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Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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Schreiber wiederum Blanck war. Mit dem sie, wenn man sich einzig auf die Auskunft einer alten Straßenhändlerin verlassen wollte, eine Liebschaft gehabt und auf eine gemeinsame Zukunft gehofft hatte. Oder auch nicht? Nach dieser dürren Quelle war zudem der Dienstherr mit im Spiel, Monsieur Pauli. Zumindest Blanck konnte nicht mehr in der Stadt gewesen sein, als Wanda Bernau ihr gewaltvolles Ende fand. Der war zu dem Zeitpunkt nicht nur längst abgereist, er musste damals schon weit im Süden, womöglich in Venedig angekommen sein. Wofür es wiederum keine Zeugen gab, jedenfalls keine, von denen sie wusste.
    Den Seidenhändler und -manufakteur Pauli konnte sie kaum danach fragen, aus welchem vermeintlichen Grund? Er würde höchstens eine argwöhnische Ehefrau in ihr vermuten, die die eilige, geradezu überstürzte Abreise ihres Ehemanns überprüfen wollte. Eher bisse sie sich die Zunge ab, als sich und Magnus einem solchen Verdacht auszusetzen.
    Weiter: Dann wurde die zweite Frau ermordet – Janne Valentin, den Namen hatte sie sich gemerkt – und wenige Stunden später der Leichnam der ersten, nun ja, vielleicht war entführt doch das richtige Wort.
    Wenn sie nun im Versuch einer Klärung, im Versuch, die Ereignisse zu ordnen und zu verstehen, zu ihrem Anfang zurückkehrte, zu dem nach Venedig gereisten (oder verschwundenen?) Blanck, war der erste Schritt einfach: Die Lösung hieß Claes Herrmanns! Er wusste um den Anlass für Magnus’ Reise und damit um den gegen den Schreiber bestehenden Verdacht (falls es nicht eine Gewissheit war). Magnus hatte erzählt, wie es zu diesem Auftrag gekommen war. Er war mit einigen anderen Herren in das Haus am Neuen Wandrahm zu einem «zwanglosen Abend» geladen, zwanglos bedeutete mit Pfeifen, starken Getränken und ernsthaften Gesprächen über Handel und Politik, ohne Damen. Leider war es Rosina bisher nicht gelungen, zu prüfen, was es mit der Ernsthaftigkeit der Gespräche tatsächlich auf sich hatte. Ihre Freundin Anne, die zweite Madam Herrmanns, hatte nach einem dieser Abende amüsiert berichtet, wenn man bedenke, dass es um Handel und hohe Politik gehe, klinge an diesen Abenden doch recht viel lautes, mit fortschreitender Dauer gar johlendes Gelächter aus dem Herrenzimmer.
    So oder so, dort war die Reise beschlossen worden. Claes Herrmanns hatte Magnus darum gebeten, es gehe ja nicht an, dass ein Mann womöglich honorige Hamburger Kaufleute betrüge und davonkomme. Nur weil es in Venedig keine hanseatische Niederlassung gebe und sich niemand finde, der rasch zur Tat schritt. Dabei hatte Rosina entgegen seinen Beteuerungen in seinen Augen nicht das geringste Bedauern entdeckt, nur die brennende Lust auf das Abenteuer. Sie spürte erstaunt, wie der bei diesem Gedanken gewöhnlich hochkochende Groll diesmal nur mehr schwach köchelte, und war es zufrieden. Schließlich wusste sie genau, dass sie an seiner Stelle ebenso entschieden hätte. Aber das nächste Mal, bei der nächsten Reise!
    Sie hatte nicht auf ihren Weg geachtet. Als sie es wieder tat, sah sie den Pranger, genau genommen seine Spitze über den Köpfen der Leute, die den Berg genannten und vielleicht wirklich am höchsten gelegenen Platz bevölkerten, als sei heute Jahrmarkt. In der innerhalb des Wallrings über die Maßen dicht bevölkerten Stadt herrschte wie so oft Gedränge, heute erschien es besonders groß. Sicher lag es an der Frühlingsluft, an den sich zwischen den Wolken hindurchstehlenden Sonnenstrahlen, an der Helligkeit des Tages, die die Seele leichter und die Gedanken zuversichtlich machte.
    Ihr Blick glitt an der Fronerei vorüber, flüchtig nur, es war kein Platz guter Erinnerungen. Bis zum vergangenen Jahr hatte auch Wagner dort seine Amtsstube gehabt, nun war die Weddemeisterei ins Rathaus umgezogen, eine besondere Ehre, das ehrwürdige alte Haus galt trotz seiner Anbauten als chronisch zu klein. Für Wagner kam dies einer Anerkennung seiner Arbeit gleich, einem Orden. Rosina hingegen argwöhnte, dass die Herren Praetoren sich auf diese Weise höchst unfein um die längst überfällige Aufbesserung seines Lohns drückten.
    Wie oft erschien ihr auch heute ein so wuseliger Platz wie eine überdimensionale Bühne, auf der ein wildes Stegreifspiel gegeben wurde: Voller verschiedenster Menschen und aller möglichen Arten von Wagen und Kutschen, dazwischen die schreienden Straßenverkäufer und stets eilig Platz fordernde Sänftenträger, hier balgte sich ein Knäuel Hunde, dort flitzte gar ein

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