Die Schwestern von Rose Cottage: Melanie (German Edition)
führen.“
Melanie nickte nur. Das kleine Mädchen hatte sich an sie geklammert und schluchzte erneut herzzerreißend. Ich habe mein Bestes gegeben, aber mein Bestes ist offensichtlich nicht genug. Jessie brauchte ihren Vater, das war eindeutig. Melanie strich ihr beruhigend über den Rücken und murmelte tröstende Worte, bis Jessie schließlich die Augen schloss und erschöpft einschlief.
Melanie hielt das Kind in ihren Armen und wiegte es leicht, bis sie Schritte im Korridor hörte. Instinktiv wusste sie, dass es Mike war. Im nächsten Moment öffnete sich die Tür, und Mike stürzte herein. Als er sie sah, atmete er erleichtert auf.
„Ist mit ihr alles in Ordnung?“, fragte er, ging vor ihnen in die Hocke und strich Jessie eine Haarlocke aus dem verweinten Gesicht.
„Sie hat so viel geweint, dass sie vor Erschöpfung eingeschlafen ist“, erklärte Melanie, als Mrs Sinclair ebenfalls eintrat. Sie schilderte Mike kurz den Vorfall auf dem Schulhof, und er schüttelte verständnislos den Kopf.
„Ich verstehe das nicht“, meinte Mike betroffen und schaute Melanie an. „Hast du eine Ahnung, warum sie so reagiert hat?“
Melanie nickte. „Aber ich glaube, wir sollten die Kleine erst mal ins Bett bringen. Wir können später darüber reden.“
„Okay, dann lass uns fahren.“
„Warten Sie einen Moment“, warf Mrs Sinclair scharf ein. „Wie Sie wissen, ist das nicht das erste Mal, dass Jessica sich in der Schule so aufführt. Ich kann es nicht zulassen, dass sie dauernd den geregelten Schulablauf stört. Sollte es noch ein weiteres Mal zu solch einem Vorfall kommen, wird das Konsequenzen haben. Offensichtlich braucht sie mehr Aufmerksamkeit, und wir können so schwierige Kinder hier nicht auffangen.“
Mike sah sie empört an. „Sie wollen sie von der Schule verweisen? Sie ist doch erst sechs und kein rebellierender Teenager!“
„Aber sie stellt ein Problem dar, Mr Mikelewski. Ich bereite Sie ja auch nur vor, dass Sie vielleicht die Möglichkeit eines Schulwechsels in Betracht ziehen müssen.“
„Ihr ging es doch so viel besser“, erklärte er resigniert. „Ich verstehe das nicht.“
„Ich glaube, ich verstehe es“, meinte Melanie und drückte ihm die Hand. „Komm, lass uns fahren.“
Er nickte, nahm Jessie dann auf den Arm und drückte sie zärtlich an sich. „Wir treffen uns bei mir.“
Melanie nickte. „Ich fahre hinter dir her.“
Eine Viertelstunde später lag Jessie bereits in ihrem Bett und Mike und Melanie saßen am Küchentisch bei einer Tasse Tee. Nachdem Melanie ihm erzählt hatte, was auf dem Schulhof vorgefallen war, tat Kevin ihm sogar leid. Der Junge hatte sich letztendlich nur gewehrt. Beide Kinder litten unter dem Verlust eines Elternteils und hatten wohl nicht begriffen, wie sehr sie sich gegenseitig verletzt hatten.
„Kinder in diesem Alter haben noch keine Ahnung, wie mächtig Worte sein können. In ihrer Grausamkeit liegt keine böse Absicht“, sprach Melanie aus, was Mike dachte.
„Es ist alles meine Schuld“, warf sich Mike vor.
„Wie kommst du denn darauf?“
„Ich hätte Linda zwingen sollen, sich von den Drogen abzuwenden. Ich hätte irgendetwas tun müssen, damit Jessie ihre Mutter behält.“
„Und das wäre?“, fragte Melanie skeptisch. „Was hättest du denn tun können?“
Er fuhr sich nervös mit der Hand durchs Haar. „Ich habe keine Ahnung.“
„Du kannst niemandem helfen, der sich nicht helfen lassen will“, erinnerte Melanie ihn. „Offensichtlich wollte deine Frau nicht wieder in ihr normales Leben zurück.“
„Vielleicht sollte ich sie jetzt aufsuchen“, begann er verzweifelt, einen Weg zu suchen, obwohl er ahnte, dass dies nicht die richtige Lösung war. „Vielleicht würde sie jetzt auf mich hören.“
Melanie starrte ihn fassungslos an. „Ist es das, was du willst? Willst du, dass deine Frau zurückkommt?“
„Nein, natürlich nicht“, antwortete er, ohne zu zögern. „Das ist sogar das Letzte, was ich will. Aber ich will, dass Jessie ihre Mutter zurückhat. Ich möchte, dass Jessie ein glückliches, sorgenfreies Kind ist. Jedes Kind hat ein Recht darauf, auch sie.“
„Das wird sie auch sein“, versicherte Melanie. „Es braucht nur ein wenig Zeit und Geduld.“
„Du hast Mrs Sinclair doch gehört. Die Zeit läuft uns davon.“
„Rede mit der Lehrerin. Erklär ihr die Situation. Sprich auch mit Kevins Mutter. Sie ist ebenfalls alleinerziehend und wird dein Problem verstehen. Sie kann sicherlich Einfluss
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