Die Schwingen des Todes
Bedacht, damit er nicht ausrutschte. Mehrmals schlug er sich die Taschenlampe an den Kopf. Er fluchte lautstark.
Es wurde ganz dunkel. Das Licht der Taschenlampe strahlte nur ein endloses Dickicht kahler Äste an.
Es gab keine andere Orientierung als den Weg. Wenn er nicht durch den Matsch watete, würde er sich verirren. Vorsichtig hielt er sich an einem Ast fest und ließ versuchsweise den Fuß über den Boden gleiten - glatt wie ein Ölteppich. Um das Gleichgewicht zu halten, brauchte er eine große Oberfläche und Bodenhaftung.
Es ging nur auf dem Hintern, mit den Beinen voraus. Er öffnete den Schirm und setzte sich langsam darauf. Dann stieß er sich ab, wobei er den Griff als Ruder und die Beine als Bremse benutzte.
Decker war nie ein toller Schlittenfahrer gewesen, aber er besaß einen guten Gleichgewichtssinn. Er konzentrierte sich darauf, nicht vom Weg abzukommen oder sich zu verletzen.
Er brauchte etwa eine halbe Stunde, bis er die Landstraße erreichte. Der Schirm war im Eimer, aber die Taschenlampe funktionierte noch. Als er die Lichter eines entgegenkommenden Wagens sah, schwenkte er sie wie wild. Der Wagen hielt an. Es war ein Laster.
Der Fahrer, ein Mann mit einem Gartenzwergbart, kurbelte das Fenster herunter. »Springen Sie rein.«
»Danke«, sagte Decker. »Ich warte auf jemanden.«
»Hier kommen nicht viel Autos lang, Mann.« Er musterte Decker von Kopf bis Fuß. »Sind Sie ganz sicher?«
Decker grinste. »Ja. Alles klar.« Er nickte bekräftigend. Der Fahrer schüttelte den Kopf, kurbelte das Fenster hoch und fuhr weiter.
Es schien wie eine Ewigkeit, aber nach etwa zehn Minuten n äherte sich ein Wagen von der anderen Seite. Es musste Jonathan sein, weil die Lichter nur über den Asphalt krochen. Decker winkte mit dem roten Blinklicht. Der Van bremste, wendete und hielt am Straßenrand.
Decker riss die Tür auf und kletterte hinein. Die beiden Männer schauten einander an. Er lächelte. »Darf ich dich küssen?«
Jonathan starrte ihn ungläubig an.
»Hast du zufällig was zum Anziehen dabei? Oder ein Handtuch? Ein Lappen reicht auch schon.«
»Wir besorgen dir was Trockenes«, meinte Jonathan.
»Erst erzähl mir von dem Notfall. Was hast du mit >Chaim ist verschwunden< gemeint?«
Jonathan fuhr los. »Genau das.«
»Ist er abgehauen?«
»Scheint so.« Jonathan warf seinem Bruder einen Blick von der Seite zu. »Alles in Ordnung mit dir?«
»Ich bin klatschnass und mein Hintern ist etwas mitgenommen, aber sonst geht's mir gut. Erzähl mir von Chaim.«
»Als ich nach Quinton kam, war er schon weg. Anscheinend hat er gleich nach dem Schacharit gesagt, er fühle sich nicht wohl und müsse sich hinlegen. Als Minda nach ihm sehen wollte, war sein Zimmer leer.«
»Hast du eine Idee?«
Jonathan fuhr Schrittgeschwindigkeit, um nicht von der Straße abzukommen. »Ich war ungefähr zwanzig Minuten bei der schiwa, da kriegten wir einen Anruf von Leon Hershfield. Ich hab ihn angenommen.«
»Und?«
»Hershfield hatte gerade mit der Flughafenpolizei vom Kennedy Airport und dem örtlichen FBI-Büro gesprochen.«
»O Gott!«
»Du weißt, was jetzt kommt.« »Er hat versucht abzuhauen.«
»Diese Typen, von denen du mir erzählt hast. Randy hat sie auch erwähnt.«
»Weiss, Harabi und Ibn Dod. Waren sie dabei?«
»Hershfield war sparsam mit den Informationen. Er hat mir jedenfalls gesagt, sie wollten alle nach Israel fliegen. Die Flughafenkontrolle hat Harabi und Ibn Dod festgehalten, weil mit ihren Pässen was nicht stimmte oder sie zu nervös waren oder nicht chassidisch genug aussahen.«
»Sie waren als Chassidim verkleidet?«
»Scheint so.« Ein tiefer Seufzer. »Du weißt, wie scharf die Kontrollen jetzt sind, besonders bei El Al. Als die Sicherheitsleute auftauchten, sind sie in verschiedene Richtungen abgehauen.«
»Nicht sehr schlau von ihnen, gemeinsam zu reisen.«
»Last-Minute-Flüge nach Israel sind schwierig zu kriegen. El Al ist immer voll, und die anderen Linien haben ihre täglichen Israel-Flüge nach den Anschlägen reduziert.«
»Ist jemand festgenommen worden?«
»Keine Ahnung - niemand hat etwas Genaues gesagt.« Jonathan klopfte aufs Lenkrad. »Die Flughafenpolizei nicht, das FBI auch nicht. Sie sind etwa zur Zeit des Anrufs zu Mindas Haus und zur Schule gekommen. Hershfield war wohl auf dem Weg zum Flughafen, um die Sache zu klären, aber. ich hab das Gefühl, sie haben Chaim nicht festgenommen.«
»Wie kommst du darauf?« »Wegen Hershfields Fragen.« »Was
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