Die Schwestern des Lichts - 3
nicht noch einmal durch das Tal hindurchkommen. Jetzt, nachdem dir der Ring geholfen hat, deine subtraktive Magie anwachsen zu lassen, wird sie die Banne auf dich ziehen. Diesmal wird die Magie dich finden.«
»Vielleicht weiß ich einen Weg. Ich muß es versuchen.«
Schwester Verna dachte einen Augenblick lang nach. »Der Hüter wird dich aufhalten wollen, wenn die Möglichkeit besteht, daß diese Prophezeiung durch seinen Agenten Wirklichkeit wird. Die Schwestern der Finsternis werden alles daran setzen, dich aufzuhalten. Bestimmt war Schwester Liliana nicht die einzige.«
»Wer hat sie als meine Lehrerin eingesetzt?«
»Lehrerinnen werden vom Büro der Prälatin berufen. Aber wahrscheinlich hat die Prälatin das nicht persönlich getan. Solche Angelegenheiten werden gewöhnlich von ihren Verwalterinnen bearbeitet.«
»Ihren Verwalterinnen?«
»Den Schwestern Ulicia und Finella.«
»Ich dachte, das wären ihre Wächterinnen?«
»Wächterinnen? Nein. Die Prälatin hat mehr Macht als sie. Sie braucht keine Wächterinnen. Einige der Jungen halten sie für Wächterinnen, weil sie von den beiden Schwestern immer vor der Tür der Prälatin abgewiesen werden. Einen Teil ihrer Arbeit machen sie im Büro der Prälatin, darüber hinaus haben sie ihre eigenen Büros, wo sie eine Vielzahl administrativer Aufgaben erledigen.«
»Vielleicht waren die Schwestern der Finsternis hinter mir her und haben beschlossen, sofort zu handeln, weil man sie entdeckt hatte.«
»Nein. Die Prälatin meinte zu mir, niemand außer ihr wüßte davon.«
»Hätte jemand sie belauschen können?«
»Nein. Sie hatte den Raum abgeschirmt.«
Richard beugte sich vor. »Schwester Verna, Liliana hatte subtraktive Magie. Dagegen wäre der Schild der Prälatin machtlos gewesen. Eine der beiden Verwalterinnen hat mir Schwester Liliana zugeteilt.«
Sie atmete erschrocken ein. »Und die anderen fünf auch. Wenn eine oder sogar alle beide im Vorzimmer mitangehört haben, was die Prälatin weiß, dann hat die Prälatin … Schwester Ulicias Büro – dort habe ich die kleine Statue gesehen!«
Richard packte sie am Handgelenk und riß sie aus ihrem Stuhl.
»Kommt! Wenn sie versucht haben, mich zu töten, dann versuchen sie vielleicht auch die Prälatin umzubringen, bevor sie jemanden warnen kann!«
Die beiden rannten die Treppen hinunter und verließen das GuillaumeHaus. Sie überquerten die Rasenflächen im Dunkeln, liefen durch Korridore und Passagen. Kevin war nicht da. Ein anderer Wachmann hatte Dienst, doch der hielt sie nicht auf, da auch er Richard kannte, und Schwestern keinen Einschränkungen unterlagen.
Richard wußte, daß sie zu spät gekommen waren, als sie die rußgeschwärzte Tür zum Büro der Prälatin sahen, die aus den Angeln gebrochen war. Er kam auf dem glatten Marmorboden des Ganges rutschend zum Stehen. Papiere und Hauptbücher lagen bis hinaus auf den Gang verstreut.
Schwester Verna war ein Stück hinter ihm, als er schon das Vorzimmer mit blankgezogenem Schwert betrat. Drinnen sah es aus, als hätte sich dort ein Wirbelsturm verausgabt. Was von Schwester Finella übrig war, lag auf dem Fußboden hinter dem Schreibtisch. Der Rest war quer über die Wand gespritzt. Er hörte, wie Schwester Verna der Atem stockte, als er die Tür zum Zimmer der Prälatin eintrat.
Richard warf sich gegen die Tür, die aufschwang. Er rollte sich ab und landete, das Schwert in beiden Händen haltend, auf den Füßen. Im Zimmer der Prälatin herrschte ein noch größeres Chaos als im Vorzimmer. Papiere bedeckten fast einen Fuß hoch den größten Teil des Fußbodens. Es sah aus, als wären sämtliche Bücher in den Regalen explodiert und hätten ihre Seiten überall verstreut. Der schwere Tisch aus Walnußholz lag in Trümmern an der gegenüberliegenden Wand. Der Raum lag fast völlig im Dunkeln. Lediglich die Tür hinter ihm und die offenen Türen zum mondsbeschienenen Garten hinaus ließen Licht herein.
Schwester Verna entzündete eine helle Flamme in ihrer Hand. In der plötzlichen Helligkeit sah er hinten im Zimmer, in der Nähe des umgestürzten Tisches, eine Gestalt. Langsam hob sie ihren Kopf. Ihr Blick fand seine Augen. Es war Schwester Ulicia.
Richard warf sich auf die Seite, als ein blauer Lichtblitz durch den Raum geschossen kam und hinter ihm die Wand aufriß. Schwester Verna erwiderte den Angriff mit einem sengenden Feuerstoß aus gelben Flammen. Schwester Ulicia sprang durch die Tür in den Innenhof, um dem Feuer auszuweichen.
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