Die Schwingen des Todes
etwas zustößt, wissen Sie, wen Sie befragen müssen.«
»Das ist nicht komisch, Decker.«
»Ich reise morgen ab, Mick. Ich glaube nicht, dass C.D. mir nach L.A. folgen wird. Und wenn doch, kann ich nichts dagegen tun.«
»Sie klingen reichlich gelassen angesichts einer ziemlich ernsten Angelegenheit.«
»Das liegt am Jetlag. Mein Anruf hat einen Grund: Meine Verwandten möchten wissen, wann Ephraims Leiche zur Beerdigung freigegeben wird. Ich will keinen Druck machen -ich habe ihnen nur gesagt, dass ich Sie anrufe.«
»Soweit ich weiß, wird die Leiche morgen freigegeben. Sie hören von mir.« »Danke. Irgendwas Neues?«
»Ich wünschte, es wäre anders, Pete, aber es gibt nichts Neues. Übrigens, ich hab mal die Fühler nach, wie heißt er gleich. Merino., dem Polizeichef von Quinton ausgestreckt.«
»Virgil Merrin. Gute Idee. Und ist was dabei rausgekommen?«
»Bis jetzt noch nichts.«
»Warum sollte irgendetwas einfach sein?«, sagte Decker.
»Hey, wir werden den Fall lösen«, beharrte Novack. »Aber es wird kein Sonntagsspaziergang. Falls wir uns nicht mehr sehen sollten: Es war schön, Sie kennen gelernt zu haben.«
»Gleichfalls«, antwortete Decker. »Danke für alles, Micky. Vielleicht kann ich mich ja eines Tages erkenntlich zeigen. Sie haben meine Nummer. Falls Sie je nach L.A. kommen sollten, rufen Sie mich an.«
»Danke, Lieutenant, aber ich glaube, da passe ich. Ihr seid alle zu braun gebrannt und zu schlank für meinen Geschmack. Und viel zu passiv.«
»Wir nennen es >entspannt<.«
»Das ist nur eine Umschreibung für apathisch - und wenn New Yorker eines nicht sind, dann apathisch. Nicht Ihre Schuld, Decker. Es liegt an der Sonne im Westen. Sie kocht einem das Hirn weich.«
15
Sie war spät dran. Rina wusste, dass sie nicht mehr hätte einkaufen gehen sollen, aber in Brooklyn war alles so viel billiger als in L.A. Dabei hatte sie gar nichts für sich selbst gekauft - ihre Taschen waren voll mit Kleidern, Mänteln, Hüten, Schuhen und Spielkleidung für Hannah, halb so teuer wie in den großen Warenhäusern, und einige der Sachen stammten sogar aus Europa. Hannah war so ein hübsches Mädchen, und Rina mochte es, sie schön anzuziehen. Es war eine völlig neue Erfahrung, nach zwei Jungs eine Tochter zu haben. Sie sah Hannah gerne dabei zu, wie sie sich am Morgen des Schabbat vor dem Spiegel herausputzte.
Zumindest hatte Rina sich schon passend für den Abend angezogen, bevor sie in die Stadt ging. Nur ihr Makeup musste sie noch erneuern. Ihre Kleidung war bequem und sehr hübsch -ein schwarzer Pullover über einem knöchellangen schwarzen Rock, der an der Seite bis zur Mitte der Wade geschlitzt war. Darüber trug sie eine lange rote Kaschmirjacke, in der sie sich elegant und vornehm fühlte. Dazu ein Hauch Chanel No. 19 -ihres und Peters Lieblingsparfüm. Schließlich wollten sie heute Abend nach dem Essen ausgehen. Ihre Schuhe hatten keine besonders hohen Absätze, sahen aber dennoch schick aus.
Aber es waren eben keine Turnschuhe, sodass ihr jetzt nach dem langen Einkaufsbummel Füße und Beine schmerzten. Hannah hatte sie bei Sammy und Jacob gelassen. Sie waren zusammen ins Naturkundemuseum in der Stadt gefahren; Rina würde sie nachher im Steakhaus treffen.
Wo Peter sich aufhielt, wusste niemand genau.
Sie schaute auf ihre Uhr und schwor sich, dass dies das letzte Geschäft sein würde. Es wurde schon dunkel. Sie war die Nächste in der Reihe, aber die Frau vor ihr diskutierte wegen d es Preises eines herabgesetzten Artikels. Rina räusperte sich, aber die Frau ließ sich nicht beirren.
Rina ließ ihren Blick über die Menschen im Geschäft wandern, weil das besser war, als sich aufzuregen. Zuerst bemerkte sie ihn nicht.
Dann sah sie, dass er sie anschaute... ja anstarrte. Ein kalter, durchdringender Blick, der sie so irritierte, dass sie fast ihre Einkaufstüten fallen ließ.
Er war groß und muskulös, trug schwarze Jeans, einen schwarzen Rollkragenpullover unter einer braunen Cordjacke und Springerstiefel.
Wer zum Teufel...!
Und dann erkannte sie ihn plötzlich wieder. Was zum Teufel...?
Seine Größe und Kraft hätten sie einschüchtern können, doch das taten sie nicht. Sie war seit über zehn Jahren mit einem großen und starken Mann verheiratet. Hier ging es nicht um groß und stark.
Sie spürte Wut in sich aufsteigen. Wofür hielt er sich!
Sie verließ ihren Platz in der Schlange und ließ das bezaubernde marineblaue Kleid mit weißem Saum und dazu passendem
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