Die Schwestern von Rose Cottage: Melanie (German Edition)
entdeckte tiefe Sehnsucht darin. Es wurde Zeit, dass er verschwand, bevor er etwas tat, was er hinterher bereuen würde. „Also gut, dann bis später“, sagte er.
Sie lächelte. „Bis später.“
„So gegen halb vier. Ist das in Ordnung?“
„Das passt prima.“
Er war plötzlich unfähig, sich zu bewegen oder auch nur den Blick von ihr zu nehmen.
„Gibt es noch etwas, was du mir sagen willst?“, fragte Melanie.
„Nein, nichts.“ Er schüttelte rasch den Kopf und wandte sich ab.
Du bist unmöglich, schalt er sich. Du wirkst ja geradezu lächerlich. Er benahm sich wie ein liebeskranker Teenager, der Angst hatte, sich seinem Traummädchen zu nähern. Bei dieser Erkenntnis musste er schmunzeln, und als er seinen Lastwagen erreicht hatte, lachte er laut. Vielleicht war es Fügung gewesen, dass Jessie unbedingt die Zöpfe geflochten haben wollte. Irgendetwas hatte sich verändert. Und er war neugierig, wie sich die Sache weiterentwickeln würde.
10. KAPITEL
M elanie war gerade von der Drogerie nach Hause gekommen und packte Nagellack, Haarbänder sowie einige andere Dinge aus, die sie für die Beauty-Session mit Jessie gekauft hatte, als das Telefon klingelte.
„Hallo?“, meldete sie sich.
„Spreche ich mit Melanie D’Angelo?“, fragte eine ihr unbekannte Stimme.
„Ja.“
„Hier spricht Adele Sinclair, die Rektorin der hiesigen Grundschule. Entschuldigen Sie bitte, wenn ich störe, aber es geht um Jessica Mikelewski.“
Melanies Herz begann, vor Schreck schneller zu schlagen. „Was ist passiert? Geht es Jessie gut? Haben Sie ihren Vater schon angerufen?“
„Sie hat einen ihrer Anfälle“, erklärte die Rektorin trocken.
„Anfälle? Was meinen Sie damit?“
„Melanie neigt zu cholerischen Temperamentsausbrüchen. Irgendetwas muss sie aufgeregt haben. Sie weint und schlägt um sich. Wir können sie einfach nicht beruhigen.“
Während Mrs Sinclair sprach, konnte Melanie das verzweifelte Schluchzen des Kindes im Hintergrund hören. Obwohl ihr Mike von dem unberechenbaren Verhalten des Mädchens erzählt hatte und sie selbst einen ihrer Ausbrüche miterlebt hatte, überraschte es sie, dass Jessie so heftig reagierte. Sie war allerdings sicher, dass Jessie einen triftigen Grund dafür hatte.
„Ich habe versucht, den Vater zu erreichen“, fuhr die Rektorin fort, „aber anscheinend hat sein Handy im Moment kein Netz, und Jessie hat sofort nach Ihnen gefragt. Sie stehen zwar nicht auf der Liste, die ihr Vater uns gegeben hat, aber da das Kind so verzweifelt nach Ihnen gefragt hat, habe ich eine Freundin angerufen, die noch die Telefonnummer vom Rose Cottage hatte. Ich hoffe, Sie haben Verständnis für meine Situation.“
„Selbstverständlich, ich bin in fünf Minuten in der Schule“, versicherte Melanie, obwohl ihr noch tausend Fragen auf der Zunge brannten. Zuerst mal musste sie zu Jessie, um sich selbst ein Bild von der Situation zu machen.
Rasch griff sie zu einem Pullover, da es draußen kühl und der Himmel bedeckt war, nahm ihre Handtasche sowie ihren Wagenschlüssel und lief hinaus.
Als Melanie fünf Minuten später das Schulhaus betrat, hörte sie Jessies Schluchzen. Sie folgte dem Geräusch und fand das Büro der Rektorin.
Kaum hatte sie die Tür geöffnet, rannte Jessie auf sie zu. Melanie kniete sich nieder, nahm das Kind in die Arme und murmelte beruhigende Worte, während sie zu der im Raum anwesenden Frau aufblickte, die Mrs Sinclair sein musste.
„Ich werde sie beide jetzt allein lassen“, sagte die Rektorin erleichtert. „In der Zwischenzeit werde ich versuchen, Mr Mikelewski ausfindig zu machen.“
Melanie nickte. „Es ist alles in Ordnung, Liebling“, tröstete sie das Mädchen. „Ich bin ja jetzt hier. Willst du mir nicht sagen, was passiert ist?“
Jessie schüttelte den Kopf.
„Warum setzen wir uns nicht da drüben auf die Bank?“
„Nein“, schluchzte Jessie. „Ich will nach Hause.“
„Schatz, ich kann dich nicht nach Hause bringen.“
„Warum nicht?“
„Weil die Schule dich nicht mit mir gehen lassen darf. Sie kennen mich doch gar nicht.“
Jessie schaute sie mit Tränen in den Augen an. „Aber ich kenne dich“, protestierte sie. „Ich habe ihnen doch gesagt, dass du meine Freundin bist.“
„Leider reicht das nicht. Wir müssen warten, bis dein Dad kommt. Aber wenn du mir sagst, was passiert ist, kann ich dir vielleicht helfen.“ Ohne zu fragen, nahm sie das Mädchen auf den Arm und setzte sich mit dem Kind auf dem Schoß
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