Die Séance
würde er ihr an den Lippen hängen. Dann hörte er auf, mit dem Schwanz zu wedeln, und fing an wie von Sinnen zu bellen und raste zur Haustür.
Als sie hinter ihm her rannte, hörte sie die Türklingel.
Sie sah hinaus und spürte bis in ihre Kehle, wie ihr Herz klopfte, dann war sie über sich selbst verärgert wegen der Freude, die sie plötzlich erfüllte.
Jed.
Sie ermahnte sich, in seinen Besuch nicht zu viel hineinzuinterpretieren. Er war Anas Cousin. Das Wahrscheinlichste war – besonders nach der letzten Nacht –, dass er sich lediglich verpflichtet fühlte, mal nach ihr zu sehen.
“Alles in Ordnung, Killer”, murmelte sie und öffnete die Tür. Der Hund stand neben ihr, wedelte mit dem Schwanz, bellte aber immer noch.
“Schsch, ganz ruhig”, sagte sie zu dem Hund. “Jed, was für eine Überraschung. Komm rein.”
Jed starrte erst den Hund an, dann sie. “Killer?”
“Kommst du nun rein oder nicht?”, wollte sie mit einem Seufzen wissen und ging in den Salon, ohne auf eine Antwort zu warten.
Er folgte, aber nicht ohne die Tür hinter sich zu schließen und zu verriegeln. Er fand Christina vor dem Klavier sitzend vor. Sie deutete auf einen der bequemen Sessel.
Sobald er sich gesetzt hatte, sprang Killer auf seinen Schoß und wollte ihm schwanzwedelnd das Gesicht ablecken.
“Killer?”, fragte Jed noch einmal.
“So hieß er schon, als ich ihn heute adoptiert habe.”
“Christina, das ist ein Jack-Russell-Terrier.”
“Weiß ich.”
“Sitz”, befahl Jed dem Hund streng. Killer gehorchte sofort, saß ganz ruhig auf seinem Schoß und blickte zu ihm auf, als wäre er der wunderbarste Mensch, der jemals auf Erden gewandelt sei.
“Er ist sehr gut erzogen”, sagte Christina.
“Ich … äh, ich will dir nichts madig machen, aber meistens fallen einem nicht gerade Jack Russells ein, wenn man über einen Wachhund nachdenkt”, meinte Jed und wirkte etwas gedankenverloren. Sein Haar war leicht zerzaust, und das wehmütige Lächeln auf seinen Lippen war furchtbar anziehend, fand sie.
“Er kann wahnsinnig laut bellen”, verteidigte Christina ihren Hund.
“Ja, er kann wahnsinnig laut bellen.” Jed räusperte sich. “Hatten sie keine deutschen Schäferhunde mehr?”
“Nein, hatten sie nicht.”
“Ich verstehe.”
“Er war nicht zweite Wahl oder so was. Sie hatten eine Menge größere Hunde. Es war bloß so, er kam angerannt und … und …”
“Und hat sich dich ausgesucht”, sagte Jed.
“Irgendwie schon”, gab Christina zu.
“Und der Gedanke dahinter ist, er wird dich warnen, wenn jemand ums Haus schleicht?”
Sie lächelte. “Warum bist du so besorgt? Du glaubst sowieso nicht, dass jemand hier gewesen sein könnte. Du meinst, ich wäre gefühlsmäßig angeschlagen.”
“Nicht angeschlagen”, widersprach Jed, “nur … verletzt”, sagte er nach einer Pause.
Er tätschelte den Hund, was die Stille zwischen ihnen irgendwie nicht ganz so unangenehm erscheinen ließ.
“Ich höre, du bist draußen in dem neuen Park gewesen”, sagte sie endlich. “Dan sagte, die zweite Frau, die ermordet worden ist, hätte zu seinen Bekannten gehört.”
“Ja”, sagte Jed, die Augen immer noch auf den Hund gerichtet.
“Bist du … mit Ermittlungen beschäftigt?”, wollte sie wissen.
“Sozusagen.”
“Aber du bist doch nicht mehr im Polizeidienst”, erinnerte sie ihn.
Er hob den Blick und sah sie an. “Eigentlich”, sagte er, “habe ich eine Klientin.”
“Eine Klientin?”, echote sie und verzog das Gesicht.
“Beau Kidd hatte eine jüngere Schwester.”
Christina wäre beinahe von der Klavierbank gefallen. “Beau Kidd hatte eine jüngere Schwester … und die hat dich engagiert?”
“Das muss man sich mal vorstellen, was?”, murmelte er.
“Aber … dein Buch hat doch wirklich dazu beigetragen …”
Sie brachte den Satz nicht zu Ende.
“Ich weiß.”
“Und wie ist seine Schwester so?”, wollte sie wissen.
“Ich hab sie noch nicht richtig kennengelernt”, sagte er.
“Hat sie … dich angerufen? Wie ist sie an deine Nummer gekommen?”
“Wir waren beide auf dem Friedhof”, sagte er, hob den Hund hoch, stand auf, setzte Killer auf den Boden. “Gratulation zu dem neuen Familienmitglied.”
Sie überhörte diese letzte Bemerkung und sagte: “Du hast Beau Kidds Schwester auf dem Friedhof getroffen – und da hat sie dich engagiert?”
“Irgendwie schon.”
“Aber …”, begann sie, und dann blieben ihr die weiteren Worte in der Kehle
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