Die Séance
der Entwicklung eines Kinderprogramms beschäftigt, angetrieben von dem Wunsch, die Vorurteile zu überwinden, mit denen er sich in diesem Geschäft dauernd auseinandersetzen musste.
In all den Parks waren Schauspieler beschäftigt, und normalerweise wurde niemand wegen seiner Hautfarbe diskriminiert oder der Nationalität, Religion oder sexuellen Ausrichtung. Aber es gab natürlich eine Hackordnung, und die richtete sich nicht nach dem Talent, sondern nach bloßem Glück: Wer war schon mal in einer Fernsehshow aufgetreten, wer in einem Werbespot, wer hatte zumindest schon eine Show in einem Themenpark hinter sich, bis ganz nach unten zu den Anfängern ohne jede Erfahrung, aber jeder Menge Motivation und oft viel mehr Talent als die Leute ganz oben.
Viel zu oft schon hatte er sich mit einer ekelhaften zehnjährigen Göre herumplagen müssen, die überzeugt war, alle Welt würde ihr etwas schulden, weil sie mit nichts als Glück eine Rolle als Märchenprinzessin ergattert hatte. Oder einem Fünfzehnjährigen, der seine eigenen Eltern springen ließ und jedem erzählte, er wäre der Größte, weil irgendein Werbefuzzi geglaubt hatte, er sähe niedlich aus, wenn er ein großes Glas Florida-Boy-Orange trinkt. Mike wollte eine Show entwickeln, die vielen Kindern mit echtem Talent die Chance gab, Erfahrungen zu sammeln. Damit sie jetzt und später die Chance bekamen, ihr Talent unter Beweis zu stellen, nicht nur auf lokaler Ebene, sondern überall, wo es Auftrittsmöglichkeiten gab.
Jetzt allerdings hatte er seinen Arbeitstag hinter sich und war froh darüber. Er fühlte sich ziemlich erschöpft und wollte plötzlich nur noch raus, in einen Pub gehen, sich ein Footballspiel ansehen.
Als er seinen Schreibtisch abschloss, zögerte er. Er wusste natürlich ganz genau, warum dieser Tag so mies gelaufen war.
Angie.
Angie, die sich immer noch McDuff nannte, weil sie meinte, das sehe auf Papier – und erst recht in den Leuchtreklamen – besser aus als Vladilovskaya.
Er spürte, wie sich seine Finger automatisch zu Fäusten ballten, und musste sich anstrengen, um die Finger locker zu halten. Angie. Die große, schlanke Angie mit den Silikonbrüsten.
Er hatte für dieses Silikon bezahlt.
Wie er auch für das Fettabsaugen am Bauch bezahlt hatte – eigentlich gar nicht notwendig, wie ihm der Chirurg versicherte. Er war verrückt vor Liebe gewesen. Er war ihr beim Casting für eine Show begegnet, und sie hatte sich auch in ihn verliebt, exakt so lange, bis sie die Rolle bekam. Und danach ein paar andere. Und die neuen Brüste, die vollen Lippen und den flachen Bauch.
Dann hatte sie angefangen, sich einen Ruf zu erarbeiten, hatte sogar eine kleine Rolle in einem Film bekommen.
Und ihn dann rausgeschmissen wie einen alten abgehalfterten Ackergaul.
Ihr Name wurde heute bei einer Besprechung erwähnt. Er bemühte sich, die Klappe zu halten. Er hatte sie nicht mies gemacht, sogar zugestimmt, dass sie für eine Rolle in einem Weihnachts-Special, das er für einen der Fernsehsender im größten Themenpark der ganzen Gegend zusammenstellen sollte, die Richtige sein könnte. Eine Rolle, die ihr in der Zukunft noch mehr und bessere – und größere – Parts einbringen würde.
Er wollte gerade aufstehen, als er an der Tür ein zögerliches Klopfen hörte. “Ja?”, schnappte er.
Zu seiner Verblüffung kam ausgerechnet sie herein. Angie McDuff. Seine Ex. Groß, schlank und nunmehr so ziemlich perfekt. Ihre Augen waren riesig und hellgrün, und ihr Haar war in einem leuchtenden Kupferrot gefärbt, obwohl sie eigentlich brünett gewesen war, als sie zusammen waren.
“Mike”, sagte sie sanft.
“Hallo, Angie. Ich wollte gerade gehen.”
“Sicher. Ich bin nur gekommen, um dir zu danken.”
“Wofür?”
“Wie ich höre, ist mein Name heute erwähnt worden, und du … hast zugegeben, dass ich für die Rolle das passende Aussehen habe, und außerdem Talent.”
“Und?”, sagte er barsch.
“Na ja …” Sie stolperte über ihre Worte. “Vielen Dank.”
Er faltete die Hände auf seinem Schreibtisch. “Es ist ein Geschäft, Angie. Nur ein Geschäft. Ich mache gutes Geld damit, die Einzelteile zusammenzufügen. Wenn du für die Rolle nicht die Richtige wärst, hätte ich das gesagt. Du schuldest mir keinen Dank.”
Sie lächelte verlegen. “Du klingst wie ein Mafioso. ‘Es ist nur ein Geschäft’“, sagte sie in einem gespielt rauen Tonfall.
Er zuckte die Achseln. Es war schwer, sie anzusehen, aber er zwang sich
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