Die Schwesternschaft des Schwertes - 8
Janisse leise und nachdenklich.
»Ja, für Euren Bruder. Ich würde sagen, er soll von ihr ablassen und die Finsternis und die Verbitterung aus seinem Herzen verbannen. Dann kann er wieder atmen … Aber Ihr, Damisela …
Glaubt Ihr, dass es Euch hilft, wenn Ihr fortlauft?«
»Beim Herrn des Lichts, was könnte ich tun? Er ist Bewahrer, unantastbar! Ich war im Begriff, mich, ihn und uns alle zu vernichten!«
Danila schwieg einen Moment, als denke sie über Janisses Worte nach. »Wisst Ihr es genau?«, fragte sie dann.
»Was?«
»Wisst Ihr genau, dass Ihr ihn, Euch und alle anderen vernichtet hättet, wenn Ihr geblieben wärt? Glaubt Ihr nicht, dass ein Bewahrer über genug innere Stärke verfügt, um zu wissen, was für ihn, Euch und die anderen Angehörigen des Kreises richtig ist? Ihr seid einfach fortgelaufen, statt Euch zu erlauben, einen Blick in Eure Seele zu werfen und Euch zu fragen: ›Liebt er mich?‹ Und dann weiterzufragen: ›Liebe ich ihn wirklich? Oder ist es nur so, dass ich die Liebe und meine persönlichen Bedürfnisse liebe?‹«
Janisses Augen sprühten Funken. »Was wollt Ihr damit sagen?
Wie könnt Ihr annehmen, auch nur das Geringste über diese Sache zu wissen? Wie könnt Ihr es wagen?«
Sanfte Trauer zeigte sich in Danilas Blick, doch sie blinzelte sie fort. Dann zuckte sie erneut die Achseln und sagte gelassen: »Tut mir Leid, Damisela. Ich bin wohl zu weit gegangen. Es ist natürlich Eure Sache, und es ist falsch, wenn ich glaube, dass Ihr vielleicht Wert auf ein mitfühlendes Ohr oder einen Ratschlag legt. Ich bin niemand - nur Eure Führerin nach Arilinn. Ich werde nun still sein.«
Und mit einer eigenartig stolzen Demut richtete sie den Blick wieder auf den Weg.
Janisse ritt eine ganze Weile schweigend neben ihr her, dann fiel sie an die Stelle zurück, an der Bethan und ihr inzwischen zurückgekehrter Bruder nebeneinander ritten.
Erst am späten Nachmittag legten die Reisenden auf dem schmalen, von Bäumen umsäumten Pfad eine Rast ein. Arlin und die beiden Entsagenden kümmerten sich um die Pferde, sammelten Holz und zündeten vorsichtig ein kleines Feuer an, während Janisse Bethan half, das Essgeschirr auszupacken. Bald brutzelte ihre Nahrung über dem Feuer.
Erlend, der mit nur geringen Schwierigkeiten abgesessen war, stand in sicherer Entfernung von dem kleinen Lagerfeuer und musterte den sie umgebenden Wald. Erst als er ein paar hinkende Schritte machte und der speziell angefertigten Stiefel an seinem rechten Bein sichtbar wurde, bemerkte man seine Behinderung.
Danila und Ysabet pfiffen bei der Arbeit vor sich hin. Sie trugen Lederjacken, wie sonst nur Männer, und bewegten sich sicher, geschickt und ruhig, ohne dass man auch nur ein einziges Stiefelknarren auf dem von Tannennadeln bedeckten Boden hörte.
Danila hatte das seltsam intime Zwischenspiel, das knapp eine Stunde hinter ihnen lag, wohl schon vergessen. Sie sprach Janisse fröhlich an, rührte die Nahrung im Topf und bot ihr eine Schale an.
»Esst, Damisela, sonst fallt Ihr noch vom Fleisch und werdet so dünn wie dieses Nädelchen hier.« Sie zwinkerte ihr zu.
Janisse konnte einfach nicht anders: Sie musste das Lächeln der eigenartigen Albinoaugen erwidern, nahm die angebotene Portion und stellte fest, dass sie hungrig war wie ein Wolf.
Irgendwie kam das Gespräch auf das Thema zurück, über das sie schon am Nachmittag geredet hatten. »Was glaubt Ihr, Bethan, können in einem Menschen zwei Donas sein?«, fragte Janisse.
Bethan wischte sich Mund und Bart mit dem Ärmel ab und machte sich bereit, ihr seine Meinung zu diesem Thema mitzuteilen.
Er hatte interessante Argumente, das mussten alle zugeben.
»Nehmen wir mal an, ein Mensch hat sowohl das Blut der Ridenows und der Altons. Dann müsste man davon ausgehen, dass er sowohl über empathische Fähigkeiten verfügt, als auch eine geistige Verbindung erzwingen kann. Er könnte sogar eine Menge von beidem haben. Wer weiß, Damisela ? Auf jeden Fall kann ich mir vorstellen, dass es theoretisch möglich ist, dass Psi-Energie sich auf Grund einer eigenartigen genetischen Mutation verdoppelt und teilt
- obwohl ein solcher Fall noch nicht entdeckt wurde. Warum sollte es so was überhaupt geben?«
»Warum nicht?«, mischte sich Erlend mürrisch ein. »Ich kann dir einen guten Grund dafür nennen. Eine Dona ist eine geniale Sache.
Sie ist eine bestimmte Ebene der Psi-Kraft, und zwar eine hohe.
Jeder hat Psi-Energie, aber nur in den Comyn ist sie so
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