benutzte ihn, um Kraft zu schöpfen.
»Wage es nicht, mit mir zu kämpfen, oder ich sorge dafür, daß du den Tag bereust, an dem du geboren wurdest!«
Wieder loderten Flammen leidenschaftlicher Qual empor. Richard sog sie auf in seinem Zorn. Er berührte das Schwert nicht, brauchte es nicht zu berühren. Er war eins mit der Magie und rief ihre gesamte Kraft herbei.
»Hör auf damit«, brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Oder ich tue es.«
Schwester Verna, die Fäuste an ihrer Seite, kam einen Schritt näher.
»Du drohst mir? Ich habe dich eben schon gewarnt. Jetzt hast du deinen letzten Fehler begangen, Richard.«
Obwohl ihn der Schmerz fast blendete, den sie auf ihn entlud, etwas sah er doch. Das Schwert der Wahrheit. Es lag im Sand, gleich neben der Schwester.
Der Sucher richtete die Magie des Schwertes auf jene Kraft, die ihn an der Wand festhielt. Mit einem lauten Krachen brach das Band, und er löste sich taumelnd von der Wand und rollte durch den Sand.
Seine
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