Die Schwestern des Lichts - 3
Abendessen teilgenommen habe, so als wäre ich bereits eine Schwester. Du warst höflich und aufmerksam zu allen, ich war so stolz, dich bei mir zu haben. Außerdem siehst du in diesen Kleidern sehr gut aus.«
»Ich bin sicher, in diesem Kleid könntest du einen wohlerzogeneren Tischnachbarn finden als mich.«
Richard öffnete den ausgefallenen Kragen seines Hemdes.
»Ich habe noch nie einen Kragen mit so vielen Rüschen getragen, oder einen weißen. Oder eine derart rote Jacke. Ich glaube, ich sehe albern aus.«
Auf Pashas Gesicht machte sich ein Grinsen breit, sie war mit sich zufrieden.
»Ich kann dir versichern, Celia und Dulcy finden dich ganz bestimmt nicht albern. Mich überrascht, daß du nicht mitbekommen hast, wie sie dich angestrahlt haben. Ich dachte fast, sie würden sich dir glatt auf den Schoß setzen.«
Richard überlegte, wenn Celia und Dulcy die rote Jacke so sehr gefiel, dann sollten sie sie haben; er behielt den Gedanken jedoch für sich.
»Wieso trägt ein wichtiger Zauberer wie Jedidiah keine elegante Kleidung?«
»Nur Zaubereranfänger tragen solche Kleidung, und nur ihnen ist es gestattet, in die Stadt zu gehen. An bestimmten Meilensteinen ihrer Entwicklung gehen sie zu einer besondern Art der Kleidung über. Je weiter fortgeschritten ein Zauberer ist, desto bescheidener wird seine Kleidung. Aus diesem Grund trägt Jedidiah ein schlichtes braunes Gewand, denn er hat das Ende seiner Ausbildung fast erreicht.«
»Worin liegt der Zweck einer solchen seltsamen Regelung?«
»Man lernt dadurch Bescheidenheit. Die mit den schönsten Kleidern, den größten Freiheiten und unbegrenzten finanziellen Mitteln sind die, welche die geringste Macht besitzen. Niemand respektiert sie wegen dieser Dinge. Es soll diesen jungen Burschen zeigen, daß Meisterschaft aus dem Innern kommt und nichts mit dem äußerlichen Schmuck zu tun hat.«
»Dann bedeutet das Tragen dieser Kleider für mich eine Degradierung. Ich trug bereits bescheidene Kleidung.«
»Du bist noch nicht berechtigt, bescheidene Kleidung zu tragen. Gelegentlich ist es dir erlaubt, deine eigene Kleidung zu tragen, wenn du das möchtest. War die Kleidung jedoch schlicht, dann ist dies nicht gestattet. Kein Zauberer, der einfache Kleidung trägt, hat die Erlaubnis, in die Stadt zu gehen.« Sie lächelte. »Eines Tages, wenn du weit genug bist, wird man dir erlauben, die Robe eines Zauberers zu tragen.«
»Ich mag keine Roben. Ich mag die Kleidung, die ich anhatte.«
»Wenn du den Halsring losgeworden bist und den Palast verläßt, kannst du tragen, was du willst. Natürlich, die meisten lernen die Kleidung ihres Berufsstandes zu schätzen und tragen sie für den Rest ihres Lebens.«
Richard wechselte das Thema. »Ich möchte Warren besuchen. Erklär mir, wie ich nach dort unten komme.«
»Jetzt? Heute abend? Es war ein langer Tag, Richard, außerdem muß ich dir heute deinen ersten Unterricht geben.«
»Erklär mir nur, wie ich dort hinunterkomme. Wird Warren so spät noch dort unten sein?«
»Ich wüßte nicht, daß man ihn je irgendwo anders gesehen hätte. Wahrscheinlich schläft er auf den Büchern. Ich war überrascht, ihn heute oben im Palast zu sehen. Allein das wird wochenlang Gerede geben.«
»Ich möchte nicht, daß er glaubt, ich hätte ihn vergessen. Erklär mir bloß, wie ich nach dort unten komme.«
»Also schön«, seufzte sie, »wenn du darauf bestehst, dann gehen wir zusammen. Ich soll dich im Palast der Propheten überallhin begleiten. Jedenfalls im Augenblick.«
54. Kapitel
Sie begannen den Abstieg in die Gewölbe des Palastes der Propheten. Die Treppenhäuser in den oberen Stockwerken waren elegant. Weiter unten waren die Treppen dann aus praktischem Stein, dessen Vorderkanten glatt und abgetreten waren. Dienstmädchen, die er in den oberen Stockwerken bemerkt hatte, waren nun nirgends mehr zu sehen.
Getäfelte Wände wichen nackten Mauern. An manchen Stellen mußte er sich unter dicken Balken hindurchducken. An den Wänden hingen keine Lampen mehr, statt dessen beleuchteten Fackeln in großen Abständen den Weg. Einige der Gänge waren naß vom Sickerwasser.
»Was befindet sich in diesen Gewölben?« wollte Richard wissen. »Die Bücher der Prophezeiungen. Außerdem Geschichtsbücher und
Aufzeichnungen des Palastes.«
»Wieso befinden sie sich hier, so weit unten?«
»Aus Sicherheitsgründen. Prophezeiungen sind für den ungeübten
Verstand gefährlich. Alle Novizinnen
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