Die Schwesternschaft des Schwertes - 8
können später darüber reden, wenn du mit deinen Studien fertig bist«, erwiderte Margali. »Ich möchte dich nicht stören.«
Camilla riss überrascht die Augen auf und klappte das uralte Buch zu, das sie in ihren großen Händen hielt. »Aber ich bin fast fertig.
Und du bist mir wichtiger als Dinge, die ich jederzeit erledigen kann.« Sie legte das in Leder gebundene Buch auf einem Steintischchen ab. Margali betrat das Zimmer und ließ die Tür hinter sich ins Schloss fallen.
Während Camilla sie verwundert beobachtete, ging Margali im Zimmer auf und ab. Nach einigen Minuten sagte sie, wobei sie sich zwingen musste, die Worte auszusprechen, die schwer auf ihrer Seele lasteten: »Man will, dass ich zu meinen und Jaelles Töchtern gehe … Man … Ich meine Kyntha sagt … ich müsse es tun, um Jaelles Tochter beizustehen …« Margali hielt inne. Endlich sah sie Camilla an und fuhr dann mit flacher Stimme fort: »Ich kann nicht wieder in die Welt hinausgehen. Als wir nach Jaelles Tod in die Stadt kamen, hatte ich gehofft, ich könnte für immer hier bleiben.
Ich kann mich ihrem Kind nicht stellen.«
»Hat unsere Eidmutter dich darum gebeten?«, fragte Camilla.
Margali nickte.
»Was auch geschieht«, fuhr Camilla fort. »Ich werde das alles gemeinsam mit dir durchstehen. Du bist nicht allein.« Sie zog Margali aufs Bett und ihren Schoß und wiegte die Geliebte wie eine Mutter ihr Kind, das aus einem schrecklichen Traum erwacht war.
Camilla drückte Margali an sich und streichelte ihre Schultern und ihren Rücken.
»Bredhyia, die Mädchen sind Symbole jener Liebe, die Jaelle und du für einander empfunden habt, auch wenn sie von einem Domänenfürst gezeugt wurden.«
»Aber ich habe sie umgebracht!«, rief Margali wütend und schlug mit den Fäusten auf das Bett ein. »Ich habe sie auf dem Gewissen, als hätte ich höchstselbst ihr ein Messer ins Herz gestoßen!« Sie stöhnte auf und rieb ihr vor Angst feuchtes Gesicht an Camillas Schulter. »Dabei war ich ihr so nahe … Wenn sich doch nur der Boden an dem Abhang nicht gelöst hätte …«
»Wenn Banshees Augen hätten und fliegen könnten, hätten sie vielleicht die Auswahl unter den Herdentieren und bräuchten nicht die ganze Nacht hungrig im verschneiten Ödland herumzukreischen«, erwiderte Camilla ruhig. »Gnädige Avarra! Es verübelt dir doch niemand, dass du an Höhenangst leidest.«
»Aber Jaelle war mein Leben. Sie war so stark, so vielversprechend. Wenn an diesem Tag überhaupt jemand hätte sterben sollen, dann ich!«
»Es waren auch andere dabei. Keine von uns hätte sie retten können. Bei Zandrus Höllen! Nicht mal ich habe versucht, sie zu retten!« Camillas Stimme wurde gefährlich leise. »Man kann nichts anderes sagen, als dass ihre Zeit gekommen war. Vielleicht hätte die gesegnete Avarra sie auch zu sich genommen, wenn wir uns nicht in das kalte Land hinter den Domänen vorgewagt hätten.«
Margali versteifte sich. Sie hätte am liebsten bestritten, dass der Göttin der Geburt und des Todes das Recht zustand, Jaelles Leben zu verkürzen.
»Nein«, fuhr Camilla fort. »Jaelle hätte nicht gewollt, dass du dich für ihren Tod schuldig fühlst. Sie würde es nicht gern sehen, dass du ihretwegen leidest. Sie hätte gewollt, dass du zu Dorilys gehst …«
»Cleindori«, hauchte Margali. »Als Dorilys klein war, sah sie mit ihrem blonden Haar und dem blauen Kittel, den die Kinderfrau ihr immer anzog, wie eine mit blauen Glöckchen und Pollen bedeckte Kireseth -Blüte aus. Deswegen haben wir sie Cleindori genannt, das Goldglöckchen.« Sie lachte traurig. »Manche hielten es für lästerlich, ein Kind nach einem Kraut zu benennen, das man verwendet, um die Kräfte eines Laran -Begabten zu katalysieren.«
»Jaelle würde wollen, dass du zu ihr gehst. Jetzt, da sie nicht mehr ist, bist du ihre Mutter. Der Eid der Freipartner macht dich dazu.«
Camilla strich eine widerspenstige dunkle Haarsträhne aus Margalis klammer Stirn. »Und deine Tochter Shaya … Trägt sie nicht Jaelles Spitznamen? Sie hat dich seit ihrem zweiten Lebensjahr nicht mehr gesehen. Ich kann verstehen, wenn die Schwesternschaft möchte, dass du …«
Margali fuhr zurück. »Wenn das alles wäre, was sie wollen …
Wenn ich nur nach ihnen sehen und mich Jaelles Tod stellen sollte
… Aber nein, sie möchten, dass ich … Ich kann es kaum aussprechen … Sie rechnen damit, dass Cleindori die Turmregeln bricht und die Domänen vom Recht Arilinns befreit, über die
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