Die Schwestern des Lichts - 3
Schmerz über seine Rippen durchfuhr. Er hatte die Klinge nicht mal kommen sehen, trotzdem hatte er sich instinktiv bewegt und anstelle eines tödlichen Schnitts nur eine leichte Fleischwunde davongetragen.
Daß nun sein eigenes Blut vergossen wurde, rief die Magie des Schwertes zu seiner Verteidigung auf den Plan – der Zorn, das Können derer, die es vor ihm in den Händen gehalten hatten. Ihr Wesen brannte durch seinen Körper, er konnte es nicht mehr zurückhalten. Die Möglichkeit, sich zu entscheiden, war dahin. Es raubte ihm alle Beherrschung. Er hatte ihnen ihre Chance gegeben. Jetzt war der Punkt überschritten.
Bringer des Todes.
Die Schwertkämpfer griffen in einer tödlichen Welle an.
Er setzte die Magie frei. Das Zögern war vorbei. Die Schranken waren gefallen, jetzt tanzte er mit dem Tod.
Die Nacht explodierte in einem warmen Regen aus Blut. Er hörte sich kreischen, er spürte, daß er sich bewegte, er sah Männer und Frauen fallen, als körperlose Köpfe über den Boden rollten. Lustvolle Gier hatte von ihm Besitz ergriffen.
Keine Klinge berührte ihn mehr. Er konterte jeden Schlag, als hätte er ihn schon tausendmal gesehen, als hätte er schon immer gewußt, was zu tun war. Jeder Angriff bedeutete für den Angreifer einen schnellen und sicheren Tod. Knochensplitter und Blut schossen explosionsartig durch die Nachtluft. Hirnmasse überschwemmte den Boden. All das Grauen verschmolz zu einem einzigen, lange währenden Bild des Tötens. Bringer des Todes.
Erst als zwei auf einmal aus entgegengesetzten Richtungen kamen, merkte er, daß er sein Messer in der Linken und sein Schwert in der Rechten hielt. Er schlang den Arm um den Hals des einen auf der Linken und schlitzte ihm die Kehle auf, während er gleichzeitig dem anderen auf der Rechten das Schwert durch den Körper rannte. Beide sackten zu Boden, während Richard keuchend stehen blieb.
Stille hallte ringsum wider. Nichts rührte sich bis auf eine kniende Frau, die sich mit einer Hand aufrecht hielt. Die andere Hand fehlte. Sie kam auf die Beine und zog ein Messer aus dem Gürtel.
Trotz seines finsteren Blicks erkannte er die Entschlossenheit in ihren Augen. Mit einem Schrei rannte sie auf ihn zu. Der Zorn pochte, als er sie kommen sah. Sie hob das Messer.
Richards Schwert schnellte hoch und pfählte sie mitten durchs Herz. Das ganze Gewicht ihres Körpers zog das Schwert nach unten, während sie von der Klinge zu Boden glitt und dabei gurgelnd ihren letzten Atem aushauchte.
Bringer des Todes.
Richard richtete seinen haßerfüllten Blick hinauf zu der Frau, die auf dem Felsen stand. Du Chaillu kletterte herunter, enthüllte ihren Kopf, ließ das lange Tuch herabhängen und fiel, sich verneigend, auf ein Knie.
Richard stürmte wutentbrannt auf sie zu. Er hob Du Chaillus Kinn mit der Schwertspitze an.
Mit ihren dunklen Augen starrte sie zu ihm auf. »Der Caharin ist gekommen.«
»Wer ist der Caharin ?«
Du Chaillu sah ihm unerschrocken in die Augen. »Der, der mit den Seelen tanzt.«
»Der, der mit den Seelen tanzt«, wiederholte Richard ausdruckslos. Er hatte verstanden. Er hatte mit den Seelen derer getanzt, die das Schwert vor ihm in den Händen gehalten hatten. Er hatte den Tod auf den Plan gerufen und mit ihren Seelen getanzt. Fast hätte er laut aufgelacht.
»Ich werde dir niemals verzeihen, daß du mich gezwungen hast, diese Menschen zu töten, Du Chaillu. Ich habe dir das Leben gerettet, weil ich das Töten verabscheue, und du hast dafür gesorgt, daß das Blut von dreißig Menschen an meinen Händen klebt.«
»Es tut mir leid, Caharin , daß du diese Last auf dich nehmen mußt. Doch nur durch das Blut von dreißig Baka Ban Mana konnte das Töten beendet werden. Nur so können wir den Seelen dienen.«
»Wie kann man mit Morden den Seelen dienen?«
»Als die magischen Männer unser Land gestohlen haben, verbannten sie uns an diesen Ort. Sie haben uns die Pflicht auferlegt, dem Caharin zu zeigen, wie man mit den Seelen tanzt. Nur der Caharin kann verhindern, daß der Geist der Finsternis von der Welt der Lebenden Besitz ergreift. Der Caharin wird der Welt als Neugeborenes übergeben, das ausgebildet werden muß. Ein Teil dieser Pflicht wurde uns auferlegt – wir sollten ihm beibringen, wie man mit den Seelen tanzt. Du hast heute nacht doch etwas gelernt, oder nicht?«
Richard nickte grimmig.
»Ich bin die Hüterin der Gesetze unseres Volkes. Wir waren dazu berufen, dir dies beizubringen. Würden wir mißachten, was die
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