Die Schwestern des Lichts - 3
Aydindril zu gelangen. Ich half George hineinzukommen, damit er das Buch der Gezählten Schatten besorgen konnte. Es gibt dort eine Reihe sehr interessanter Bücher mit Prophezeiungen.«
Richard sah ihn erstaunt an. »Wie es aussieht, sind wir dann alte Bekannte.«
»Mehr als das, Richard Rahl.« Nathan sah ihn vielsagend an. »Mein Name ist Nathan Rahl.«
Richard fiel die Kinnlade herunter. »Du bist mein … Ur-Ur-Urirgendwas?«
»Es wären zu viele >Urs‹, als daß man sie zählen könnte. Ich bin fast eintausend Jahre alt, mein Junge.« Er drohte scherzend mit dem Finger. »Ich interessiere mich schon sehr lange für dich. In den Prophezeiungen ist von dir die Rede.
Die Abenteuer von Bonnie Day habe ich für die wenigen geschrieben, die über das Potential verfügen. In gewisser Weise ist es ein Buch der Prophezeiungen. Eine Fibel der Prophezeiungen, eine, die du in der Lage wärst zu verstehen, damit sie dir helfen kann. Das Buch hat dir doch geholfen, oder?«
»Mehr als einmal«, sagte Richard, der immer noch Mühe hatte, seinen Mund zu schließen.
»Gut. Dann bin ich zufrieden. Wir haben das Buch an ein paar ausgesuchte Jungen weitergegeben. Du bist der einzige, der noch lebt. Die übrigen sind bei ›unerklärlichen Unfällen‹ ums Leben gekommen.«
Richard aß die Birne zu Ende und dachte nach. »Und, kannst du mir nun helfen, meine Kraft zu benutzen?«
»Denk doch einmal nach, Richard. Die Schwestern haben dir mit Hilfe des Halsrings doch noch keine Schmerzen zugefügt, oder?«
»Nein. Aber das werden sie noch.«
»Den letzten Krieg kämpfen. Was hat Bonnie Day den Truppen Warwicks gesagt, die die Moore bewachten? Daß der Feind nicht angreifen werde wie zuvor. Daß sie töricht ihre Zeit vergeuden würden, wenn sie versuchten, den letzten Krieg zu kämpfen.« Nathan zog eine Braue hoch. »Offenbar hast du die Lehre nicht begriffen. Daß dir schon einmal etwas geschehen ist, bedeutet keineswegs, daß es dir wieder geschehen wird. Denk nach vorn, Richard, nicht zurück.«
Richard zögerte. »Ich … ich hatte eine Vision, in einem der Türme. Eine Vision, daß Schwester Verna mir mit dem Halsring Schmerz bereiten würde.«
»Und das rief deinen Zorn auf den Plan.«
Richard nickte. »Ich rief den Zorn herbei und tötete sie.«
Nathan schüttelte kurz enttäuscht den Kopf. »Diese Vision, das war dein Verstand, der dir etwas sagen wollte, der dir zeigen wollte, wie du dich selbst schützen kannst, wenn sie das tun – wie du sie besiegen kannst. Deine Gabe und dem Verstand haben Hand in Hand gearbeitet und versucht, dir zu helfen. Du warst zu sehr mit dem letzten Krieg beschäftig, um die Botschaft zu beachten.«
Richard schwieg verärgert. Er hatte sich so lange mit der Vorstellung herumgeschlagen, daß sie ihm weh tun könnten, bis er nichts anderes mehr gesehen hatte. Er hatte die wahre Bedeutung dessen, was Kahlan getan hatte, übersehen, weil er Angst gehabt hatte, die Vergangenheit könnte wieder aufleben. Denk an die Lösung, nicht an das Problem – das war es, was Zedd ihm beigebracht hatte. Er hatte sich von der Vergangenheit für die Zukunft blenden lassen.
»Ich verstehe, was du meinst, Nathan«, gestand er ein. »Wie war das gemeint, die Schwestern würden mir mit dem Halsring keine Schmerzen zufügen?«
»Ann weiß, daß du ein Kriegszauberer bist, das habe ich ihr bereits vor deiner Geburt gesagt. Vor fast fünfhundert Jahren. Sie hätte die Schwestern entsprechend angewiesen. Einem Kriegszauberer Schmerzen zuzufügen ist dasselbe, als wollte man den Teufel mit dem Beelzebub austreiben.«
»Du meinst, der Schmerz ist irgendwie das Geheimnis meiner Kraft?«
»Nein. Sie ist die Folge der Schmerzen. Der Zorn.« Er deutete auf Richards Hüfte. »Auf diese Weise gebrauchst du dein Schwert. Der Zorn beschwört die Magie. Genaugenommen beschwörst du die Magie, sie bringt dir den Zorn, und so funktioniert die Magie. Soll ich dir zeigen, wie man sein Han berührt?«
Richard rutschte nach vorn. »Ja. Ich hätte nicht gedacht, daß ich das sagen würde, trotzdem: ja. Ich muß in der Lage sein, von hier fortzukommen.«
»Dreh deine Handfläche nach oben. Gut.« Er schien eine Aura der Autorität um sich zusammenzuziehen. »Und nun sieh mir tief in die Augen.«
Richard starrte in die halbgeöffneten, tiefen, dunklen, himmelblauen Augen. Der Blick sog seinen auf. Richard fühlte sich, als fiele er in den klaren, blauen Himmel. Sein Atem ging stoßweise, folgte nicht mehr seinem
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