Die Schwesternschaft des Schwertes - 8
zerzaustes Haar, erhob sich vom Bett und strich ihre Jacke glatt. »Sehe ich so schrecklich unpassend aus? Nein?« Und bevor Camilla sie aufhalten konnte, war sie schon zur Tür hinaus.
Als Margali am großen Versammlungssaal vorbeikam, der den Schwestern als Besucherraum diente und in dem sie Hausarbeiten und dergleichen verrichteten, strömte ihr der Duft nach warmem, frischem Brot aus der Gemeinschaftsküche entgegen. Sie ging hinein, um sich ein Stück abzubrechen.
Einige Minuten später bog sie um eine Ecke und trat an einen kleinen Tisch, der vor dem Beobachtungsraum stand. Darauf befand sich eine kupferne Wasserschüssel. Margali schluckte die letzten Brotkrumen herunter, wischte sich die Hände an der Jacke ab und befreite sich dann vom Schmutz der Welt und den sie beunruhigenden Gedanken. Die rituelle Waschung diente dazu, sich von den Anhängseln der Furcht, des Kummers oder des täglichen Einerleis zu befreien, bevor man den Beobachtungsraum betrat, denn es war unklug, seine Probleme mit in die Überwelt zu nehmen, in der Gedanken und Gefühle Substanz hatten. Margali hoffte, dass sie ihren Geist von der Entscheidung befreien konnte, die ihre Eidmutter Kyntha und der Kreis der Zwanzig ihr auferlegt hatten.
Wenigstens für die Dauer der Schicht. Solange sie sich in einer weltlichen Ebene aufhielt, konnte sie die kalte, an ihrem Herzen reißende Furcht verdrängen, aber in der Überwelt … Sie hatte den finsteren, düsteren, ihre Seele mit Kälte erfüllenden Ort seit Jahren gemieden. Natürlich waren ihr die Ursachen bekannt. Einst war sie ihr zu nahe gekommen. Die Finsternis hatte zu ihr hinausgegriffen und ihr Herz mit einer kalten Faust umschlossen. Der Schreck hatte sie sofort aus der Überwelt geworfen, und sie war erst Stunden später in einem schmerzgeplagten Körper aus der Besinnungslosigkeit erwacht.
Leise betrat Margali den sanft beleuchteten Beobachtungsraum.
Adela saß reglos und mit geschlossenen Augen auf den Kissen. Ihr Geist war weit fort. Taletha hockte links von dem mit einem Vorhang verhängten Eingang. Sie atmete tief und ruhig und sprach die rituellen Worte, die Adela zurückriefen. Margali ließ sich in ihrer Nähe auf dem Boden nieder. Die junge Frau würde nicht lange brauchen, um von ihrem Beobachtungsposten zurückzukehren.
Obwohl Margali bis dahin nur noch wenig Zeit verblieb, ging ihr Geist auf Wanderschaft. Sie dachte über den Beobachtungsraum nach, in dem die Weisen Schwestern die Aktivitäten der darkovanischen Bevölkerung beobachteten und die Schemata der Klugheit, der Irrtümer, des Fortschritts und des Niedergangs aufzeichneten. Die Schwestern nahmen nur selten Einfluss auf den Geist und veränderten die Vorgehensweise der Darkovaner nur nach reiflicher Überlegung, damit der Planet überleben konnte.
So hatte die Schwesternschaft auch Jaelles und Margalis Leben gerettet, als sie noch zur Gilde der Entsagenden gehört und nichts von der Schwesternschaft gewusst hatten. Vor etwa achtzehn Jahren
- Ist es wirklich schon so lange her?, dachte Margali - hatte eine schreckliche Flut sie in einer Höhle festgehalten. Jaelle war auf Grund einer Fehlgeburt todkrank gewesen. Die sich dieser Notlage bewusste Schwesternschaft hatte in Jaelle irgendetwas Besonderes gesehen. Ihr innerer Rat, der Kreis der Zwanzig, hatte prophezeit, dass eine noch nicht geborene Tochter jene Türme mit neuem Leben erfüllen konnte, in denen ständig kleiner werdende Kreise ausgebildeter Telepathen lebten. Diese Tochter war zur Bewahrerin ausersehen, zu einer besonders ausgebildeten Frau, welche die psychischen Kräfte der Turmkreise zum Preis lebenslanger Keuschheit dirigierte. Doch war sie auch vom Schicksal ausersehen, das heiligste aller Tabus zu brechen und den Türmen - sowie Darkover! - neues Leben und neue Methoden zu bringen. Diese Tochter sollte die Wissenschaft der Matrixarbeit aus den Türmen holen und in die Domänenstädte verlegen.
Als direktes Ergebnis dieses Eingriffs waren Jaelle und Margali für eine Weile nach Armida gegangen, um bei Callista und Ellemir Lanart sowie ihren Männern und Kindern zu leben. Wie sie waren die beiden Mitglieder des Verbotenen Turms geworden - dem einzigen Telepathenkreis, der außerhalb der offiziellen Türme funktionierte. Der Kreis von Armida hatte mit Methoden gearbeitet, die für die offiziellen Türme unannehmbar gewesen waren. Er hatte nur überlebt, weil er ihren Turm in einer erfolgreichen Laran -
Schlacht gegen den Turm von Arilinn
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