Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Schwingen des Todes

Die Schwingen des Todes

Titel: Die Schwingen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
Vom Netzwerk:
zurückkam, war es Viertel vor eins, aber Jonathan befand sich immer noch in einem Gespräch. Fünf Minuten später sah Decker seinen Bruder mit einer schwarz gekleideten Frau um die vierzig und einem Teenager aus dem Büro kommen. Die Frau drückte ein zusammengeknülltes Taschentuch an die Augen, und der Junge starrte mürrisch auf den Ausgang.
    Probleme, Probleme, Probleme. Jonathan begleitete sie nach draußen und ging dann wieder Richtung Büro.
    »Jon!«, rief Decker.
    Der Rabbi fuhr herum. »Akiva. Alles in Ordnung?«
    »Ja.« Decker rannte hinter ihm her. »Du warst ziemlich lange drin. Wie wär's mit einem Mittagessen?«
    »Dazu hab ich keine Zeit, aber wenn du mich brauchst, bin ich für dich da.« »Wo musst du hin?« »Nach Quinton.«
    »Wunderbar! Du fährst, und wir unterhalten uns im Auto.«
    Die Miene des Rabbi drückte Zögern aus. Decker zerstreute seine Gedanken. »Ich hab nicht vor, deine Schwiegereltern zu besuchen. Ich muss was anderes dort erledigen.«
    Jonathans Augen verrieten Neugier. »Was denn?«
    »Das erzähle ich dir später. Wie wär's, wenn ich mir schnell einen Kaffee hole und wir uns dann am Wagen treffen? Er steht ein Stück weiter.«
    »Du hast einen Parkplatz gefunden?«
    »Nach einer halben Stunde. Hol deine Sachen. Wir treffen uns in ein paar Minuten.«
    Es dauerte länger als fünfzehn Minuten, und auch als Jonathan losfuhr, kam er nicht weit. Der Verkehr war zäh wie Kleister, und der Wagen kroch nur zentimeterweise dahin.
    Jonathan blieb ruhig. »Irgendein hohes Tier muss in der Stadt sein.«
    »Ich hab was von einer Konferenz in einer Kirche gelesen -Nationalafrikanische Hilfskommission.«
    »Stimmt. Die Riverside Cathedral ist nur ein paar Blocks von der schul entfernt. Ich kenn das schon. Es wird eine Weile dauern, bis wir hier weg sind.«
    »Macht nichts.« Decker leerte seinen Kaffee, stellte den Becher in einen Tassenhalter und sah dann seinen Bruder an, der einen Anzug aus Wolle mit Weste und Schlips trug. Die Heizung lief auf vollen Touren. »Zieh doch dein Jackett aus, Jon, jetzt geht es gerade.«
    »Gute Idee.« Die Autos standen sowieso. »Du hast vom Mittagessen gesprochen. Hast du Hunger?«
    »Ich kann noch warten.«
    »Ich hab ein paar Sandwiches in meiner Aktentasche.« »In ein paar Minuten.« Stille. »Hast du mit Raisie gesprochen?«
    »Seit heute Morgen nicht mehr.« »Besser, ich frage nicht.« »Ja.«
    Decker fuhr mit der Hand über den Schnurrbart. »Das, was ich dir erzählen will, ist vertraulich. Ich muss wissen, dass alles, was ich sage, unter uns bleibt.«
    »Ich verstehe. Sprich weiter.«
    »Heute Vormittag hab ich mit ein paar Leuten geredet. Anscheinend gab es Spannungen zwischen deinen beiden Schwägern. Ich kenne die Einzelheiten nicht, aber es ging um e twas Geschäftliches. Kurz gesagt, ich glaube, Ephraim hatte Schwierigkeiten damit, gewisse Praktiken von Chaim zu akzeptieren.« Er berichtete von seinem Gespräch. »Ephraim wollte zu deinem Schwiegervater gehen, aber dann wurde er ermordet. Weißt du irgendwas darüber, das mir weiterhilft?«
    »Mit wem hast du gesprochen?« »Das möchte ich nicht sagen.« »Ist diese Person vertrauenswürdig?« »Sie hat keinen Grund zu lügen.«
    »Ich hab kein Problem mit der Vertraulichkeit, Akiva. Ich bin Rabbi, ich unterliege der Schweigepflicht. Aber das gilt in jede Richtung - ich kann nicht so offen sprechen wie du.«
    Decker dachte einen Moment nach. »Rechtsanwälte unterliegen auch der Schweigepflicht. Ich bin Anwalt, ich habe die Zulassung. Vor langer Zeit habe ich diesen Beruf sogar ausgeübt.«
    »In Kalifornien. Wir sind in New York.«
    Decker grinste. »Ein interessanter Präzedenzfall, findest du nicht?«
    Jonathan schwieg, dann zog er einen Dollar aus der Tasche. »Du bist beauftragt.«
    Decker musterte den Schein. »Und preiswert bin ich auch noch.«
    »Die Summe hat nichts mit deinen juristischen Fähigkeiten zu tun.« Jonathan sprach mit Bedacht. »Ich weiß nicht viel, aber ich erzähle dir, was ich weiß. Chaim hatte Schulden. Er hat sich sogar Geld von mir geliehen. Fünftausend Dollar.«
    »Nicht gerade ein Taschengeld.«
    »Nein. Als er mich um mehr bat, habe ich ihm noch einmal fünf- oder sechshundert Dollar gegeben. Das war alles, was ich erübrigen konnte. Und ich habe ihn gebeten, in Zukunft daran zu denken, dass seine Schwester nicht arbeitet und wir drei Kinder a uf die Privatschule schicken.« »Du hast getan, was du konntest.«
    »Das meine ich auch. Er war nicht

Weitere Kostenlose Bücher