Die Schwesternschaft des Schwertes - 8
Gesicht, und Aleta erschlaffte. Es waren zu viele. Sie konnte nicht gegen alle kämpfen.
Jemand drückte sie nieder und zerrte an ihren Kleidern. Sie war hilflos, eine Figur, mit der man spielte. Nun war es ihr egal. Doch als sich der widerwärtig riechende Atem eines Mannes ihrem Mund näherte, rebellierte sie. Es war ihr nicht egal! Sie würde sich nicht unterwerfen. Heißer Zorn blitzte in ihr auf. Die Bewegungen wurden langsamer. Die Gesichter der Männer wurden zu verwaschenen Flecken. Nun steuerte die Ausbildung ihrer frühen Jugend Aletas Bewegungen. Sie war keine schwache, weiche Domänenfrau und auch kein Kind mit großen Augen, das sich wünschte, heldenhaft zu sein und trotzdem bei jedem Versuch versagte. Sie war Aleta. Nicht mehr und nicht weniger. Sie wollte sich nicht länger von allen Leuten herumschubsen und manipulieren lassen.
Der Angreifer schrie in plötzlichem Schmerz auf, als Aleta ein Knie in seinen Schritt rammte. Er rollte sich auf die Seite und stöhnte wie ein Säugling. Die Frau sprang wie eine vorschnellende Feder auf die Beine und rannte los. Sie lief wie der Wind; wenigstens war sie nun frei von dem Gewicht, dass sie zu Boden gedrückt hatte. Die anderen Männer waren nirgendwo zu sehen.
Wenn sie eins der Pferd fand, konnte sie fortreiten und …
Zwischen den Bäumen kam eine Gestalt auf sie zu. Bevor Aleta sich verteidigen konnte, wurde sie mit dem Gesicht nach vorn zu Boden geschlagen. Ihre Hände griffen in die Erde, und sie wand sich unter der Kraft des neuerlichen Angriffs.
Dann schwang sie wild die Beine hoch und bemühte sich verzweifelt, ihren Häscher abzuschütteln. Doch in ihren Ohren ertönte ein helles, melodiöses Lachen. »He, Aleta. Bei Zandrus Höllen! Hör auf, sonst schlägst du mich noch bewusstlos!«
»Was?« Aleta spuckte aus, setzte sich hin und wurde auf der Stelle losgelassen. »Wer bist du? Was geht hier vor?«
»Wer ich bin? Hast du mich etwa schon vergessen? Ich bin’s, Breda! Melinda!«
Aleta keuchte auf, als sie hörte, dass ihre alte Freundin sie so persönlich ansprach. »Aber wieso? Ich meine, was machst du hier?
Ich bin ausgestoßen! Niemand darf mit mir sprechen.«
»Der Befehl wurde widerrufen«, verkündete eine andere Stimme, die ihr ebenfalls sehr bekannt vorkam.
»Mutter!« Aleta rappelte sich mit einem Schrei auf. »Ich verstehe nicht. Was macht ihr hier?«
Kira schlang die Arme um die bebenden Schultern ihrer Tochter.
»Sachte, Chiya. In ein paar Minuten wirst du alles wissen. Doch sag mir: Bist du verletzt?«
»Nein, aber …«
»Pssst«, machte Kira. »Ich hab doch gesagt, dass ich es erkläre. Wir haben bereits vor einigen Tagen erfahren, dass du das Haus des Comyn-Fürsten verlassen hast. Du hattest schon eine beträchtliche Wegstrecke hinter dich gebracht, als zwei Entsagende dich entdeckten und dir folgten, damit dir nichts zustößt. Dann standen wir vor einer sehr schwierigen Entscheidung. Wir haben zwar beschlossen, dich wieder aufzunehmen, aber einer Strafe solltest du nicht entgehen. Immerhin hast du unsere Gesetze gebrochen. Glaub mir, als ich dich so einsam und verloren vor der Tür stehen sah, musste ich mich zusammenreißen, um dich nicht wie ein kleines Kind in die Arme zu nehmen.«
Aleta war sprachlos. Konnte sie den Worten ihrer Mutter trauen?
Hatte man ihr nur etwas vorgespielt, um sie zu bestrafen? Wenn es wirklich so war, hatte man ihr Leben und damit sie schon wieder manipuliert. Die Ungerechtigkeit ließ sie schlagartig zornig werden.
»Genau deswegen kehre ich nicht zu euch zurück«, schimpfte sie.
»Ihr hättet mich wählen lassen sollen, ob ich die Strafe annehme. Ich hatte das Recht dazu. Ihr habt mir die freie Wahl versagt. Ihr seid davon ausgegangen, ich würde mich widerstandslos mit euren Plänen einverstanden erklären und müsse überglücklich sein, wieder zu euch kommen zu dürfen.«
Kira schaute sie an, ohne eine Gefühlsregung zu zeigen. »Wenn du nicht wieder ins Gildenhaus kommen willst … Was hast du vor?
Willst du zu Alan zurückkehren?«
»Nein«, erwiderte Aleta und drehte das Gesicht in die finstere Nacht hinein. Sie wusste, dass dieser Teil ihres Lebens vorbei war.
»Er ist wie ihr. Ständig will er etwas aus mir machen, das ich nicht bin. Ich lasse mich nicht zwingen oder überreden, die Entscheidungen anderer gutzuheißen. Ich entscheide selbst, was für mich das Beste ist. Ich wähle die Freiheit.«
Als Aleta die beiden Frauen anschaute, erwartete sie natürlich,
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