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Die Schwingen des Todes

Die Schwingen des Todes

Titel: Die Schwingen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Faye Kellerman
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wieder auf der Schnellstraße unterwegs, verschlangen Bagel und heißen Kaffee aus Styroporbechern. Wärme auf der Haut, Wärme im Magen.
    Jonathan saß am Steuer. »Wohin?«
    Decker überlegte. »Mit dem ramponierten Wagen fahren wir besser nach Quinton. Vielleicht krieg ich was aus den FBILeuten raus.«
    »Also nicht zum Kennedy Airport?«, wollte Jonathan wissen. »Hershfield dürfte längst weg sein«, antwortete Decker. »Stimmt.« Jonathan klopfte aufs Lenkrad. »Wenn wir nach Quinton zurückfahren, sitzen wir stundenlang fest.« »Ich weiß.«
    »Außerdem hast du gesagt, dass es vielleicht Merrin gewesen sein könnte.«
    »Möglicherweise.«
    »Dann ist es dort vielleicht nicht allzu sicher.« »Jonathan, wenn Chaims Haus von FBI-Leuten wimmelt, müssen wir uns keine Sorgen machen.«
    Sein Bruder gab keine Antwort. »Woran denkst du, Jonathan? Du schaust so seltsam.«
    »Die Liebers besitzen ein Lagerhaus, ein alter, umgebauter Stall, etwa dreißig Kilometer nördlich von Quinton. Von uns aus müssten es also etwas über zwanzig Kilometer sein. Man findet es nicht, wenn man nicht schon mal da gewesen ist.«
    »Und du warst schon mal dort.«
    »Raisie und ich kriegen unsere Fernseher, Videogeräte, Computer, Fotoapparate und so weiter aus den überzähligen Beständen - den Modellen vom letzten Jahr. Manchmal ist es billiger, Sachen wegzugeben als sie zurückzuschicken. Wir sind immer abends hingefahren.«
    »Du hast einen Plan.«
    »Na ja, ich hab einen Ort. Außerdem weiß ich, wo sich die Hintertür befindet. Wenn sich niemand dort aufhält, ist sie sicher abgeschlossen und die Alarmanlage eingeschaltet, aber wenn Chaim da sein sollte, können wir über die Sprechanlage mit ihm reden.«
    »Und was sagen wir ihm?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete Jonathan. »Ihn zum Aufgeben überreden.«
    Decker lachte. »Einen Mann, der seinen Bruder und womöglich seine Tochter auf dem Gewissen hat.«
    »Unsinn.«
    »Schön, mach dir halt Illusionen. Aber eins weiß ich: Chaim hat Angst, er wird gesucht und handelt wahrscheinlich völlig irrational. Ich glaube nicht, dass er so einfach aufgibt.«
    »Vielleicht können wir ihn dann davon überzeugen, dass er bei uns besser aufgehoben ist als bei der Polizei.«
    Deckers Gedanken rasten. »Wir können zumindest hinfahren. Meinst du, der Wagen schafft das?«
    »Du bist hier der Techniker«, sagte Jonathan, »ich nur der Rabbi.«
    »Wer sagt denn, dass Rabbis keine Ahnung von Technik haben?« »Ich.«
    »Also knapp über zwanzig Kilometer. Und wenn wir nichts f inden, müssen wir es auch noch bis nach Quinton zurück schaffen. Das sind sechzig Kilometer im Regen in einem Van mit durchlöcherter Motorhaube und Ersatzreifen.«
    »Ich würde es versuchen«, meinte Jonathan.
    »Wenigstens haben wir jetzt Regenjacken..« Decker fuhr sich mit den Fingern durch das noch nasse Haar. »Also gut, versuchen wir's.«
    Sie fuhren schweigend mehrere Kilometer. »Und was machen wir, wenn er Widerstand leistet? Wenn er auf uns schießt?« »Das weißt du doch gar nicht.«
    »Ich kenne Psychopathen!« Decker griff ins Handschuhfach und nahm den Revolver heraus. »Ich hab noch eine Kugel. Wenn es heißt, er oder ich, erschieße ich ihn. Kannst du das akzeptieren?«
    »Besser, er wird von dir erschossen als von der Polizei. Dann weiß ich wenigstens, dass der Schuss gerechtfertigt war.«
    Decker spürte, wie sich sein Kiefer anspannte. »Das ist vielleicht besser für dich, Jon, aber nicht unbedingt für mich.«

34
    Alle Umstände sprachen gegen sie. Der Wagen schaffte mühsam achtzig, holperte auf einem behelfsmäßigen Satz Reifen dahin und rüttelte sie durch. Obendrein war die Straße glatt wie ein Ölteppich und die Sicht gleich null. Jonathan fasste die Situation in einem Satz zusammen: »Es war eine Schnapsidee. Ich wollte bloß vor der Polizei bei Chaim sein. Vielleicht ist dann die Chance größer, dass er nicht verletzt wird.«
    »Wenn er uns nicht zuerst verletzt.«
    »Akiva, ich hab dich ein Dutzend Mal gefragt, ob du zurückfahren willst.«
    »Ich weiß, aber ich bin mir selbst nicht sicher.«
    »Ich auch nicht.« Jonathan umfasste das Lenkrad fester. »Ich will Chaim helfen. Er ist mein Schwager. Die Familie hat Schreckliches durchgemacht. Ich auch, aber ich will nicht erschossen werden.«
    »Du bringst es auf den Punkt.« Decker zog seine Jacke enger um sich.
    »Willst du umkehren?«, fragte Jonathan. »Du entscheidest.«
    »Das nenne ich Rollentausch. Der Rabbi hat mehr Mut

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