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Die Schwesternschaft des Schwertes - 8

Die Schwesternschaft des Schwertes - 8

Titel: Die Schwesternschaft des Schwertes - 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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ihrem ruhigen, sanften Blick, als wüssten sie nicht mehr, was heute zwischen ihnen vorgefallen war.
    »Endlich bist du wieder bei dir, Chiyu«, murmelte Danila mit einem eigentümlich undefinierbaren Blick, als vergesse sie sich selbst. Dann zog sie ihn fest an sich, in eine etwas grobe, fast unbehagliche Umarmung. Ihr in Leder gekleideter Körper war in dem Moment, in dem die beiden sich berührten, warm und kräftig, und er glaubte, Spuren ihrer Gedanken aufnehmen zu können, ebenso den Geruch von Rauch und Rohleder … ,
    Sie ließ ihn los und trat zurück. Ein dünnes, nun wieder neutrales, doch freudiges Lächeln spielte um ihre Mundwinkel, und ihre blassen Augen waren klar. Er musterte sie ziemlich lange, während Janisse kam, um ihn laut weinend vertraulich zu umarmen, und Bethan ihm beim Aufstehen half.
    »Ich bin nur ein verdammter, nutzloser Krüppel.« Seine ausgedörrten Lippen brachten die Worte kaum hervor. Und er schaute weiter zu, sein Geist halb benebelt, bis er gestützt von Bethan von der Feuerlinie forthinkte, während die Menschen und Danila ihre Arbeit wieder aufnahmen.
    Später am Abend, als der Brand unter Kontrolle war, saß Janisse an einem sicheren kleinen Lagerfeuer und schaute ihrem sich heiser redenden Bruder zu, der einem ziemlich betretenen Publikum, das aus ihr, Bethan und Arlin bestand, von seinen monatelang unterdrückten Gefühlen berichtete. Ein paar Schritte weiter verschlangen Danila und Ysabet Suppe und Haferbrei. Sie waren nun wieder Teil der Reisegesellschaft. Danila hatte Janisse versichert, dass die meisten Vorkommnisse vergeben und eigenartigerweise vergessen waren und dass sie und ihre Gildenschwester es erneut in Erwägung zogen, für sie tätig zu sein.
    »Ich hatte vergessen, wer ich war«, hatte Danila gesagt, als Erlend zu weit entfernt gewesen war, um sie zu hören. »Und was er, Euer Bruder, ist. Und wie belanglos und gemein es von mir war, die Worte eines kranken jungen Mannes ernst zu nehmen. Ich hätte wissen müssen, was er empfunden und welche Erfahrungen er gemacht hat.«
    »Ich weiß nicht genau, ob ich das verstehe«, sagte Janisse leise.
    Danila zuckte die Achseln. »Ach! Da gibt’s nichts zu verstehen.«
    Und sie drehte sich um und nippte an ihrem Borkentee.
    »Ihr seid …«, wagte Janisse plötzlich einen Vorstoß, »so außergewöhnlich empfindsam. Mir, Erlend und allen anderen gegenüber. Ihr hegt keinen Groll, obwohl Ihr jeden Grund dazu hättet.«

    »Ihr Comyn«, sagte Ysabet, die neben Danila saß. »Normalerweise reden wir mit Menschen eurer Art weniger offen. Aber Danila …
    gilt sogar in unseren Kreisen als außergewöhnlich. Sie weiß, was jemandem fehlt, wenn er Schmerzen empfindet. Und sie grollt nie einem Menschen. Sie kann mit Hastur persönlich reden, wenn’s sein muss, und seine Seele aufbrechen, ohne ihn zu beleidigen. Bloß …
    das eine, das Euer Bruder anfangs gesagt hat, hat wirklich unguten Einfluss auf sie ausgeübt.«
    »Was denn?«, fragte Janisse. »Wirklich, Mestra, ich verstehe es nicht.«
    »Vielleicht erzählt sie es Euch irgendwann. Sie ist …«
    »Ysabet.« Die Warnung in Danilas Stimme brachte die andere zum Schweigen. Sie wandte sich zu Janisse um und sagte einfach und der Wahrheit entsprechend: »Die Vergangenheit liegt hinter uns, Damisela. Brütet nie über sie nach. Doch eins will ich Euch sagen, wenn Ihr es unbedingt wissen wollt. Auch ich kenne den Schmerz, den Euer Bruder erfahren hat - und mit ihm die Selbsterniedrigung, das Gefühl, ein nutzloser Krüppel zu sein.«
    Während sie dies sagte, schnürte sie mit flinken Fingern den hohen Lederstiefel an ihrem rechten Bein auf. Janisse schaute ihr im Schein des flackernden Feuers zu. Unter dem Leder und einer dünnen Socke sah Janisse das Bein einen Zoll unter dem Knie in einem Stumpf enden. Der Rest bestand aus einer von Meisterhand gefertigten Holzprothese, die in etwa einem menschlichen Unterschenkel und einem Fuß nachempfunden war. Sie war alt und von der Reibung am Stiefelleder abgeschabt.
    Janisse stierte das Holz in langsam zunehmendem Schrecken an.
    Ihr war fast so, als flackerten zusammen mit der heruntergezogenen Socke alte Erinnerungen in Danilas Albinoaugen auf. Erlends Schwester konnte sie kaum erfassen und berühren, als sie an ihr vorbeihuschten.
    Die Socke und der Stiefel wurden verdeckt, dann sagte Danila mit neutraler, hölzerner Stimme: »Ich habe mein Bein bei einem Brand zusammen mit dem Leben meiner Tochter verloren, die ich … nicht

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