Die Schwestern des Lichts - 3
im Schlaf erschlägt – es wird dadurch nur einem Risiko ausgesetzt.
Diese Aufgabe hat nichts Ruhmvolles. Sie ist mühevoll, bedrückend. Wir haben nicht vor, in einer offenen Feldschlacht festzustellen, wer in diesem Spiel der Bessere ist. Wir haben lediglich die Aufgabe, sie umzubringen.
Wenn ihr Schwierigkeiten habt, die Rechtmäßigkeit dessen zu erkennen, dann bitte ich euch, die Ehre jener Soldaten in Betracht zu ziehen, mit denen ihr es zu tun habt. Stellt sie euch vor, wie sie in Gruppen darauf gewartet haben, eure Schwestern und Mütter zu vergewaltigen. Stellt euch vor, was eure Mütter und Schwestern aus Ebinissia über Ehre gedacht haben, während sie mißhandelt, vergewaltigt und ermordet wurden.«
Die Kälte ihrer Worte ließ die zu Stein erstarrten Männer erschaudern. Kahlan mußte sich zusammenreißen, um ihr Entsetzen nicht noch mehr zu vergrößern, doch vor ihrem inneren Auge sah sie noch immer das Bild der jungen Frauen im Palast.
»Sieht der Feind in die andere Richtung, um so besser, denn dann wird er euch kein Messer in den Leib stoßen. Geschieht es aus der Entfernung, mit einem Pfeil, um so besser, denn dann hat er keine Chance, euch mit einem Argon zu durchbohren. Geschieht es, während er den Mund voller Essen hat, um so besser, denn dann kann er keinen Alarm schlagen. Geschieht es ihm Schlaf, um so besser, denn dann hat er keine Gelegenheit, euch mit seinem Schwert aufzuschlitzen.
Gestern abend zertrümmerte mein Pferd den Schädel eines der d’haranischen Offiziere. Das war weder ruhm- noch ehrenvoll, aber es gab mir die Gewißheit, diese Tat könnte verhindert haben, daß einige von euch durch seine Hand und seine Gerissenheit getötet werden. Das erfüllt mein Herz mit Freude. Freude darüber, damit vielleicht einigen von euch das kostbare Leben gerettet zu haben.
Ihr habt gesehen, was man den Menschen in Ebinissia angetan hat. Denkt an die Gesichter der Toten. Denkt daran, wie sie sterben mußten, und an das Grauen, welches sie zuvor durchlitten haben. Denkt an die Soldaten, die gefangengenommen und enthauptet wurden.
Es liegt an uns zu verhindern, daß dies noch anderen Völkern zustößt. Um das zu erreichen, müssen wir diese Männer töten. Das hat nichts Ruhmvolles. Es geht allem ums Überleben.«
Im Hintergrund machten zwei Männer den Umstehenden eine obszöne Geste und gingen, um sich Mosles Männern anzuschließen. Neunundsechzig. Die übrigen jedoch waren fest entschlossen, den Kampf aufzunehmen.
Der Zeitpunkt war gekommen. Sie hatte ihnen die schlichten Träume an eine glorreiche Schlacht ausgeredet und sie über die wahre Natur ihrer Aufgabe aufgeklärt. Sie hatte den meisten von ihnen einen Begriff gegeben von der übergeordneten Wichtigkeit der vor ihnen liegenden Schlacht. Sie hatte ihnen einiges von dem erklärt, was zu tun war. Sie hatte ihnen ein klareres Verständnis von ihrer Bedeutung im Verlauf dieser Auseinandersetzung gegeben.
Der Zeitpunkt war gekommen, sie unwiderruflich mit dieser Belastung zu betrauen, sie zu einem Instrument der Vergeltung zu schmieden, das diese Bedrohung zunichte machen konnte.
Kahlan breitete vor den Männern die Arme aus. Der blutdurchtränkte Umhang fiel schlaff zu Boden.
»Ich bin tot!« rief sie in den grauen Himmel. Stirnrunzelnd beugte sich alles ein Stück weit vor. »Was meinen Landsleuten zugestoßen ist – meinen Vätern, meinen Söhnen, Müttern und Töchtern –, hat mich getötet. Der Schmerz darüber hat meinem Herz den Todesstoß versetzt.«
Sie breitete die Arme noch weiter auseinander. Ihre Stimme schwoll zornig an.
»Nur Rache kann mich wieder zum Leben erwecken! Nur der Sieg kann mir das Leben wiedergeben!«
Sie starrte in all die aufgerissenen Augen, die ihren starren Blick erwiderten. »Ich bin die Mutter Konfessor der Midlands. Ich verkörpere eure Mütter, eure Schwestern, eure ungeborenen Töchter. Ich fordere euch auf, mit mir zu sterben, und erst wieder zum Leben zu erwachen, wenn ich gerächt bin.«
Kahlan machte eine ausladende Handbewegung. »Wer sich mir in dieser Sache anschließt, ist wie ich tot. Nur durch Rache kann uns das Leben wiedergegeben werden. Solange unser Feind lebt, sind wir tot. Wir haben in diesem Kampf kein Leben zu verlieren, denn unser Leben ist bereits verloren, hier und heute, jetzt. Erst wenn jeder einzelne der Zerstörer von Ebinissia erschlagen ist, werden wir wieder leben können. Bis dahin haben wir kein Leben.«
Sie blickte in die ernsten Gesichter der vor ihr
Weitere Kostenlose Bücher