Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwestern des Lichts - 3

Die Schwestern des Lichts - 3

Titel: Die Schwestern des Lichts - 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
Vom Netzwerk:
die Heuchelei all der anderen. Kahlan hatte ihr ganzes Leben damit zugebracht, doppelzüngigen Menschen zuzuhören, wie sie ihr habsüchtiges Wesen hinter selbstlosen und freundschaftlichen Worten zu verbergen suchten.
    Kahlan wünschte sich, daß nur ein einziges Mal einer dieser Menschen, mit denen sie lebte und zusammenarbeitete, die Ehrlichkeit besäße zuzugeben, wie sehr sie sie haßten und wie wütend sie waren, weil sie ihnen nicht gestattete, die Midlands und ihre Bevölkerung zu ihrem eigenen Wohl zu unterjochen. Nun ja, nicht alle waren so, ermahnte sie sich.
    Während sie mit halbem Ohr zuhörte, überlegte Kahlan, was diese ehrbare Gattin eines Botschafters wohl denken würde, wenn nicht die Mutter Konfessor in ihrem strahlend weißen Kleid und mit einem mächtigen Juwelenhalsband im Werte ihres halben Königreiches vor ihr stünde, sondern wenn sie statt dessen Kahlan auf einem Pferd sehen würde, nackt, mit weißer Farbe beschmiert und blutüberströmt, während sie mit einem Schwert auf die Gesichter der Männer eindrosch, die versuchten, sie umzubringen. Wahrscheinlich würde sie in Ohnmacht fallen, überlegte Kahlan.
    Als die Frau endlich Luft holte, bedankte Kahlan sich für ihre Sorge und ging weiter. Es war spät, und sie war müde. Sie hatte morgen früh ein Treffen mit dem Rat. Als sie an einem Spiegel vorüberging und sich selbst betrachtete, kam es Kahlan so vor, als hätte sie sehr lange Zeit geträumt und wäre genauso aufgewacht wie früher, als Mutter Konfessor, in ihrem weißen Konfessorenkleid, im Palast der Konfessoren in Aydindril.
    Doch sie war nicht mehr dieselbe wie bei ihrem letzten Aufenthalt. Sie fühlte sich um hundert Jahre gealtert. Sie mußte lächeln. Wenigstens war das Bad herrlich gewesen. Sie konnte sich nicht erinnern, ein Bad je als solchen Luxus empfunden zu haben. Sie hatte fast vergessen, wie es war, sich sauber zu fühlen.
    In der Nähe der Tür trat eine weitere elegant gekleidete Dame an sie heran. Ein leises Runzeln zuckte über Kahlans Stirn. Das sandfarbene Haar der Frau erschien ihr zu kurz – es paßte nicht zum Haarstil der anderen Frauen, die es bis auf die Schultern trugen. Ihr Kleid jedoch paßte. Es war ein kostbar aussehendes Abendkleid, das ihre Schultern freigab und die funkelnde Smaragdhalskette zur Geltung brachte.
    Die Frau versperrte Kahlan den Weg durch die Tür. Sie machte hastig einen Knicks. Ihre blauen Augen fuhren unruhig umher.
    »Mutter Konfessor, ich muß Euch sprechen. Es ist dringend.« »Tut mir leid, aber ich fürchte, ich kann mich nicht an Euch erinnern.« Die Frau hob kein einziges Mal den Kopf. Ständig hielt sie mit ihren
    blauen Augen Ausschau nach den anderen Leuten. »Wir sind uns noch nie begegnet. Wir haben einen gemeinsamen Freund…«
    Als sie eine ältere Frau mit säuerlicher Miene entdeckte, die in ihre Richtung blickte, drehte sie ihr den Rücken zu.
    »Mutter Konfessor, seid Ihr allein nach Aydindril gekommen, oder habt Ihr jemanden mitgebracht?«
    »Ein Freund, Chandalen, hat mich begleitet, doch er befindet sich im Wald südlich der Stadt. Warum?«
    »Das ist nicht der Name, den ich zu hören gehofft hatte.« Sie hob den Kopf und sah Kahlan in die Augen. »Ihr müßt…«
    Ihre Worte verklangen. Ihre durchdringenden blauen Augen wurden noch größer. Sie stand da, als wäre sie zu Stein erstarrt.
    »Was ist?« fragte Kahlan.
    Die Frau schien Gespenster zu sehen. »Ihr … Ihr…«
    Die Farbe war ihr erschreckend schnell aus dem Gesicht gewichen. Die Frau taumelte einen Schritt zurück. Durch die plötzliche Blässe ihrer Schultern wirkte sie im Kontrast zum dunklen Stoff ihres Kleides wie ein Geist in Abendgala. Ihr Kinn zitterte, während sie erfolglos versuchte, etwas hervorzubringen. Ihr Gesicht verzerrte sich zu einer Maske des Entsetzens.
    Ihre blauen Augen verdrehten sich nach oben. Zu spät versuchte Kahlan, sie zu halten. Die Frau sackte in sich zusammen.
    Die Leute in der Nähe schrien erschrocken auf. Kahlan beugte sich zusammen mit anderen über die Frau. Männer und Frauen umdrängten sie und murmelten etwas von zuviel Wein.
    Die sauertöpfische Frau bahnte sich mit den Ellenbogen einen Weg nach vorn. »Jebra! Dachte ich mir doch, daß das Jebra ist!«
    Kahlan sah hoch. »Ihr kennt diese Frau? Und wer seid Ihr?«
    Plötzlich wurde der Frau bewußt, mit wem sie sprach. Sofort setzte sie ein Lächeln auf und machten verlegen einen Knicks. »Ich bin Lady Ordith Condatith de Dackidvich, Mutter Konfessor.

Weitere Kostenlose Bücher