Die See des Schicksaals
zu unterscheiden.
Das Mädchen zog ein besorgtes Gesicht. Wortlos eilte sie aus der Kabine.
Elric richtete sich taumelnd auf und folgte ihr die Treppe hinauf.
Graf Smiorgan Kahlschädel stand am Ruder seines Schiffes und deutete auf den Horizont hinter dem Schiff. »Was hältst du davon, Elric?«
Elric starrte über das Meer, konnte aber nichts erkennen. Oft waren seine Augen schwach wie in diesem Augenblick. Das Mädchen aber sagte mit leiser Verzweiflung:
»Ein goldenes Segel.«
»Du erkennst es?« fragte Elric.
»O ja. Es ist die Galleone von Graf Saxif D'Aan. Er hat uns gefunden. Vielleicht wußte er, daß wir hier entlangkommen würden, und hat uns aufgelauert.«
»Wie weit ist es noch bis zum Tor?«
»Das weiß ich nicht genau.«
In diesem Augenblick war von unten ein schrecklicher Laut zu hören, als versuche jemand, die Planken des Schiffes einzuschlagen.
»Im vorderen Laderaum!« rief Smiorgan. »Kümmere dich darum, Freund Elric! Aber nimm dich in acht, Mann!«
Vorsichtig hob Elric die vordere Decksluke an und starrte in die dämmerige Weite des Laderaums. Das Stampfen und Hämmern ging weiter, und als seine Augen sich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, erkannte er die Ursache.
Dort unten stand das weiße Pferd. Bei seinem Anblick wieherte es, fast als wolle es ihn begrüßen.
»Wie ist das Tier an Bord gekommen?« fragte Elric. »Ich habe nichts davon gesehen oder gehört.«
Das Mädchen war beinahe so bleich wie Elric.
Sie sank neben der Luke auf die Knie und barg das Gesicht in den Armen.
»Er hat uns! Er hat uns!«
»Noch haben wir die Chance, das Rote Tor vor ihm zu erreichen«, sagte Elric beruhigend.
»Und sind wir erst wieder in meiner Welt, nun, dann kann ich zu unserem Schutz viel stärkere Zauberkräfte aufbieten.«
»Nein!« schluchzte sie. »Es ist zu spät. Aus welchem anderen Grunde sollte das weiße Pferd hier sein? Es weiß, daß Saxif D'Aan uns bald entern wird.«
»Dann muß er kämpfen, ehe er dich bekommt«, versprach Elric.
»Du hast seine Männer noch nicht gesehen. Alles Halsabschneider. Verzweifelt und wild wie Wölfe! Die kennen keine Gnade. Am besten lieferst du mich sofort an Saxif D'Aan aus und bringst dich in Sicherheit. Für dich gibt es nichts zu gewinnen, wenn du mich zu schützen versuchst. Aber ich möchte dich um einen Gefallen bitten.«
»Und der wäre?«
»Verschaffe mir ein kleines Messer, damit ich mich selbst töten kann, sobald ich weiß, daß ihr beide in Sicherheit seid.«
Elric lachte und zerrte sie hoch. »Von solchen melodramatischen Taten will ich nichts wissen, Mädchen. Wir kämpfen. Vielleicht können wir mit Saxif D'Aan einen Handel abschließen.«
»Was hättet ihr denn zu bieten?«
»Sehr wenig. Aber das weiß er ja nicht.«
»Offenbar kann er Gedanken lesen. Er verfügt über große Macht!«
»Ich bin Elric von Melnibone. Auch von mir wird behauptet, daß ich gewisse Zauberkünste beherrsche.«
»Aber du bist nicht so zielstrebig entschlossen wie Saxif D'Aan«, sagte sie schlicht. »Ihn beherrscht ein einziger Gedanke - das Bedürfnis, mich zu seiner Gefährtin zu machen.«
»Viele Frauen würden sich geschmeichelt fühlen, wenn ein Mann so um sie würbe; sie wären gern die Gemahlin eines melniboneischen Herrschers.« Elrics Ton war sarkastisch.
Sie ging nicht auf seinen Tonfall ein. »Deshalb fürchte ich ihn ja so sehr«, sagte sie leise. »Würde ich auch nur einen Augenblick lang in meiner Entschlossenheit wankend werden, könnte ich ihn lieben. Es wäre mein Untergang. Das muß sie auch gewußt haben!«
5
Die schimmernde Galleone - deren Segel und Bordwände vergoldet waren, so daß es aussah, als würden sie von der Sonne selbst verfolgtholte schnell auf, entsetzt beobachtet von dem Mädchen und Graf Smiorgan, während Elric sich verzweifelt und vergeblich bemühte, die befreundeten Elementargeister zurückzurufen.
Unbarmherzig glitt das goldene Schiff durch das hellblaue Licht auf sie zu. Es war von ungeheurer Größe, es wirkte kraftvoll, überlegen, der riesige Bug warf zu beiden Seiten schäumende Wogen auf.
Graf Smiorgan Kahlschädel von den Purpurnen Städten sah aus wie ein Mann, der auf seinen Tod gefaßt ist, als er die Streitaxt losband und sein Schwert in der Scheide lockerte und sich schließlich die kleine Metallkappe auf den kahlen Kopf setzte. Das Mädchen sagte keinen Ton und rührte sich nicht, doch sie weinte.
Elric schüttelte den Kopf, und sein langes weißes Haar bildete einen
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