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Die See des Schicksaals

Die See des Schicksaals

Titel: Die See des Schicksaals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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versprochen worden.«
    »Sie liebte ihn?« fragte Graf Smiorgan.
    »Sie wurde ihm als Ehefrau versprochen - aber laß mich die Geschichte zu Ende erzählen.« Elric fuhr fort: »Nun, nach einiger Zeit erfuhr Carolak, der inzwischen eine hohe Position bekleidete und nach dem König praktisch der zweite Mann in Shazar war, von ihrem Schicksal und schwor, sie zu retten. Er tauchte mit zahlreichen Kampfgefährten vor der melniboneischen Küste auf und brachte mit Zauberkräften in Erfahrung, wo Saxif D'Aans Schloß lag. Er suchte das Mädchen und fand sie in den Gemächern, d ie Saxif D'Aan ihr zur Verfügung gestellt hatte. Er sagte ihr, er sei gekommen, um sie als seine Braut mitzunehmen, um sie vor ihrem Verfolger zu retten. Seltsamerweise widersetzte sich das Mädchen seinem Wunsch, sie sagte, sie wäre zu lange in diesem melniboneischen Harem versklavt gewesen, um sich noch an das Leben einer Prinzessin am shazarischen Hof gewöhnen zu können. Carolak setzte sich spöttisch darüber hinweg und packte sie. Er schaffte die Flucht aus dem Schloß, hatte das Mädchen bereits im Sattel seines Pferdes und wollte gerade zu seinen Männern an der Küste zurückkehren, als Saxif D'Aan sie entdeckte. Soweit ich weiß, wurde Carolak getötet oder mit einem Zauberbann belegt, das Mädchen aber wurde von Saxif D'Aan, der in fürchterlicher Eifersucht überzeugt war, daß sie die Flucht mit ihrem Liebhaber geplant hatte, zum Tode auf dem Rad des Chaos verurteilt - eine Maschine, die eine gewisse Ähnlichkeit hat mit der Darstellung auf der Münze. Langsam wurden ihr sämtliche Glieder gebrochen, und Saxif D'Aan schaute zu, tagelang, wie sie eines langsamen Todes starb.
    Die Haut wurde ihr vom Leib gezogen: Saxif D'Aan ließ sich kein Detail der Bestrafung entgehen. Bald wurde klar, daß die Drogen und Zauberkräfte, die sie am Leben erhielten, keine Wirkung mehr hatten. Daraufhin ließ Saxif D'Aan sie vom Rad des Chaos nehmen und auf eine Couch legen. ›Nun‹, sagte er, ›du bist dafür bestraft worden, daß du mich verraten hast, und ich bin froh. Jetzt darfst du sterben.‹ Und er sah, daß ihre blutverkrusteten, scheußlichen Lippen sich bewegten, und bückte sich, um ihre Worte zu hören.«
    »Und was waren das für Worte? Rache? Ein Fluch?« fragte Smiorgan.
    »Ihre letzte Bewegung war der Versuch, ihn zu umarmen. Und sie sprach Worte, die sie ihm noch nie gesagt hatte, so sehr er auch darauf gehofft hatte. Sie sagte sie immer wieder, bis der letzte Atemzug über ihre Lippen kam: ›Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich liebe dich.‹ Und dann starb sie.«
    Smiorgan fuhr sich über den Bart. »Bei den Göttern! Und was dann? Was hat dein Vorfahr dann getan?«
    »Da wußte er, was Reue bedeutet.«
    »Natürlich!«
    »Für einen Melniboneer war das gar nicht selbstverständlich. Reue wird bei uns nur selten empfunden - nur wenige lernen sie kennen. Von Schuldgefühlen zerrissen, verließ Graf Saxif D'Aan Melnibone und kehrte nie zurück. Man nahm an, daß er in irgendeinem fernen Land gestorben sei, bei dem Versuch, Buße zu tun für das, was er dem einzigen Wesen angetan hatte, das er je geliebt hatte. Doch nun hat es den Anschein, als habe er das Rote Tor gesucht, vielleicht in der Annahme, daß es ein Tor zur Hölle sei.«
    »Aber warum plagt er mich!« rief das Mädchen. »Ich bin nicht sie! Ich heiße Vassliss und bin die Tochter eines Kaufmanns aus Jharkor. Als unser Schiff unterging, war ich unterwegs zu meinem Onkel in Vilmir. Einige von uns überlebten in einem offenen Boot. Neue Stürme überfielen uns.
    Ich wurde aus dem Boot geschleudert und war im Begriff zu ertrinken, als.« - sie erschauderte -»als seine Galeere mich auffischte. Damals war ich ihm dankbar.«
    »Was geschah?« Elric streifte ihr das verfilzte Haar aus dem Gesicht und bot ihr Wein an. Sie trank dankbar.
    »Er brachte mich in seinen Palast und verkündete, er würde mich heiraten, ich solle für immer seine Gattin sein und neben ihm herrschen. Aber ich hatte Angst. In ihm wütete ein großer Schmerz - und zugleich eine unbeschreibliche Grausamkeit. Ich glaubte, er würde mich verschlingen, vernichten. Kurz nach meiner Rettung stahl ich Geld und ein Boot und versuchte durch das Tor zu fliehen, von dem er mir erzählt hatte.«
    »Könntest du dieses Tor finden?« wollte Elric wissen.
    »Ich glaube. Ich verstehe mich ein wenig auf die Seefahrt - mein Vater hat es mir beigebracht.
    Aber was soll das nützen, Herr? Er würde uns ja doch wiederfinden

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