Die Schwestern des Lichts - 3
Wunde.
»Mehr habe ich nicht gesehen. Wäre es nicht so, wie ich sage, hätte er sich höher aufgerichtet, und ich hätte den Pfeil auf dieselbe Stelle abgefeuert, hätte er dich nicht berührt.«
Die Jäger begannen zu nicken und untereinander zu tuscheln. Chandalen betrachtete den Pfeilschaft, der auf seiner Schulter lag. Er sah nach hinten zum Kopf. Er dachte einen Augenblick lang nach, faltete dann seine Arme auseinander, nahm den Kopf und stopfte ihn zurück in den Sack.
»Ich bin schon einmal genäht worden. Ein paar Stiche mehr werden mir nicht schaden. Ich werde deinen Worten Glauben schenken. Diesmal.«
Richard stemmte die Fäuste in die Hüfte und sah zu, wie Chandalen mit seinen Männern abzog. »Ich bitte darum«, rief er ihnen nach.
Das übersetzte Kahlan nicht. »Wieso habt ihr den Kopf mitgebracht?«
»Frag mich nicht. Meine Idee war es nicht. Und was sie mit dem Rest gemacht haben, willst du mit Sicherheit nicht wissen.«
»Richard, ich finde, das war ein ziemlich riskanter Schuß. Wie weit warst du entfernt, als du den Pfeil abgefeuert hast?«
Die Erregtheit war aus seiner Stimme gewichen. »Er war überhaupt nicht riskant, glaub mir. Und ich war mindestens hundert Schritte weit entfernt.«
»So genau kannst du einen Pfeil auf hundert Schritte schießen?«
Er seufzte. »Ich fürchte, ich hätte es sogar aus der doppelten Entfernung schaffen können. Aus der dreifachen.« Er betrachtete das Blut an seinen Händen. »Ich muß mir das Blut abwaschen. Kahlan, in ungefähr zwei Minuten explodiert mein Schädel. Ich muß mich setzen. Könntest du bitte Nissel holen gehen? Die Brüllerei mit diesem Idioten war das einzige, was mich noch auf den Beinen gehalten hat.«
Sie legte ihm die Hand auf den Arm. »Aber sicher. Geh schon hinein. Ich werde sie holen.«
»Ich glaube, Savidlin ist auch böse auf mich. Bitte sag ihm, es tut mir leid, daß ich so viele von seinen Pfeilen ruiniert habe.«
Stirnrunzelnd verfolgte sie, wie Richard ins Haus ging und die Tür hinter sich schloß. Savidlin sah aus, als wollte er etwas zu ihr sagen. Sie faßte ihn am Arm.
»Richard braucht Nissel. Begleite mich und erzähl mir, was geschehen ist.«
Savidlin warf einen Blick über seine Schulter auf seine Haustür, während sie davoneilten. »Richard mit dem Zorn scheint seinem Namen alle Ehre zu machen.«
»Er ist durcheinander, weil er einen Menschen getötet hat. Damit lebt es sich nicht leicht.«
»Er hat dir nicht die ganze Geschichte erzählt. Das war noch nicht alles.«
»Dann erzähl du es mir.«
Er warf ihr einen ernsten Blick zu. »Wir haben geschossen, Chandalen war verärgert – wegen der Treffer, die Richard landete. Er sagte, Richard sei ein Dämon. Dann verschwand er und stellte sich abseits ins Gras. Wir anderen standen ein Stück in der anderen Richtung und sahen zu, wie Richard schoß. Was er dort tat, schien unmöglich. Er legte einen Pfeil in die Sehne. Plötzlich wirbelte er herum zu Chandalen. Bevor wir auch nur einen Schrei ausstoßen konnten, hatte Richard einen Pfeil auf Chandalen abgefeuert, der mit verschränkten Armen dastand. Er hatte keine Waffe in der Hand. Keiner von uns hatte für möglich gehalten, daß Richard so etwas tun würde.
Noch während der Pfeil durch die Luft auf Chandalen zusegelte, hatten zwei seiner Männer Pfeile eingelegt und die Bogen gespannt. Der erste von ihnen feuerte einen Zehnschrittpfeil ab, noch bevor Richards Pfeil Chandalen erreicht hatte.«
Kahlan war fassungslos. »Er hat auf Richard geschossen und nicht getroffen? Chandalens Männer verfehlen ihr Ziel nicht.«
Savidlins Stimme war leise und bebte leicht. »Er hätte ihn nicht verfehlt. Doch Richard wirbelte herum, zog den letzten Pfeil aus seinem Köcher, einen Pfeil mit Spitze, und schoß. So schnell habe ich das noch nie jemanden machen sehen.« Er zögerte, als könnte er sich nicht vorstellen, daß sie ihm glaubte. »Richards Pfeilspitze traf den anderen in der Luft und teilte ihn. Die beiden Hälften verfehlten Richard.«
Kahlan legte Savidlin die Hand auf den Arm und hielt ihn fest. »Richard hat den anderen Pfeil mitten in der Luft getroffen?«
Er nickte langsam. »Und dann schoß der andere. Richard hatte keine Pfeile mehr. Er stand da, den Bogen in der Hand, und wartete. Auch das war ein Zehnschrittpfeil. Ich konnte hören, wie er durch die Luft pfiff.«
Savidlin sah sich um, als wollte er sich vergewissern, daß niemand zuhörte. »Richard hat ihn einfach mit der Hand aus der Luft
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