Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition)

Titel: Die Schwestern vom Roten Haus: Ein historischer Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
Vom Netzwerk:
die er kriegen kann. Weiß doch jeder.»
    Mettes Stimme hatte doch zu weit getragen. Eustach sank ergeben aufstöhnend gegen die Wand, seine Schwester reckte mit Trotz im Blick die dünnen Schultern. «Was wahr ist», verkündete sie und schob das Kinn vor, «muss wahr bleiben.»
    Rosina ließ die frisch von der Alster herüberwehende Luft tief in ihre Lungen dringen, als sie aus der Kellerschänke auf die Straße trat. Ihre Zeit als Fahrende war vorbei. Gleichwohl war sie immer noch so sehr daran gewöhnt, sich überwiegend im Freien aufzuhalten, dass sie die stickige Luft solcher «Etablissements» viel weniger ertrug als diese Stadtmenschen. Es war genug für heute. Hunger, Kälte, Schmutz, keine Hoffnung, dass es je anders werde als im Tod – die beiden Alten jammerten sie. Umso mehr, als sie daran erinnerten, welchem Schicksal sie selbst entkommen war ( wahrscheinlich entkommen war – wer wusste denn, was das Leben bereithielt?). Sie machte sich auf den Heimweg, die Sehnsucht nach Paulines warmer Küche und appetitlichen Gerichten auf sauberen Tellern war groß.
    Die beiden Lindbecks hatten nicht gefragt, warum Rosina etwas über Wanda Bernau wissen wollte, zuerst hatten sie gezögert, doch als Rosina sie in die Schänke einlud und von einer Schüssel Suppe und einem Krug Bier sprach, bereitwillig erzählt, ganz so, als sei Rosina eine Freundin. Wenn man hungrig war und fror, galt eine heiße Suppe als gute Währung. Was mochte es kosten, wenn man von einer Person, die die eigenen Kreise störte, ganz befreit werden wollte? Eine sinnlose Überlegung.
    Was hatte sie nun erfahren? Ein Dienstmädchen, schon über das übliche Heiratsalter hinaus, verliebt sich in einen Mann, der für sie unerreichbar ist, jedenfalls, wenn es um den Weg zum Altar geht. Er macht ihr Avancen – oder auch nicht?
    Dann ist da noch der Herr des Hauses – auch eine dieser alltäglichen Geschichten. Und wenn die ganze Sache mit dem Schreiber, dem zweiten Mann in Kontor und Manufaktur Monsieur Paulis, nur eine Camouflage war, um eine Affäre des Hausherrn mit einer Dienstbotin zu kaschieren? Das hätte viel Mühe bedeutet, dann müsste es mehr gewesen sein als eine Affäre.
    Und wer waren diese Leute gewesen, die sich so viel Mühe gemacht hatten, um den Leichnam der ersten Toten aus dem Eimbeck’schen Haus zu holen? So, wie sie es gemacht hatten, konnte es nur eines bedeuten: Sie wollten vermeiden, dass bekannt wurde, wer den Leichnam geholt hatte, also dass sie Wanda Bernau gekannt hatten. Warum? Es gab nur eine Erklärung: Sie alle musste etwas verbinden, was zumindest für einen von ihnen bedrohlich genug war, um zu töten. Wenn es so war … Rosina blieb stirnrunzelnd stehen – zum Glück war sie nahe an den Hauswänden entlanggegangen, sonst hätte sie sich glatt von einem Fuhrwerk überrollen lassen. Wenn es so war, sah es ganz danach aus, als würde es nicht bei zwei Toten bleiben. Wenn es so war, lautete die andere Variante, den Gedanken zu beenden, tat allergrößte Eile not, den Mörder zu finden.
    Was für ein Kuddelmuddel. Da gab es zwei tote Frauen, beide ermordet. Dass beide zu den Besitzlosen zählten, ohne ganz in das Elend abgerutscht zu sein, hatte nichts zu sagen, das traf auf den überwiegenden Teil der Frauen in einer großen Stadt zu. Aber: Sie hatten einander gekannt. Und zwar gut genug, dass eine beim Anblick der gerade aus dem Eis geborgenen Leiche der anderen voller Entsetzen davonlief. Somit auch die Verbindung verheimlichen wollte?
    Dann wurde just diese Frau, wenige Tage nach der Entdeckung der ersten Toten, ermordet, ebenfalls erwürgt, wenn auch nicht auf genau dieselbe Weise.
    Alles schien irgendwie zusammenzugehören und doch nicht zu passen. Lauter Zufälle? Einen mochte es geben, sogar zwei. Aber alles hatte Grenzen, besonders das Zusammenspiel der Zufälle. An die sie überdies nicht glaubte, obwohl das Leben sie das ein oder andere Mal eines Besseren belehrt hatte.
    Wo war der Anfang? Sie konnte nur den für sie selbst gültigen finden. Der war Magnus’ Auftrag, dem Pauli’schen Schreiber nach Venedig nachzureisen, Friedrich Blanck. Leider war sie zu stolz gewesen, gründlich nach den Hintergründen zu fragen, das erwies sich nun als Versäumnis. Andererseits hätte Magnus, dieser korrekte Mensch, ihr kaum mehr erzählt, da er auch diesmal auf absolute Diskretion eingeschworen worden war. Ungemein hinderlich.
    Dann die Tote in der Alster, bis zu ihrem Ende Dienstbotin im Haus der Paulis, deren

Weitere Kostenlose Bücher